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Die 7 Grundsätze der Achtsamkeit #4 Vertrauen

Die 7 Grundsätze der Achtsamkeit – #4 Vertrauen

 

„Vertrauen ist wie eine Oase im Herzen, die von der Karawane des Denkens nie erreicht wird.“ – Khalil Gibran

 

Vertrauen ist erlerntes Verhalten

Vertrauen ist die Überzeugung, dass man sich auf jemanden, auf sich selbst (Selbstvertrauen) oder auf etwasverlassen kann. Weiterhin ist Vertrauen das Zutrauen in eine vermutete  Zuverlässigkeit, Fähigkeit und/oder Tugendhaftigkeit. Vertrauen ist ein freiwilliger Vorschuss auf vermutete und erwartete Einstellungen und Verhaltensweisen. Wir werden in unserem Vertrauen von Erfahrungen und Werten beeinflusst. Vertrauen ist ein erlerntes Verhalten, und Vertrauen ist eine Entscheidung!

Vertrauen Baby Hand 1024x691 - Die 7 Grundsätze der Achtsamkeit - #4 VertrauenEinerseits ist das sogenannte „Urvertrauen“ eine der Säulen des Selbstwertgefühls. Wir lernen es in der frühen Kindheit in der unbedingten akzeptierenden Spiegelung unserer primären Bezugspersonen. Wir lernen, dass Menschen uns mit Wohlwollen begegnen. Und wenn wir früh gelernt hat, dass wir Erfolge aufgrund unseres Könnens wiederholen können, und dass die Mehrheit der Menschen Vertrauen belohnt, bleiben wir auch später vertrauensvoll.

Wer vertraut, geht willentlich und zuversichtlich davon aus, dass sich eine Sache so entwickelt, wie versprochen oder erhofft. Ob das dann tatsächlich eintritt, steht freilich auf einem anderen Blatt. Daraus entsteht ein inneres Wissen, eine innere Instanz mit einer eigenen individuellen Stimme. Wir sind überzeugt, keinem werbungskompatiblen Ideal oder unreflektierten Ansprüchen von außen genügen zu müssen, wir entwickeln Vertrauen in uns selbst. Dieses Selbstvertrauen ist die Grundlage für eine Änderung unseres Verhaltens. Wir müssen darauf vertrauen, dass wir die Verhaltensänderung bewältigen können, und dass uns die Verhaltensänderung Gewinn bringt. Die Einschätzung eines mit einem Verhalten verbundenen Risikos hat mit der erfolgreichen Veränderung das Geringste zu tun. Warum ist das so? Haben Sie sich schon einmal geärgert, dass sich Kinder, Partner, Freunde oder Kollegen wider besseres Wissen unvernünftig verhalten, z. B. in Bezug auf Taschengeld oder Rauchverhalten? Gewohnheiten schaffen, ebenso, wie Vertrauen, ein Gefühl für Stabilität. Sie stammen aus verinnerlichten Werten von Bezugspersonen, denen wir uns verpflichtet fühlen, und sie sind eingebunden in unsere Identität. Wenn wir unser Verhalten verändern müssen wir Verzicht leisten. Erstens, stellen wir Gewohnheiten in Frage, die einen Vorteil mit sich bringen. Wir verzichten auf diesen bekannten Vorteil zu Gunsten eines anderen, nur vorgestellten Vorteils um den Preis einer Änderungsanstrengung. Zweitens müssen wir auf den Teil unserer Identität verzichten, den die alten Gewohnheiten ausmachen. Und drittens müssen wir auf bestimmte Seiten unserer Loyalität verzichten, die mit den Werten verbunden sind, aus denen sich unserer alten Gewohnheiten herleiten. Das ist das größte Hindernis, denn Illoyalität gegenüber Eltern, Familienmitgliedern und anderen Bezugspersonen weckt die Angst, ihre Bestätigung als Quelle unseres Selbstwerts zu verlieren. Wenn uns also kein erheblicher Vorteil aus dem neuen Verhalten erwächst, ist es unwahrscheinlich, dass wir eine Änderung überhaupt in Angriff nehmen. Nichts davon hat mit „Vernunft“ zu tun, alles mit Vertrauen. Es ist also eher verwunderlich, wenn Menschen sich erfolgreich von Vernunft zu einer Verhaltensänderung bestimmen lassen. Das Vertrauen in die bekannten Verhaltensmuster wiegt emotional viel schwerer und ist oft nicht bewusst.

