young child sitting in a garden surrounded by llowerd looking skywards, Kleinkind in einem Garten, umgeben von Blumen mit dem Blick zum Himmel

Kindheitstrauma – Formen: Das sind die wichtigsten cPTBS-Symptome

Kindheitstrauma – cPTBS-Symptome

Kindheitstrauma (cPTBS) als Folge von Missbrauch und Vernachlässigung führt zu vielfältigen Störungen in unterschiedlichsten Bereichen, insbesondere in der Steuerung der Gefühle, der Selbstwahrnehmung, der Sexualität oder der Beziehungsgestaltung. Dazu kommen Veränderungen der Selbstsicht und persönlicher Wert- und Glaubensvorstellungen in Rahmen einer sogenannten Trauma-Identität.

Liste der häufigsten cPTBS-Symptome

Überlebende von Kindheitstrauma müssen nicht alle nachfolgend genannten Symptome erleben. Welche Beschwerden sich einstellen, hängt vom 4F-Typ und den erlebten Missbrauchs- und Vernachlässigungsmustern in der Kindheit ab. Typisch sind auf jeden Fall:

  • Emotionale Flashbacks, Triggerzustände
  • tyrannischer innerer und / oder äußerer Kritiker,
  • toxische Scham,
  • zerbrechliches Selbstwertgefühl,
  • Selbstverleugnung,
  • soziale Ängste,
  • furchtbare Gefühle von Einsamkeit und Verlassenheit,
  • Bindungsstörungen, Beziehungsschwierigkeiten,
  • Entwicklungsstörungen der Persönlichkeit,
  • radikale Stimmungsschwankungen
  • Dissoziation,
  • Überempfindlichkeit in Stresssituationen

Unter der Bezeichnung komplexe Belastungsstörung (cPTBS) werden also typische Symptome zusammengefasst. Dabei fühlen Überlebende von Traumatisierung entweder zu viel oder zu wenig. Trauma-Folgen lassen sich daher in eine Plus-Variante (intrusive Symptome) und eine Minus-Variante (konstriktive Symptome) unterteilen.

Plus-Symptome

Plus-Symptome drängen sich den Betroffenen auf und gehen häufig mit starker Angst und Überbelastung einher. Dabei können Gedanken oder Wahrnehmungen, denen selbst wenig Aufmerksamkeit beigemessen wird, als Trigger für die Plus-Symptome verantwortlich sein. Emotionale Trigger können zu schwer kontrollierbaren Panikreaktionen führen oder zu kaum beherrschbarer Wut – in beiden Fällen werden traumatische Erfahrungen so lebhaft erinnert, als würden sie erneut erlebt.

Typisch für die Plus-Symptome ist ihr eindringlicher, lebendiger Charakter (Hier und Jetzt) und die starken körperlichen Stressreaktionen, sodass es für Betroffene schwierig wird, die belastenden Erinnerungen von der gegenwärtigen, sicheren Lebenssituation zu unterscheiden. Erinnerungen und Plus-Symptome können derart ausgeprägt sein, dass sie ein Gefühl von Kontrollverlust und Ausgeliefertsein zur Folge haben. Für Außenstehende ist die intensive Plus-Symptomatik sehr eindrucksvoll wahrnehmbar.

Hierzu zählen Flashbacks in Form von szenischem und visuellem Wiedererleben, aber auch in Form von Geräuschen, Gerüchen oder Körpererinnerungen. Das traumatische Erlebnis drängt sich auf diese Weise in das Alltagsbewusstsein. Emotionale Flashbacks, das Hineinrutschen in traumabezogene Zustände gehören ebenso hierher. (s. u.)

Auch wiederkehrende Albträume des immer gleichen Inhalts zählen zu Plus-Symptomen.

Merkmale der Plus-Symptome:

  • Gedanken: aufdrängende Erinnerungen, zwanghafte Gedanken an Erlebtes
  • Emotionen: Angst, fehlendes Sicherheitsgefühl, Ohnmacht, Hilflosigkeit
  • Körpererleben: Körpererinnerungen, Schmerzsymptome
  • Ausdrucksverhalten: Unkontrollierbare Stressreaktionen, Wutanfälle

