Labubus: Trends um den Labubu-Hype und ihre Psychologie – Was steckt dahinter?
Labubus: Trends um den Labubu-Hype und ihre Psychologie – Was steckt dahinter?
Labubus
Veröffentlicht am:
22.08.2025


DESCRIPTION:
Labubu-Hype: Labubus sind der neue „heiße Sch...“ Was steckt hinter der Sammelleidenschaft? Plüsch-Monster, Marken, Symbolik, Trends, ein Hype und die Psychologie der Sammler.
Labubu-Hype: ein Hype um Marken und Plüschtiere. Die Psychologie hinter dem Hype-Faktor des neuen Trends um Labubus und ihre Symbolik.
Darf ich vorstellen? Die süßen Labubus
Manche Trends wirken auf den ersten Blick wie harmlose Spielereien – kleine Figuren, schräge Gesichter, ein Hype, der von Hongkong bis nach Berlin reicht. Doch gerade an solchen scheinbar nebensächlichen Phänomenen lässt sich ablesen, wie unsere Gesellschaft fühlt, denkt und Sehnsucht organisiert. Labubus sind aber mehr als nur ein Sammlerstück. Sie ist ein Hohlspiegel, in dem sich Kindheit, Angst und Begehren bündeln.
1. Projektion und Personalisierung
Labubus wirken nicht wie ein Objekt, sondern wie ein kleiner Gefährte. Die seltsame Mischung aus Süß und Bizarr erzeugt keine Distanz, sondern lädt dazu ein, Gefühle abzuladen: Trost, Zuneigung, manchmal auch Aggression. In einer Welt, in der viele Beziehungen digital sind, übernehmen Figuren wie Labubus die Rolle stiller Gefährten – verfügbar, kontrollierbar und niemals „schwierig“.
2. Nostalgie und das „Unheimlich-Vertraute“
Wieder einmal greift eine Marke das bekannte „Kindchenschema“ auf – große Augen, runde Formen. Doch das Labubu (heißt es das Labubu?) ist kein kleines Kuscheltier. Es bleibt ein wenig fremd, weil grotesk. Gerade dieser Bruch verstärkt die Wirkung: Er ruft Kindheitsassoziationen wach, ohne sie vollständig zu bedienen. Das erzeugt eine seltsame Mischung aus Geborgenheit und Unbehagen – und genau darin liegt der Reiz.
3. Kollektive Zugehörigkeit als Ersatzritual
Labubu-Sammler bilden eine globale Gemeinschaft, die über Instagram und Foren miteinander verknüpft ist. Wer Figuren jagt, tauscht oder präsentiert, tritt in einen modernen Initiationsritus ein: Teilhabe wird nicht durch Herkunft oder Werte bestimmt, sondern durch den Besitz kleiner, limitierter Objekte. Ein Miniatur-Stammesritual in einer Welt, die große, verbindende Narrative verloren hat.
4. Verknappung, Adrenalin, Dopamin und die Logik des Glücksspiels
Die Mechanik hinter dem Trend erinnert an Glücksspielautomaten: limitierte Auflagen, „Blind Boxes“ mit ungewissem Inhalt, die Aussicht auf ein seltenes Stück, und der Suchtfaktor, wenn Adrenalin und Dopamin zeitgleich ausgeschüttet werden. Jeder Kauf wird zum Kick – nicht wegen der Figur an sich, sondern wegen des Jagdmoments. Das Gehirn reagiert darauf wie bei einer Belohnungslotterie. Wer Labubus jagt, jagt in Wahrheit das Dopamin und badet im Adrenalin des Jagdfiebers.
5. Eskapismus im Miniaturformat
Inmitten von Klimaangst, Krieg und politischer Dauerkrise gewinnen schrullige Maskottchen an Macht. Das Labubu ist kein Held, kein Ratgeber, kein Vorbild. Es ist klein, harmlos, irgendwie süß, aber eigentlich auch etwas hässlich und blöd – und gerade darin tröstlich und deswegen so „niedlich“. Es erlaubt, sich überlegen zu fühlen und für einen Moment den Ernst der Welt zu unterlaufen. Nicht durch Verdrängung, sondern durch eine Art absurden Spott über die Größe der Probleme: Wenn schon alles bedrohlich und unentrinnbar ist, dann bleibt eben das Lachen mit einem Monster im Taschenformat.
6. Das Paradox der Individualität
Jede Figur gilt als „unique collectible“ – vollkommen abstrus, denn Millionen Menschen sammeln genau diese Stücke von „Einzigartigkeit“. Es ist das absurde Paradox spätmoderner Kultur: individuell sein wollen – durch standardisierte Massenware. Der Labubu-Hype zeigt, wie sehr wir nach Besonderheit hungern – und gleichzeitig bereit sind, sie im Rahmen globaler Uniformität zu akzeptieren.
Worum es geht:
· Labubus sind mehr als Sammlerstücke und Modeartikel.
· warum sich im Hype ein doppeltes Bedürfnis verdichtet: nach Nähe in einer distanzierten und nach Kontrolle in einer chaotischen Welt
· warum die Figuren beides bedienen können – klein, zum Knuddeln, immer verfügbar und gleichzeitig absurd genug, um die Schwere des Alltags zu brechen.
Der Trend verrät damit weniger über Spielzeugkultur als über uns: Wir suchen Halt, und wir suchen ihn in Dingen, die uns erlauben, kindlich und zugleich ironisch zu sein.
Was sind Labubus?
Die Labubus, kleine Plüschfiguren, erfreuen sich seit einiger Zeit enormer Beliebtheit. Verantwortlich für den aktuellen Labubu-Hype ist hauptsächlich der Hersteller Pop Mart, der die Labubu-Figuren als Sammelobjekte vermarktet.
Die Geschichte der Labubus und ihre Entwicklung
Die Geschichte der Labubus begann mit Kasing Lung und seiner Buchreihe „The Monsters“. Im Jahr 2019 wurden sie durch die Zusammenarbeit mit Pop Mart zu begehrten Plüschtieren. Der eigentliche Durchbruch gelang jedoch erst jetzt, angetrieben durch soziale Medien und Influencer. Die kleinen Figuren wurden schnell zu einem globalen Phänomen, das besonders in den sozialen Medien wie TikTok eine große Anhängerschaft gefunden hat.