 

Je höher der IQ, umso mehr Vertrauen.

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Das ist das Ergebnis einer Studie der Oxford Universität. Natürlich ist damit nicht Vertrauensseligkeit gemeint. Vielmehr vermuten die Wissenschaftler, dass smarte Menschen andere besser einzuschätzen wissen und damit auch eher Mut zu Vertrauen haben. (Das hat scheinbar sogar finanzielle Auswirkungen! Schon 2009 stellten Jeffrey Butler, Paola Giuliano und Luigi Guiso von der Universität von Kalifornien in Los Angeles, die über Vertrauen forschten, fest: Wer viel vertraut, verdient bis zu 20 Prozent mehr, als Mitmenschen mit großem Misstrauen. Allerdings hat diese Korrelation ihre Grenzen. Als die Probanden Ihr Vertrauen auf einer Skala von 0 bis 10 (= Höchstwert) einschätzen sollten, fanden sich die  Bestverdiener auf Level 8. Wer darüber lag, verdiente im Schnitt 7 Prozent weniger.

 

Vertrauen heißt Zuversicht

 

Vertrauen Geometrie Mathematik 1024x574 - Die 7 Grundsätze der Achtsamkeit - #4 VertrauenVertrauen heißt Zuversicht, und die hat eine positive Wirkung, auf uns und andere. Schon 1968 ging der Rosenthal-Effekt, in die Sozialpsychologie ein. Er ist das Resultat eines Versuchsleiter-Versuchspersonen-Verhältnisses, durch das sich positive Erwartungen, Einstellungen, Überzeugungen des Versuchsleiters in Form einer „selbsterfüllenden Prophezeiung“ auf das Ergebnis eines Experiments auswirken. (Bei dem Experiment wurden Lehrern informiert, dass sie aufgrund bisheriger Leistungen im kommenden Schuljahr eine Klasse übernehmen dürften, die sich aus den intelligentesten und besten Schülern zusammensetze. Nach Ablauf des Schuljahres waren diese Klassen deutlich besser als die anderen: Noten und IQ der Schüler lag rund 20 Punkte höher als beim Durchschnitt. Nur war die Information an die Lehrer falsch: Die Klassen setzten sich gar nicht aus den Besten zusammen, sondern aus einer Zufallsauswahl. Weil aber die Schüler selbst glaubten, zu den Besten zu gehören, und auch die Lehrer ihnen mehr zutrauten, stieg die Leistungs- und Lernkurve.)

 

Vertrauen minimiert Komplexität

 

Transaktional betrachtet, senkt Vertrauen „Kontrollkosten“, mit anderen Worten: Es macht gelassen. Wir würden wohl früher oder später verrückt, wenn wir allem Neuen oder jedem fremden Menschen mit Angst, Abwehr und Misstrauen begegnen müssten. Das gilt auch im Beruf: Hier kommt hinzu, dass wir uns schlicht auf Aussagen von Kollegen, Zulieferern und Kunden verlassen müssen, weil das operative Geschäft eine totale Kontrolle gar nicht erlaubt.

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Vertrauen muss wachsen

 

So erstrebenswert Vertrauen auch ist: In seiner Absolutheit wird Vertrauen blind und läuft Gefahr enttäuscht werden. Weil Vertrauen wachsen muss, lässt es sich nicht erzwingen. Nichts schafft und erhält Vertrauen so sehr, wie Offenheit im Umgang. Das erfordert Mut. Wenn wir sagen, was wir meinen, befolgen wir einen Grundsatz Vertrauenswürdigkeit. Offenheit und Ehrlichkeit müssen aber mit Takt und Respekt Hand in Hand gehen. Sonst gewinnen wir nicht Vertrauen, sondern den Ruf eines Grobians.