Minus-Symptome

Minus-Symptome beinhalten den Verlust von Funktionen und Wahrnehmungsinhalten oder eine veränderte Wahrnehmung und Reaktion. Sie fallen auf den ersten Blick kaum auf. Sie können etwa als Konzentrationsstörungen oder Erinnerungsblockaden in Erscheinung treten. Minus-Symptome können das Erleben so unreal machen, dass sich die Betroffenen gelähmt oder emotional betäubt fühlen. Besonders die Körperwahrnehmung kann entweder durch andrängende Körpersymptome definiert werden, oder durch ein Entfremdungserleben oder Empfindungen von Schwäche, so als ob alle Kraft aus dem Körper wiche, bis hin zum Verlust von Körperfunktionen und Lähmungserscheinungen. Die Betroffenen empfinden etwa extreme Müdigkeit, Erschöpfung oder Kraftlosigkeit. Daher laufen Minus-Symptome, Gefahr, unbeachtet zu bleiben. Oder sie werden als Kommunikationsverweigerung fehlgedeutet.

Merkmale der Minus-Symptome

  • Gedanken: Erinnerungslücken, Konzentrationsstörungen
  • Emotionen: Gefühllosigkeit, Lustlosigkeit, fehlende Zukunftsperspektive
  • Körpererleben: Entfremdungserleben, Unwirklichkeitsgefühl, Funktionsverlust, Verstummen
  • Ausdrucksverhalten: Lähmung, Kraftlosigkeit, extreme Müdigkeit

Die Plus-Minus-Polarität der Traumafolgen tritt in verschiedenen Bereichen des Erlebens und Handelns auf. Plus- und Minus-Symptome können außerdem gleichzeitig auftreten, oder Betroffene wechseln rasch zwischen beiden Ausprägungspolen. Besonders, wenn Plus- und Minus-Symptome und -Zustände abwechselnd auftreten, was nicht selten vorkommt, reagieren Umgebung und auch Therapeuten häufig irritiert. Warum verhält sich die oder der Betroffene so extrem unterschiedlich?

Primäre und sekundäre cPTBS-Symptome

Primäre cPTBS-Symptome

Nach dem zeitlichen Bezug zu einem Kindheitstrauma lassen sich die Beschwerden der cPTBS in zwei Grundkategorien einteilen. Zunächst gibt es sie sogenannten primären Folgen. Das sind alle Beschwerden, die sich als direkte Auswirkungen der traumatischen Erfahrungen verstehen lassen. Sie sind also direkt mit der Traumaerfahrung verbunden. Die genannten Beschwerden sind oft Plus-Symptome, die mit traumatischen Belastungen in eindeutig inhaltlichem Zusammenhang stehen. Sie können durch Konfrontation mit der traumatischen Erinnerung oder mit entsprechenden Triggern provoziert werden.

  • Flashbacks,
  • Albträume,
  • Mit den Traumaerlebnissen direkt verbundene Ängste,
  • Vermeidungsverhalten,
  • Triggerzustände mit Stressreaktionen bei bestimmten Erinnerungen und andere gehören hierher

Wenn Ängste und Vermeidung indirekt im inhaltlichen Zusammenhang mit traumatischen Erfahrungen stehen, zählen sie ebenfalls zu den primären Trauma-Folgen, ebenso wie Herzklopfen, Schweißausbrüche und Unruhezustände mit übersteigerter Reizbarkeit und Schreckhaftigkeit. Typische Beispiele hierfür sind die Angst vor Gegenständen oder Geräuschen, die an das Trauma erinnern können, oder die Vermeidung entsprechender Orte.

Sekundäre cPTBS-Symptome

Sekundäre Folgen entstehen im Versuch, die primären, mit den durch Traumaerfahrungen entstandenen Symptome zurechtzukommen. Dazu gehören:

  • Angst vor Menschen,
  • Rückzugsverhalten,
  • Misstrauen in Beziehungen,
  • Veränderungen des Selbstbildes
  • Suchtverhalten und andere.

Sekundäre Traumafolgen waren zur Bewältigung und Anpassung an die traumatische Belastung im akuten Zustand hilfreich und sinnvoll. Später entstehen aus den Wahrnehmungs-, Deutungs- und Verhaltensmustern aber negative Langzeitfolgen. Hierher gehören etwa Rückzugsverhalten und Ängste von Menschen oder vor bestimmten Situationen (zum Beispiel im Dunkeln aus dem Haus zu gehen). Vermeidung spielt dabei eine besondere Rolle: zum blockiert sie die Möglichkeit korrigierender Erfahrungen und begünstigt die Ausweitung und Verallgemeinerung von Ängsten, die immer schwieriger zu ertragen sind. Das trifft insbesondere für Misstrauen und die zunehmende Angst vor allen Menschen dazu.