Pop Mart und ein Hype um fragwürdig ästhetische Plüschfiguren
Der Labubu-Hype ist ein Paradebeispiel für die Macht von Marketing und Verknappung. Wie schon öfter zieht Pop Mart die Strippen, ein chinesischer Spielzeughersteller aus Beijing, bekannt für die Vermarktung von Sammlerstücken. Das Unternehmen bietet Spielzeuge seiner eigenen Marken an, neben Labubu auch Pucky, Molly, Skullpanda und andere. Manchmal gibt es Zusammenarbeit mit Co-Branding-Aktionen, beispielsweise mit Disney, den Powerpuff Girls oder Harry Potter. Durch sogenannte „Blind-Boxes“, deren genauer Inhalt erst nach dem Kauf sichtbar ist, limitierte Drops und „Secret“-Editionen wird ein Hype-Faktor erzeugt, der den Sammeltrieb vieler Konsumenten anspricht. Sogar Fälschungen der Labubus sind im Umlauf, was die Beliebtheit des Labubu-Trends nochmals unterstreicht.
Die Psychologie hinter dem Labubu-Hype
Symbolik der beliebten Labubus und ihre Bedeutung
Die Psychologie deckt die tiefere Symbolik auf, die hinter den kleinen Figuren steckt. Oberflächlich betrachtet wirken die Labubus vielleicht nur lustig und skurril, doch psychologisch gesehen, bieten sie Momente des Komforts und der Kontrolle in einer unvorhersehbaren Welt. Diese kleinen Figuren dienen als greifbare Anker, die besonders in unsicheren Zeiten ein Gefühl von Stabilität vermitteln. Die Labubus repräsentieren somit mehr als nur ein Spielzeug, sie sind ein Symbol positiver Emotionen und verlorener kindlicher Unbeschwertheit. Der Labubu-Hype spricht also grundlegende psychologische Bedürfnisse an.
Die Rolle der Generation Z im Labubu-Hype
Identität und Selbstwert im digitalen Zeitalter
Die Generation Z ist in einer digitalen Welt aufgewachsen, in der Identität oft zensiert und auf Online-Wirkung ausgerichtet wird. Der Labubu-Hype bietet eine Möglichkeit, die eigene Persönlichkeit darzustellen und sich einer Gruppe zugehörig zu fühlen. Sammeln und das Teilen der eigenen Sammlung in sozialen Medien werden zum Ausdruck von Selbstwertgefühl. Die kleinen Figuren dienen als Statussymbol und ermöglichen es jungen Konsumenten mit ausreichender Kaufkraft, im Konsum Individualität zu zeigen.
Globale Krisen und deren Einfluss auf junge Erwachsene
Weltweit werden vielen jungen Erwachsenen schwere globale Krisen wie Pandemien, Rezessionen und die Klimakatastrophe unablässig medial vorgeführt. (Die Verlierer der Katastrophen können sich Labubus nicht leisten.) Diese medial vermittelte Erfahrung prägt das gesamte Lebensgefühl der Generation Z und weckt diffuse Zukunftsängste. Die Labubus bieten in einer unsicheren Welt eine Möglichkeit, sich eine kleine Freude zu gönnen und dem Alltag für einen Moment zu entfliehen. Auf sie werden Hoffnungen projiziert, und sie bieten positive Ablenkung.
Das Labubu als Coping-Strategie
Kleine Freuden wie der Erwerb eines Labubus befriedigen orale Bedürfnisse. (Orale Bedürfnisse sind nicht nur wörtlich zu verstehen als Hunger; sie stehen für das grundlegende psychologische Bedürfnis nach Fürsorge, Sicherheit und Vertrauen, das in der Kindheit entsteht und wichtige Aspekte der Persönlichkeit und der Beziehungen während des gesamten Lebens beeinflusst.) Die Labubus sind erschwinglich, leicht zugänglich und stiften ein, wenn auch flüchtiges, Glücksgefühl. Das Sammeln der Labubu-Figuren wird zu einer regressiven Gewohnheit, die das Wohlbefinden steigert, zur Suche nach den ‚kleinen Freuden des Alltags‘, die für Ängste und Besorgnisse entschädigen sollen.
Labubus im Kontext der Aufmerksamkeitsökonomie
Beliebtheit & Beliebigkeit: Identitätsstiftung durch Pokémon und Actionfiguren von Disney oder Marvel – der Einfluss von sozialen Medien
Der Einfluss von sozialen Medien wie TikTok auf den Labubu-Trend ist enorm. Influencer präsentieren die Labubus in ihren Videos, das Auspacken der Boxen wird zum Event, und die kleinen Figuren werden zum begehrten Objekt. Durch die hohe Sichtbarkeit in den sozialen Medien verbreitet sich der Hype rasant, und immer mehr Menschen werden auf die Labubus aufmerksam. Die sozialen Medien dienen als Verstärker, der die Beliebtheit der Labubu-Figuren weiter ankurbelt – der digitale Raum als Echokammer der Identitätsfindung.
Die Bedeutung von kurzlebigen Trends in der modernen Gesellschaft
Der Labubu-Hype illustriert perfekt, wie kurzlebige Trends in der Aufmerksamkeitsökonomie funktionieren und warum sie junge Konsumenten magisch anziehen, ohne ihr Bedürfnis nach Neuheit und Zugehörigkeit dauerhaft zu stillen. Hier der Zusammenhang:
1. Sofortige Zugehörigkeit durch Social Media
TikTok als Katalysator: Videos von Unboxings, Customizations oder Sammlerkollektionen schaffen in Sekunden eine scheinbare Gemeinschaft.
Low-Effort-Partizipation: Ein Video posten, ein Kommentar („Ich brauche den!“), ein Like – schon fühlt man sich als Teil des „Labubu-Clans“.
Das befriedigt das Grundbedürfnis nach sozialer Einbindung – schnell, ohne reale soziale „Investition“.
2. Flüchtige Exklusivität als Kick
Limitierte Editionen: Seltene Labubu-Figuren (z. B. „Skull Panda“-Serien) werden zum Statussymbol.
FOMO (Fear Of Missing Out): Der Hype erzeugt Druck, jetzt mitzumachen, bevor der Trend vergeht.
Die flüchtige Exklusivität triggert einen kurzen Rausch von Besonderheit – doch sobald die Masse folgt, verblasst das Exklusivitätsgefühl wieder.
3. Der Teufelskreis der Unersättlichkeit
Schnelle Sättigung: Der Reiz liegt im Neuheitswert. Sobald die Figur da ist, büßt sie ihren Zauber ein („Was kommt als Nächstes?“).