Im Beruf kann man nicht immer alles sagen. Es muss eine Vertraulichkeit geben. Wir können ja ehrlich zugeben: „Darüber darf ich nicht sprechen.“ Und wenn wir selbst das nicht sagen dürfen, ist Schweigen immer noch besser als eine Lüge. Wichtig ist auch ein offener Umgang mit Fehlern: Fehler sind keine Schande, allerdings sind sie uns unangenehm oder peinlich. Aber nur wer Fehler anerkennt, kann daraus lernen.

Am Ende braucht ein bestimmtes Maß an Vertrauen Zeit. Wir vertrauen einem Taxifahrer, einem Zugführer sofort und ungeprüft, wenn wir sein Fahrzeug besteigen. Ärzte und Therapeuten sehen wir uns schon genauer an, bevor wir ihren Empfehlungen Folge leisten, obwohl sie einen gehörigen professionellen Vertrauensbonus genießen. Die Meisten werden sich deutlich mehr Zeit bei der Wahl eines Lebenspartners lassen. Vertrauen erweist sich als gerechtfertigt (oder auch nicht) in Bewährungsproben. Am Ende kann man Vertrauen gar nicht verdienen. Es wird für jeden von uns (mindestens) einen Augenblick der Schwäche im Leben geben. Und wenn Vertrauen nur diejenigen genießen sollten, die nie einen Fehler begehen, wären wir in der oben genannten Situation, allen mit Angst und Misstrauen begegnen zu müssen. Insofern ist Vertrauen ein Beweis der Stärke, der Stärke Vertrauen „schenken“ zu können.

 

Berufe-Ranking: Wem vertrauen die Leute am meisten

 

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Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK Custom Research, 20 000 Befragte in 19 Ländern) hat das mal untersucht – und in ein Berufe-Ranking gegossen: Jobs, die das höchste Ansehen beziehungsweise Vertrauen in Deutschland genießen:

      • Feuerwehrleute: 94 Prozent
      • Piloten: 93 Prozent
      • Krankenschwestern: 91 Prozent
      • Apotheker: 86 Prozent
      • Ärzte: 86 Prozent
      • Polizisten: 73 Prozent
      • Landwirte: 69 Prozent
      • Lehrer: 60 Prozent
      • Richter: 59 Prozent
      • Meteorologen: 57 Prozent
      • Priester/Pfarrer: 55 Prozent
      • Taxifahrer: 55 Prozent
      • Rechtsanwälte: 50 Prozent
      • Journalisten: 27 Prozent
      • Reiseveranstalter: 27 Prozent
      • Finanzberater: 20 Prozent
      • Fußballspieler: 17 Prozent
      • Gewerkschaftsführer: 17 Prozent
      • Autoverkäufer: 11 Prozent
      • Politiker: 6 Prozent

 

„Vertrauen ist der Wille, sich verletzlich zu zeigen.“ – M. Osterloh

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Vertrauen anderen gegenüber beginnt mit einer Entscheidung, Vertrauen zu schenken. Vertrauen uns selbst gegenüber beruht auf der Entscheidung, die lautet: „Ich vertraue mir!“ Mit dieser Entscheidung können wir uns selbst Erlaubnis geben, alle Gedanken abstreifen, die unser Selbstvertrauen stören, und wir können aus unserer Einsicht heraus frei bestimmt handeln und unser Leben gestalten mit den Bindungen und den Werten, die wir selbst wählen.

 

 

Im nächsten Blogbeitrag geht es weiter mit #5 Nicht Erzwingen.

 

 

Quelle:

Jon Kabat-Zinn: Gesund durch Meditation – Das große Buch der Selbstheilung mit MBSR.

Chögyam Trungpa: Erziehung des Herzens. Buddhistisches Geistestraining als Weg zu Liebe und Mitgefühl

Sam Harris: Waking Up: A Guide to Spirituality without Religion (2015)

 

 

 

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