Dazu können eventuell scheinbar vorher bestehende Störungen kommen. Besonders Entwicklungsdefizite in Funktionen des Ichs, etwa in der Selbst- und Gefühlsregulation, Identitätsprobleme und Beziehungsstörungen sind eigentlich von den Folgen eines Kindheitstraumas gar nicht zu unterscheiden, da sie meist Folge von Vernachlässigung in der frühesten Kindheit sind. Andererseits können aktuelle Beschwerden auch, unter Belastungen, als eine vorübergehende Schwächung von vorhandenen gesunden Ich-Funktionen auftreten, ohne dass es grundlegende Störungen der Ich-Struktur gibt.

Kindheitstrauma – cPTBS-Symptome: wichtige Bereiche

Neben den Symptomen und Traumafolgen sind für eine erfolgreiche Überwindung eines Kindheitstraumas viele Bereiche wichtig, so auch gleichzeitig bestehende psychosomatische und psychiatrische Krankheitsbilder. Unter Umständen müssen solche Erkrankungen vordringlich behandelt werden. Aufgrund ihrer Häufigkeit sind folgende Störungen besonders wichtig:

  • Angststörungen,
  • depressive Störungen,
  • Abhängigkeitserkrankungen und
  • Psychosomatische Störungen in Form von anhaltenden Schmerzstörungen.

Zu den für das persönliche Wachstum nach einem Kindheitstrauma besonders bedeutsamen Problembereichen zählen außerdem Selbstverletzung und andere selbstschädigende oder selbstgefährdende Verhaltensweisen, einschließlich von Selbstmordgedanken. Es mag widersprüchlich erscheinen, aber sie helfen – zumindest kurzfristig – bei der Selbstregulierung und Entlastung.

Ebenso wichtig sind belastende Gefühle wie Trauer, Scham, Schuldgefühle, aber auch Ärger und Wut. Für den Umgang mit ihnen ist es wichtig, ausreichende Methoden zur Selbststeuerung zur Hand zu haben. (Dasselbe gilt für die Fähigkeit, eine therapeutische Beziehung selbst dann aufrechtzuerhalten, wenn Irritationen oder andere Schwierigkeiten auftauchen.) Deshalb stellen Techniken des Umgangs mit schwierigen Emotionen wichtige Voraussetzungen für persönliches Wachstum bei cPTBS dar.

Ähnlich wichtig ist der Bereich der persönlichen Ressourcen für die individuelle Belastbarkeit. Die Fähigkeit, Probleme zu verstehen, zu deuten und zu benennen, ist ganz besonders wichtig für eine erfolgreiche Selbsthilfe.

Bereiche der cPTBS-Symptome

  • Posttraumatische Belastungsstörung / Komplexe posttraumatische Belastungsstörung
  • Dissoziative Störungen
  • Begleitende Krankheitsbilder:
    • Angststörungen
    • Depressive Störungen.
    • Psychosomatische Störungen
    • Abhängigkeitserkrankungen
  • Andere wichtige Problembereiche:
    • Selbstmordgedanken
    • Selbstverletzendes Verhalten
    • Störungen der Gefühls- und Selbstregulation
    • Fähigkeit, mit belastenden Affekten umzugehen, Kontrolle von Ärger und Wut
    • Konflikt- und Beziehungsfähigkeit
  • Persönliche Ressourcen
    • Soziale Kontakte
    • Interessen, Hobbys
    • Positive Erfahrungen im Alltag

Und das sind die wichtigsten Unterscheidungsmerkmale der cPTBS

Die komplexe PTBS ist eine schwerere Form der posttraumatischen Belastungsstörung. Sie unterscheidet sich von anderen Formen der Belastungsstörung durch fünf ihr häufigsten und
belastenden Merkmale:

  1. emotionale Flashbacks,
  2. toxische Scham,
  3. Selbstaufgabe,
  4. ein bösartiger innerer Kritiker und
  5. soziale Ängste.

Emotionale Flashbacks

Emotionale Flashbacks sind vielleicht das auffälligste und charakteristischste Merkmal der cPTBS. Überlebende von Missbrauch und Vernachlässigung sind extrem anfällig für schmerzhafte emotionale Flashbacks, die typischerweise keine visuelle Komponente haben. Sie sind plötzliche und oft langanhaltende Rückfälle in die überwältigenden Gefühlszustände eines missbrauchten, ungewollten oder verlassenen Kindes. Zu diesen Gefühlszuständen gehören überwältigende Angst, Scham, Entfremdung, Wut, Trauer, Depression und unsere 4 F.