Algorithmen befeuern diesen Hunger: TikTok/Instagram zeigen sofort den nächsten Trend (z. B. Stanley Cups, Squishmallows), der Labubus ersetzt.
Die Aufmerksamkeitsökonomie muss vor allem Flüchtigkeit belohnen, um Platz für immer neue Konsumtrends zu schaffen. Plattformen profitieren davon, dass kein Trend jemals genug ist.
4. Warum stillt es den „Hunger“ nicht?
Oberflächliche Befriedigung: Der Trend gibt emotionale „Snacks“ – keine nachhaltige „Nahrung“ für Identität oder Sinn.
Systematische Enttäuschung: Je mehr Trends konsumiert werden, desto schwerer wird echtes Engagement (z. B. in lokalen Communities).
→ Ergebnis: Ein permanentes Verlangen nach dem nächsten Kick – wie bei einem Dopamin-Kreislauf.
Labubu als Symbol der Trend-Ökonomie
Der Hype wirkt wie ein perfektes Psychodrama für Gen Z:
Kreativitäts-Illusion: Customizations suggerieren Selbstausdruck – doch die Basis bleibt ein Massenprodukt.
Kollektiver Rausch: Gemeinsames Hype-Erleben ersetzt tieferen sozialen Zusammenhalt.
Leere nach dem Kauf: Die Figur wird zum Denkmal vergänglicher Teilhabe – bis der nächste Trend sie überlagert.
Kurz: Labubu ist kein Endpunkt, sondern ein Vehikel – transportiert junge Konsumenten von Trend zu Trend, ohne je anzukommen. Die Magie liegt im Jagen, nicht im Besitzen. Und genau darin liegt das Geschäftsmodell.
Die langfristigen Auswirkungen des Labubu-Hypes und ähnlicher Trends auf die Konsumkultur sind vielfältig. Sie fördern eine Kultur des schnellen Konsums und der Wegwerfmentalität. Marken wie Pop Mart nutzen diese Dynamik geschickt, um immer wieder neue Produkte auf den Markt zu bringen und die Nachfrage aufrechtzuerhalten. Der Labubu-Trend zeigt, wie die Konsumkultur unsere psychologischen Bedürfnisse nach Anerkennung und Zugehörigkeit beeinflusst.
Kriegstüchtigkeit und Labubu – ein merkwürdiges Doppelbild unserer Gegenwart
Es klingt wie ein schlechter Scherz: Während Politiker über „Kriegstüchtigkeit“ sprechen, stehen Menschen in Schlangen für Plastikfigürchen mit schrägen Gesichtern. Militarismus und Spiel, Bedrohung und Albernheit – zwei Diskurse, die auf den ersten Blick nichts verbindet und die doch zur selben Zeit denselben Nerv treffen.
„Kriegstüchtigkeit“ ist ein Wort, das die Schwere der Epoche transportieren bringen soll. Es ruft zu Härte, Disziplin und Ernstfall auf. Am 9. Juli 1944, als die Niederlage der Wehrmacht längst besiegelt war, beschwor, Reichspropagandaminister Joseph Goebbels in der nationalsozialistischen Wochenzeitung Das Reich: „Kriegstüchtig wie nur je“. Es spricht von unsäglicher Gesichtsvergessenheit, dass jetzt Politiker Leitartikel wieder die „Kriegstüchtigkeit“ Deutschlands beschwören und verlangen, alle Kräfte der „Nation“ für den „Sieg“ zu mobilisieren, in der Absicht, die alten Gewissheiten – Frieden, Wohlstand, Sicherheit – als brüchig und überlebt darzustellen.
Der Labubu-Trend hingegen wirkt wie ein Gegenzauber. Die drolligen Monsterchen aus Hongkong sind grotesk und niedlich zugleich. Sie versprechen nichts, lösen keine Probleme, und gerade darin liegt ihr Reiz: ein winziges Lachen gegen die Schwere, eine kindlich-ironische Flucht aus der Logik der Bedrohung.
Die Gleichzeitigkeit ist kein Zufall. Gesellschaften bewegen sich wie ein Pendel: Auf den Ruf nach Wehrhaftigkeit antwortet das Populäre mit Niedlichkeit. Während die einen Panzer zählen, sammeln die anderen schräge Monster im Taschenformat. Beide Reaktionen sind Ausdruck desselben Grundgefühls – des Verlusts von Kontrolle.
Historische Spiegelungen
Neu ist das Muster nicht. Schon während des Ersten Weltkriegs verkauften Spielwarenläden in Europa, neben patriotischen Bleisoldaten, Blechtrommeln und Spielzeuggewehren, massenhaft Teddybären – weiche Gefährten für Kinder, während an der Front 'die Kanonen donnerten'.
In den 1980er Jahren, mitten im Kalten Krieg, schwappte die „Plushie“-Welle über den Westen: My Little Pony, Care Bears, He-Man – farbige Trostspender im Schatten atomarer Bedrohung.
Selbst in der DDR gab es die berühmten „Sandmännchen“-Figuren, die unpolitisch wirken sollten, mitten in einer ideologisch überhitzten Welt.
Das Schema wiederholt sich im Kontrast zwischen öffentlicher Propaganda und privaten Sehnsüchten: Wo das Politische Härte fordert, sucht das Alltägliche nach Kuschelfaktor. Wo große Narrative von Feind und Gefahr dominieren, gedeihen kleine Rituale der Realitätsflucht. (Man sehe sich dazu auch die Schlagerproduktion während des zweiten Weltkriegs in den westlichen Ländern an. Viele dieser sentimentalen Schlager boten akustische Schutzräume– ob staatlich gelenkt oder heimlich geliebt. Sie bewiesen, dass selbst im Krieg das Bedürfnis nach Schönheit, Liebe und Hoffnung unzerstörbar blieb.)
Ein Doppelbild der Gegenwart
Das Bedürfnis nach kleinen Freuden taucht immer auf als Zeichen kollektiver Überlastung. Labubus sind nicht nur eine skurrile Marotte, sondern kulturelle Sedativa. Sie stillen eine Sehnsucht nach Halt, während die politische Sprache uns auf Kampf und Opfer einschwört.
So entsteht ein Doppelbild: Kriegstüchtigkeit und Labubu, Härte und Harmlosigkeit, Strategie und Spiel. Beides gehört zusammen, wenn das Spiel ein Versuch ist, mit einer Welt fertigzuwerden, die uns überfordert.
Fazit: Was der Labubu-Hype über uns verrät
Der Labubu-Hype ist kein oberflächlicher Spielzeugtrend, sondern ein kulturelles Symptom. Er spiegelt das Ringen einer Generation zwischen Kontrolle und Chaos, Zugehörigkeit und Individualität in einer destabilisierten Welt:
Eskapismus 2.0:
Als Miniatur-Anker kompensieren die Figuren reale Ängste (Klima, Kriege, Unsicherheit) durch ironisierte Niedlichkeit. Ihr grotesker Charme entmachtet Bedrohliches – absurder Trost, der nicht verdrängt, sondern persifliert.
Die Illusion der Einzigartigkeit:
Der Hype offenbart das Paradox spätmoderner Identität: Massenware wird zum „unique collectible“. Wir kaufen standardisierte Individualität – ein Beleg für den Hunger nach Besonderheit in globalisierter Uniformität.
Digitaler Stammeszauber:
Social Media verwandeln Sammeln in Low-Effort-Zugehörigkeit. Hashtags ersetzen Werte; limitierte Editionen werden Trophäen einer Ersatzgemeinschaft. Doch der Algorithmus treibt den Kreislauf an: Jeder Trend ist nur ein Dopamin-Boxenstopp auf der Formel-1-Jagd zum nächsten Hype.
Historisches Echo:
Wie kitschige Kriegsschlager bieten Labubus emotionale Rückzugsräume – eben als Plastikfigur. Ihre Gleichzeitigkeit mit Debatten über „Kriegstüchtigkeit“ zeigt: Wo Politik Härte fordert, schafft Popkultur weiche Gegenwelten, als Antworten auf kollektive Angst vor Kontrollverlust.
Generation Z im Dauertest:
Für eine Jugend zwischen Klimapanik und Optimierungsdruck werden die Figuren zur regressiven Coping-Strategie. Sie stillen orale Bedürfnisse nach Sicherheit – greifbar, beherrschbar, aber vergänglich.
Auch dieser Hype wird verblassen, aber das Grundmuster bleibt:
Marketing nutzt Vulnerabilität: Pop Marts Blind-Box-Mechanik (Glücksspiellogik!) monetarisiert systematisch Sehnsüchte.
Echter Halt vs. Mitmach-Trend: Kollektive Sammel-Euphorie ersetzt keine nachhaltige Gemeinschaft.
Konsum als Sprache: Wir müssen lernen, zwischen der Sprache echter Bedürfnisse (Nestwärme, Zugehörigkeit) und kommerziellem Echo zu unterscheiden.
„Labubu ist kein Endpunkt, sondern ein Vehikel“ – von Trend zu Trend, von Kick zu Kick. Die Magie liegt im Jagen, nicht im Besitzen. Und Widerstand beginnt dort, wo wir die Jagd unterbrechen.
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DESCRIPTION:
Labubu-Hype: Labubus sind der neue „heiße Sch...“ Was steckt hinter der Sammelleidenschaft? Plüsch-Monster, Marken, Symbolik, Trends, ein Hype und die Psychologie der Sammler.
Labubu-Hype: ein Hype um Marken und Plüschtiere. Die Psychologie hinter dem Hype-Faktor des neuen Trends um Labubus und ihre Symbolik.
Darf ich vorstellen? Die süßen Labubus
Manche Trends wirken auf den ersten Blick wie harmlose Spielereien – kleine Figuren, schräge Gesichter, ein Hype, der von Hongkong bis nach Berlin reicht. Doch gerade an solchen scheinbar nebensächlichen Phänomenen lässt sich ablesen, wie unsere Gesellschaft fühlt, denkt und Sehnsucht organisiert. Labubus sind aber mehr als nur ein Sammlerstück. Sie ist ein Hohlspiegel, in dem sich Kindheit, Angst und Begehren bündeln.
1. Projektion und Personalisierung
Labubus wirken nicht wie ein Objekt, sondern wie ein kleiner Gefährte. Die seltsame Mischung aus Süß und Bizarr erzeugt keine Distanz, sondern lädt dazu ein, Gefühle abzuladen: Trost, Zuneigung, manchmal auch Aggression. In einer Welt, in der viele Beziehungen digital sind, übernehmen Figuren wie Labubus die Rolle stiller Gefährten – verfügbar, kontrollierbar und niemals „schwierig“.
2. Nostalgie und das „Unheimlich-Vertraute“
Wieder einmal greift eine Marke das bekannte „Kindchenschema“ auf – große Augen, runde Formen. Doch das Labubu (heißt es das Labubu?) ist kein kleines Kuscheltier. Es bleibt ein wenig fremd, weil grotesk. Gerade dieser Bruch verstärkt die Wirkung: Er ruft Kindheitsassoziationen wach, ohne sie vollständig zu bedienen. Das erzeugt eine seltsame Mischung aus Geborgenheit und Unbehagen – und genau darin liegt der Reiz.
3. Kollektive Zugehörigkeit als Ersatzritual
Labubu-Sammler bilden eine globale Gemeinschaft, die über Instagram und Foren miteinander verknüpft ist. Wer Figuren jagt, tauscht oder präsentiert, tritt in einen modernen Initiationsritus ein: Teilhabe wird nicht durch Herkunft oder Werte bestimmt, sondern durch den Besitz kleiner, limitierter Objekte. Ein Miniatur-Stammesritual in einer Welt, die große, verbindende Narrative verloren hat.
4. Verknappung, Adrenalin, Dopamin und die Logik des Glücksspiels
Die Mechanik hinter dem Trend erinnert an Glücksspielautomaten: limitierte Auflagen, „Blind Boxes“ mit ungewissem Inhalt, die Aussicht auf ein seltenes Stück, und der Suchtfaktor, wenn Adrenalin und Dopamin zeitgleich ausgeschüttet werden. Jeder Kauf wird zum Kick – nicht wegen der Figur an sich, sondern wegen des Jagdmoments. Das Gehirn reagiert darauf wie bei einer Belohnungslotterie. Wer Labubus jagt, jagt in Wahrheit das Dopamin und badet im Adrenalin des Jagdfiebers.