Wenn Kinder hasserfüllt angeschrien werden, fühlt sich das möglicherweise für sie an wie ein tobender heißer Wind, der sie packt und wegreißt, oder als ob das Innere ausgeblasen würde, wie die Flamme einer Kerze. Im emotionalen Flashback taucht dann genau diese Empfindung beim Erwachsenen in Triggersituationen auf. Der Zustand ist nicht nur unerträglich, sondern auch verwirrend, bis deutlich wird, dass es ein intensiver emotionaler Flashback ist, eine Rückkehr in die zahllosen Situationen, in denen der Betroffene als Kind von der Wut der Eltern in Angst, Scham, Dissoziation und Hilflosigkeit stürzte. Deswegen weckt der emotionale Flashback intensive Reaktionen des Angriffs, der Flucht, der Erstarrung oder der Unterwerfung, zusammen mit einer Stressreaktion des sympathischen Nervensystems, des Teils des Nervensystems, der vegetativ Erregung und Aktivierung steuert. Betroffene fühlen sich extrem ängstlich, panisch. Oder es entsteht ein Gefühl der tiefen Betäubung, Lähmung und der verzweifelte Wunsch, sich zu verstecken. Gefühle, klein, nichtswürdig, zerbrechlich, machtlos und hilflos zu sein – demütigende und erdrückende toxische Scham – überlagern alle diese Empfindungen

Kindheitstrauma – cPTBS-Symptome: Was bei Ihnen diagnostiziert worden sein könnte

Eine traumatisierte Kindheit spielt bei den meisten psychischen Störungen im Erwachsenenalter eine enorme Rolle.
So erscheint die cPTBS fälschlicherweise als Angststörungen oder auch als depressive Störungen.

Ferner wird bei vielen der Betroffenen fälschlicher- und ungerechterweise eine bipolare, narzisstische, abhängige oder Borderline-Persönlichkeitstörung diagnostiziert. (Das soll nicht heißen, dass cPTBS nicht mit diesen Störungen zusammen auftreten kann.)

Erhebliche Verwirrung entsteht auch im Fall von ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) sowie der Zwangsstörung, die eigentlich genauer als fixierte Fluchtreaktionen auf Traumata beschrieben werden können (4F).

ADS (Aufmerksamkeitsdefizitstörung), Autismus-Spektrum-Störung und einige depressive und dissoziative Störungen können in ähnlicher Weise fixierte Erstarrungsreaktionen auf Traumata sein.

Außerdem werden Minus-Symptome oft auf eine Depression zurückgeführt oder als Dissoziative Störung klassifiziert.

Ebenso glaube ich, dass viele Formen der Sucht, substanzgebunden oder nicht, auch als fehlgeleitete Anpassungen an elterlichen Missbrauch und Vernachlässigung angesehen werden müssen. Es sind Verhaltensweisen, die versuchen, den früh erlebten mentalen, emotionalen und körperlichen Schmerz der cPTBS zu lindern oder davon abzulenken.

Folgen eines Kindheitstraumas sind immer normale Reaktionen auf eine zutiefst unnormale Situation – Fehlanpassungen an extremen Stress, die die Überlebenden als traumatisierte Kinder erlernen mussten. Aber auch, wenn Ähnlichkeiten oder gleichzeitiges Auftreten häufig sind, ist eine Aufdeckung der traumatischen Ursache wichtig für den Umgang mit dem, womit Betroffene tatsächlich zu kämpfen haben. Eine „Panikstörung“ braucht andere therapeutische Werkzeuge als Panik im Rahmen eines emotionalen Flashbacks. Folge solcher Fehleinschätzungen sind erfolglose Behandlungsversuche, die die zugrundeliegende Problematik verkennen und unbehandelt lassen. Betroffene fühlen sich im Stich gelassen und reagieren mit Misstrauen oder genereller Ablehnung auf Behandlungsangebote. Oder sie verzweifeln an der Vorstellung, dass sie derart gestört seien, dass niemand ihnen helfen könne.

Dabei ist klar, dass diese Anpassungsreaktionen, weil sie erlernt wurden, ebenso gut „verlernt“, oft ausgelöscht oder erheblich vermindert und durch gesunde Wahrnehmungs- und Verhaltensmuster unter Stress ersetzt werden können und sollten.

Quellen:

Sack, M. (2010). Schonende Traumatherapie: Ressourcenorientierte Behandlung von Traumafolgestörungen. Schattauer. 

Walker, P. (2013). Complex PTSD: From Surviving to Thriving: A Guide and Map for Recovering from Childhood Trauma. CreateSpace. 

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