5. Eskapismus im Miniaturformat
Inmitten von Klimaangst, Krieg und politischer Dauerkrise gewinnen schrullige Maskottchen an Macht. Das Labubu ist kein Held, kein Ratgeber, kein Vorbild. Es ist klein, harmlos, irgendwie süß, aber eigentlich auch etwas hässlich und blöd – und gerade darin tröstlich und deswegen so „niedlich“. Es erlaubt, sich überlegen zu fühlen und für einen Moment den Ernst der Welt zu unterlaufen. Nicht durch Verdrängung, sondern durch eine Art absurden Spott über die Größe der Probleme: Wenn schon alles bedrohlich und unentrinnbar ist, dann bleibt eben das Lachen mit einem Monster im Taschenformat.
6. Das Paradox der Individualität
Jede Figur gilt als „unique collectible“ – vollkommen abstrus, denn Millionen Menschen sammeln genau diese Stücke von „Einzigartigkeit“. Es ist das absurde Paradox spätmoderner Kultur: individuell sein wollen – durch standardisierte Massenware. Der Labubu-Hype zeigt, wie sehr wir nach Besonderheit hungern – und gleichzeitig bereit sind, sie im Rahmen globaler Uniformität zu akzeptieren.
Worum es geht:
· Labubus sind mehr als Sammlerstücke und Modeartikel.
· warum sich im Hype ein doppeltes Bedürfnis verdichtet: nach Nähe in einer distanzierten und nach Kontrolle in einer chaotischen Welt
· warum die Figuren beides bedienen können – klein, zum Knuddeln, immer verfügbar und gleichzeitig absurd genug, um die Schwere des Alltags zu brechen.
Der Trend verrät damit weniger über Spielzeugkultur als über uns: Wir suchen Halt, und wir suchen ihn in Dingen, die uns erlauben, kindlich und zugleich ironisch zu sein.
Was sind Labubus?
Die Labubus, kleine Plüschfiguren, erfreuen sich seit einiger Zeit enormer Beliebtheit. Verantwortlich für den aktuellen Labubu-Hype ist hauptsächlich der Hersteller Pop Mart, der die Labubu-Figuren als Sammelobjekte vermarktet.
Die Geschichte der Labubus und ihre Entwicklung
Die Geschichte der Labubus begann mit Kasing Lung und seiner Buchreihe „The Monsters“. Im Jahr 2019 wurden sie durch die Zusammenarbeit mit Pop Mart zu begehrten Plüschtieren. Der eigentliche Durchbruch gelang jedoch erst jetzt, angetrieben durch soziale Medien und Influencer. Die kleinen Figuren wurden schnell zu einem globalen Phänomen, das besonders in den sozialen Medien wie TikTok eine große Anhängerschaft gefunden hat.
Pop Mart und ein Hype um fragwürdig ästhetische Plüschfiguren
Der Labubu-Hype ist ein Paradebeispiel für die Macht von Marketing und Verknappung. Wie schon öfter zieht Pop Mart die Strippen, ein chinesischer Spielzeughersteller aus Beijing, bekannt für die Vermarktung von Sammlerstücken. Das Unternehmen bietet Spielzeuge seiner eigenen Marken an, neben Labubu auch Pucky, Molly, Skullpanda und andere. Manchmal gibt es Zusammenarbeit mit Co-Branding-Aktionen, beispielsweise mit Disney, den Powerpuff Girls oder Harry Potter. Durch sogenannte „Blind-Boxes“, deren genauer Inhalt erst nach dem Kauf sichtbar ist, limitierte Drops und „Secret“-Editionen wird ein Hype-Faktor erzeugt, der den Sammeltrieb vieler Konsumenten anspricht. Sogar Fälschungen der Labubus sind im Umlauf, was die Beliebtheit des Labubu-Trends nochmals unterstreicht.
Die Psychologie hinter dem Labubu-Hype
Symbolik der beliebten Labubus und ihre Bedeutung
Die Psychologie deckt die tiefere Symbolik auf, die hinter den kleinen Figuren steckt. Oberflächlich betrachtet wirken die Labubus vielleicht nur lustig und skurril, doch psychologisch gesehen, bieten sie Momente des Komforts und der Kontrolle in einer unvorhersehbaren Welt. Diese kleinen Figuren dienen als greifbare Anker, die besonders in unsicheren Zeiten ein Gefühl von Stabilität vermitteln. Die Labubus repräsentieren somit mehr als nur ein Spielzeug, sie sind ein Symbol positiver Emotionen und verlorener kindlicher Unbeschwertheit. Der Labubu-Hype spricht also grundlegende psychologische Bedürfnisse an.
Die Rolle der Generation Z im Labubu-Hype
Identität und Selbstwert im digitalen Zeitalter
Die Generation Z ist in einer digitalen Welt aufgewachsen, in der Identität oft zensiert und auf Online-Wirkung ausgerichtet wird. Der Labubu-Hype bietet eine Möglichkeit, die eigene Persönlichkeit darzustellen und sich einer Gruppe zugehörig zu fühlen. Sammeln und das Teilen der eigenen Sammlung in sozialen Medien werden zum Ausdruck von Selbstwertgefühl. Die kleinen Figuren dienen als Statussymbol und ermöglichen es jungen Konsumenten mit ausreichender Kaufkraft, im Konsum Individualität zu zeigen.
Globale Krisen und deren Einfluss auf junge Erwachsene
Weltweit werden vielen jungen Erwachsenen schwere globale Krisen wie Pandemien, Rezessionen und die Klimakatastrophe unablässig medial vorgeführt. (Die Verlierer der Katastrophen können sich Labubus nicht leisten.) Diese medial vermittelte Erfahrung prägt das gesamte Lebensgefühl der Generation Z und weckt diffuse Zukunftsängste. Die Labubus bieten in einer unsicheren Welt eine Möglichkeit, sich eine kleine Freude zu gönnen und dem Alltag für einen Moment zu entfliehen. Auf sie werden Hoffnungen projiziert, und sie bieten positive Ablenkung.
Das Labubu als Coping-Strategie
Kleine Freuden wie der Erwerb eines Labubus befriedigen orale Bedürfnisse. (Orale Bedürfnisse sind nicht nur wörtlich zu verstehen als Hunger; sie stehen für das grundlegende psychologische Bedürfnis nach Fürsorge, Sicherheit und Vertrauen, das in der Kindheit entsteht und wichtige Aspekte der Persönlichkeit und der Beziehungen während des gesamten Lebens beeinflusst.) Die Labubus sind erschwinglich, leicht zugänglich und stiften ein, wenn auch flüchtiges, Glücksgefühl. Das Sammeln der Labubu-Figuren wird zu einer regressiven Gewohnheit, die das Wohlbefinden steigert, zur Suche nach den ‚kleinen Freuden des Alltags‘, die für Ängste und Besorgnisse entschädigen sollen.
Labubus im Kontext der Aufmerksamkeitsökonomie
Beliebtheit & Beliebigkeit: Identitätsstiftung durch Pokémon und Actionfiguren von Disney oder Marvel – der Einfluss von sozialen Medien
Der Einfluss von sozialen Medien wie TikTok auf den Labubu-Trend ist enorm. Influencer präsentieren die Labubus in ihren Videos, das Auspacken der Boxen wird zum Event, und die kleinen Figuren werden zum begehrten Objekt. Durch die hohe Sichtbarkeit in den sozialen Medien verbreitet sich der Hype rasant, und immer mehr Menschen werden auf die Labubus aufmerksam. Die sozialen Medien dienen als Verstärker, der die Beliebtheit der Labubu-Figuren weiter ankurbelt – der digitale Raum als Echokammer der Identitätsfindung.
Die Bedeutung von kurzlebigen Trends in der modernen Gesellschaft
Der Labubu-Hype illustriert perfekt, wie kurzlebige Trends in der Aufmerksamkeitsökonomie funktionieren und warum sie junge Konsumenten magisch anziehen, ohne ihr Bedürfnis nach Neuheit und Zugehörigkeit dauerhaft zu stillen. Hier der Zusammenhang:
1. Sofortige Zugehörigkeit durch Social Media
TikTok als Katalysator: Videos von Unboxings, Customizations oder Sammlerkollektionen schaffen in Sekunden eine scheinbare Gemeinschaft.
Low-Effort-Partizipation: Ein Video posten, ein Kommentar („Ich brauche den!“), ein Like – schon fühlt man sich als Teil des „Labubu-Clans“.
Das befriedigt das Grundbedürfnis nach sozialer Einbindung – schnell, ohne reale soziale „Investition“.
2. Flüchtige Exklusivität als Kick
Limitierte Editionen: Seltene Labubu-Figuren (z. B. „Skull Panda“-Serien) werden zum Statussymbol.
FOMO (Fear Of Missing Out): Der Hype erzeugt Druck, jetzt mitzumachen, bevor der Trend vergeht.
Die flüchtige Exklusivität triggert einen kurzen Rausch von Besonderheit – doch sobald die Masse folgt, verblasst das Exklusivitätsgefühl wieder.
3. Der Teufelskreis der Unersättlichkeit
Schnelle Sättigung: Der Reiz liegt im Neuheitswert. Sobald die Figur da ist, büßt sie ihren Zauber ein („Was kommt als Nächstes?“).
Algorithmen befeuern diesen Hunger: TikTok/Instagram zeigen sofort den nächsten Trend (z. B. Stanley Cups, Squishmallows), der Labubus ersetzt.
Die Aufmerksamkeitsökonomie muss vor allem Flüchtigkeit belohnen, um Platz für immer neue Konsumtrends zu schaffen. Plattformen profitieren davon, dass kein Trend jemals genug ist.
4. Warum stillt es den „Hunger“ nicht?
Oberflächliche Befriedigung: Der Trend gibt emotionale „Snacks“ – keine nachhaltige „Nahrung“ für Identität oder Sinn.
Systematische Enttäuschung: Je mehr Trends konsumiert werden, desto schwerer wird echtes Engagement (z. B. in lokalen Communities).
→ Ergebnis: Ein permanentes Verlangen nach dem nächsten Kick – wie bei einem Dopamin-Kreislauf.
Labubu als Symbol der Trend-Ökonomie
Der Hype wirkt wie ein perfektes Psychodrama für Gen Z:
Kreativitäts-Illusion: Customizations suggerieren Selbstausdruck – doch die Basis bleibt ein Massenprodukt.
Kollektiver Rausch: Gemeinsames Hype-Erleben ersetzt tieferen sozialen Zusammenhalt.
Leere nach dem Kauf: Die Figur wird zum Denkmal vergänglicher Teilhabe – bis der nächste Trend sie überlagert.
Kurz: Labubu ist kein Endpunkt, sondern ein Vehikel – transportiert junge Konsumenten von Trend zu Trend, ohne je anzukommen. Die Magie liegt im Jagen, nicht im Besitzen. Und genau darin liegt das Geschäftsmodell.
Die langfristigen Auswirkungen des Labubu-Hypes und ähnlicher Trends auf die Konsumkultur sind vielfältig. Sie fördern eine Kultur des schnellen Konsums und der Wegwerfmentalität. Marken wie Pop Mart nutzen diese Dynamik geschickt, um immer wieder neue Produkte auf den Markt zu bringen und die Nachfrage aufrechtzuerhalten. Der Labubu-Trend zeigt, wie die Konsumkultur unsere psychologischen Bedürfnisse nach Anerkennung und Zugehörigkeit beeinflusst.
Kriegstüchtigkeit und Labubu – ein merkwürdiges Doppelbild unserer Gegenwart
Es klingt wie ein schlechter Scherz: Während Politiker über „Kriegstüchtigkeit“ sprechen, stehen Menschen in Schlangen für Plastikfigürchen mit schrägen Gesichtern. Militarismus und Spiel, Bedrohung und Albernheit – zwei Diskurse, die auf den ersten Blick nichts verbindet und die doch zur selben Zeit denselben Nerv treffen.
„Kriegstüchtigkeit“ ist ein Wort, das die Schwere der Epoche transportieren bringen soll. Es ruft zu Härte, Disziplin und Ernstfall auf. Am 9. Juli 1944, als die Niederlage der Wehrmacht längst besiegelt war, beschwor, Reichspropagandaminister Joseph Goebbels in der nationalsozialistischen Wochenzeitung Das Reich: „Kriegstüchtig wie nur je“. Es spricht von unsäglicher Gesichtsvergessenheit, dass jetzt Politiker Leitartikel wieder die „Kriegstüchtigkeit“ Deutschlands beschwören und verlangen, alle Kräfte der „Nation“ für den „Sieg“ zu mobilisieren, in der Absicht, die alten Gewissheiten – Frieden, Wohlstand, Sicherheit – als brüchig und überlebt darzustellen.
Der Labubu-Trend hingegen wirkt wie ein Gegenzauber. Die drolligen Monsterchen aus Hongkong sind grotesk und niedlich zugleich. Sie versprechen nichts, lösen keine Probleme, und gerade darin liegt ihr Reiz: ein winziges Lachen gegen die Schwere, eine kindlich-ironische Flucht aus der Logik der Bedrohung.
Die Gleichzeitigkeit ist kein Zufall. Gesellschaften bewegen sich wie ein Pendel: Auf den Ruf nach Wehrhaftigkeit antwortet das Populäre mit Niedlichkeit. Während die einen Panzer zählen, sammeln die anderen schräge Monster im Taschenformat. Beide Reaktionen sind Ausdruck desselben Grundgefühls – des Verlusts von Kontrolle.
Historische Spiegelungen
Neu ist das Muster nicht. Schon während des Ersten Weltkriegs verkauften Spielwarenläden in Europa, neben patriotischen Bleisoldaten, Blechtrommeln und Spielzeuggewehren, massenhaft Teddybären – weiche Gefährten für Kinder, während an der Front 'die Kanonen donnerten'.
In den 1980er Jahren, mitten im Kalten Krieg, schwappte die „Plushie“-Welle über den Westen: My Little Pony, Care Bears, He-Man – farbige Trostspender im Schatten atomarer Bedrohung.
Selbst in der DDR gab es die berühmten „Sandmännchen“-Figuren, die unpolitisch wirken sollten, mitten in einer ideologisch überhitzten Welt.
Das Schema wiederholt sich im Kontrast zwischen öffentlicher Propaganda und privaten Sehnsüchten: Wo das Politische Härte fordert, sucht das Alltägliche nach Kuschelfaktor. Wo große Narrative von Feind und Gefahr dominieren, gedeihen kleine Rituale der Realitätsflucht. (Man sehe sich dazu auch die Schlagerproduktion während des zweiten Weltkriegs in den westlichen Ländern an. Viele dieser sentimentalen Schlager boten akustische Schutzräume– ob staatlich gelenkt oder heimlich geliebt. Sie bewiesen, dass selbst im Krieg das Bedürfnis nach Schönheit, Liebe und Hoffnung unzerstörbar blieb.)
Ein Doppelbild der Gegenwart
Das Bedürfnis nach kleinen Freuden taucht immer auf als Zeichen kollektiver Überlastung. Labubus sind nicht nur eine skurrile Marotte, sondern kulturelle Sedativa. Sie stillen eine Sehnsucht nach Halt, während die politische Sprache uns auf Kampf und Opfer einschwört.
So entsteht ein Doppelbild: Kriegstüchtigkeit und Labubu, Härte und Harmlosigkeit, Strategie und Spiel. Beides gehört zusammen, wenn das Spiel ein Versuch ist, mit einer Welt fertigzuwerden, die uns überfordert.
Fazit: Was der Labubu-Hype über uns verrät
Der Labubu-Hype ist kein oberflächlicher Spielzeugtrend, sondern ein kulturelles Symptom. Er spiegelt das Ringen einer Generation zwischen Kontrolle und Chaos, Zugehörigkeit und Individualität in einer destabilisierten Welt:
Eskapismus 2.0:
Als Miniatur-Anker kompensieren die Figuren reale Ängste (Klima, Kriege, Unsicherheit) durch ironisierte Niedlichkeit. Ihr grotesker Charme entmachtet Bedrohliches – absurder Trost, der nicht verdrängt, sondern persifliert.
Die Illusion der Einzigartigkeit:
Der Hype offenbart das Paradox spätmoderner Identität: Massenware wird zum „unique collectible“. Wir kaufen standardisierte Individualität – ein Beleg für den Hunger nach Besonderheit in globalisierter Uniformität.
Digitaler Stammeszauber:
Social Media verwandeln Sammeln in Low-Effort-Zugehörigkeit. Hashtags ersetzen Werte; limitierte Editionen werden Trophäen einer Ersatzgemeinschaft. Doch der Algorithmus treibt den Kreislauf an: Jeder Trend ist nur ein Dopamin-Boxenstopp auf der Formel-1-Jagd zum nächsten Hype.
Historisches Echo:
Wie kitschige Kriegsschlager bieten Labubus emotionale Rückzugsräume – eben als Plastikfigur. Ihre Gleichzeitigkeit mit Debatten über „Kriegstüchtigkeit“ zeigt: Wo Politik Härte fordert, schafft Popkultur weiche Gegenwelten, als Antworten auf kollektive Angst vor Kontrollverlust.
Generation Z im Dauertest:
Für eine Jugend zwischen Klimapanik und Optimierungsdruck werden die Figuren zur regressiven Coping-Strategie. Sie stillen orale Bedürfnisse nach Sicherheit – greifbar, beherrschbar, aber vergänglich.
Auch dieser Hype wird verblassen, aber das Grundmuster bleibt:
Marketing nutzt Vulnerabilität: Pop Marts Blind-Box-Mechanik (Glücksspiellogik!) monetarisiert systematisch Sehnsüchte.
Echter Halt vs. Mitmach-Trend: Kollektive Sammel-Euphorie ersetzt keine nachhaltige Gemeinschaft.
Konsum als Sprache: Wir müssen lernen, zwischen der Sprache echter Bedürfnisse (Nestwärme, Zugehörigkeit) und kommerziellem Echo zu unterscheiden.
„Labubu ist kein Endpunkt, sondern ein Vehikel“ – von Trend zu Trend, von Kick zu Kick. Die Magie liegt im Jagen, nicht im Besitzen. Und Widerstand beginnt dort, wo wir die Jagd unterbrechen.
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Labubu-Hype: Labubus sind der neue „heiße Sch...“ Was steckt hinter der Sammelleidenschaft? Plüsch-Monster, Marken, Symbolik, Trends, ein Hype und die Psychologie der Sammler.
Labubu-Hype: ein Hype um Marken und Plüschtiere. Die Psychologie hinter dem Hype-Faktor des neuen Trends um Labubus und ihre Symbolik.
Darf ich vorstellen? Die süßen Labubus
Manche Trends wirken auf den ersten Blick wie harmlose Spielereien – kleine Figuren, schräge Gesichter, ein Hype, der von Hongkong bis nach Berlin reicht. Doch gerade an solchen scheinbar nebensächlichen Phänomenen lässt sich ablesen, wie unsere Gesellschaft fühlt, denkt und Sehnsucht organisiert. Labubus sind aber mehr als nur ein Sammlerstück. Sie ist ein Hohlspiegel, in dem sich Kindheit, Angst und Begehren bündeln.
1. Projektion und Personalisierung
Labubus wirken nicht wie ein Objekt, sondern wie ein kleiner Gefährte. Die seltsame Mischung aus Süß und Bizarr erzeugt keine Distanz, sondern lädt dazu ein, Gefühle abzuladen: Trost, Zuneigung, manchmal auch Aggression. In einer Welt, in der viele Beziehungen digital sind, übernehmen Figuren wie Labubus die Rolle stiller Gefährten – verfügbar, kontrollierbar und niemals „schwierig“.
2. Nostalgie und das „Unheimlich-Vertraute“
Wieder einmal greift eine Marke das bekannte „Kindchenschema“ auf – große Augen, runde Formen. Doch das Labubu (heißt es das Labubu?) ist kein kleines Kuscheltier. Es bleibt ein wenig fremd, weil grotesk. Gerade dieser Bruch verstärkt die Wirkung: Er ruft Kindheitsassoziationen wach, ohne sie vollständig zu bedienen. Das erzeugt eine seltsame Mischung aus Geborgenheit und Unbehagen – und genau darin liegt der Reiz.
3. Kollektive Zugehörigkeit als Ersatzritual
Labubu-Sammler bilden eine globale Gemeinschaft, die über Instagram und Foren miteinander verknüpft ist. Wer Figuren jagt, tauscht oder präsentiert, tritt in einen modernen Initiationsritus ein: Teilhabe wird nicht durch Herkunft oder Werte bestimmt, sondern durch den Besitz kleiner, limitierter Objekte. Ein Miniatur-Stammesritual in einer Welt, die große, verbindende Narrative verloren hat.
4. Verknappung, Adrenalin, Dopamin und die Logik des Glücksspiels
Die Mechanik hinter dem Trend erinnert an Glücksspielautomaten: limitierte Auflagen, „Blind Boxes“ mit ungewissem Inhalt, die Aussicht auf ein seltenes Stück, und der Suchtfaktor, wenn Adrenalin und Dopamin zeitgleich ausgeschüttet werden. Jeder Kauf wird zum Kick – nicht wegen der Figur an sich, sondern wegen des Jagdmoments. Das Gehirn reagiert darauf wie bei einer Belohnungslotterie. Wer Labubus jagt, jagt in Wahrheit das Dopamin und badet im Adrenalin des Jagdfiebers.
5. Eskapismus im Miniaturformat
Inmitten von Klimaangst, Krieg und politischer Dauerkrise gewinnen schrullige Maskottchen an Macht. Das Labubu ist kein Held, kein Ratgeber, kein Vorbild. Es ist klein, harmlos, irgendwie süß, aber eigentlich auch etwas hässlich und blöd – und gerade darin tröstlich und deswegen so „niedlich“. Es erlaubt, sich überlegen zu fühlen und für einen Moment den Ernst der Welt zu unterlaufen. Nicht durch Verdrängung, sondern durch eine Art absurden Spott über die Größe der Probleme: Wenn schon alles bedrohlich und unentrinnbar ist, dann bleibt eben das Lachen mit einem Monster im Taschenformat.
6. Das Paradox der Individualität
Jede Figur gilt als „unique collectible“ – vollkommen abstrus, denn Millionen Menschen sammeln genau diese Stücke von „Einzigartigkeit“. Es ist das absurde Paradox spätmoderner Kultur: individuell sein wollen – durch standardisierte Massenware. Der Labubu-Hype zeigt, wie sehr wir nach Besonderheit hungern – und gleichzeitig bereit sind, sie im Rahmen globaler Uniformität zu akzeptieren.
Worum es geht:
· Labubus sind mehr als Sammlerstücke und Modeartikel.
· warum sich im Hype ein doppeltes Bedürfnis verdichtet: nach Nähe in einer distanzierten und nach Kontrolle in einer chaotischen Welt
· warum die Figuren beides bedienen können – klein, zum Knuddeln, immer verfügbar und gleichzeitig absurd genug, um die Schwere des Alltags zu brechen.
Der Trend verrät damit weniger über Spielzeugkultur als über uns: Wir suchen Halt, und wir suchen ihn in Dingen, die uns erlauben, kindlich und zugleich ironisch zu sein.
Was sind Labubus?
Die Labubus, kleine Plüschfiguren, erfreuen sich seit einiger Zeit enormer Beliebtheit. Verantwortlich für den aktuellen Labubu-Hype ist hauptsächlich der Hersteller Pop Mart, der die Labubu-Figuren als Sammelobjekte vermarktet.
Die Geschichte der Labubus und ihre Entwicklung
Die Geschichte der Labubus begann mit Kasing Lung und seiner Buchreihe „The Monsters“. Im Jahr 2019 wurden sie durch die Zusammenarbeit mit Pop Mart zu begehrten Plüschtieren. Der eigentliche Durchbruch gelang jedoch erst jetzt, angetrieben durch soziale Medien und Influencer. Die kleinen Figuren wurden schnell zu einem globalen Phänomen, das besonders in den sozialen Medien wie TikTok eine große Anhängerschaft gefunden hat.
Pop Mart und ein Hype um fragwürdig ästhetische Plüschfiguren
Der Labubu-Hype ist ein Paradebeispiel für die Macht von Marketing und Verknappung. Wie schon öfter zieht Pop Mart die Strippen, ein chinesischer Spielzeughersteller aus Beijing, bekannt für die Vermarktung von Sammlerstücken. Das Unternehmen bietet Spielzeuge seiner eigenen Marken an, neben Labubu auch Pucky, Molly, Skullpanda und andere. Manchmal gibt es Zusammenarbeit mit Co-Branding-Aktionen, beispielsweise mit Disney, den Powerpuff Girls oder Harry Potter. Durch sogenannte „Blind-Boxes“, deren genauer Inhalt erst nach dem Kauf sichtbar ist, limitierte Drops und „Secret“-Editionen wird ein Hype-Faktor erzeugt, der den Sammeltrieb vieler Konsumenten anspricht. Sogar Fälschungen der Labubus sind im Umlauf, was die Beliebtheit des Labubu-Trends nochmals unterstreicht.
Die Psychologie hinter dem Labubu-Hype
Symbolik der beliebten Labubus und ihre Bedeutung
Die Psychologie deckt die tiefere Symbolik auf, die hinter den kleinen Figuren steckt. Oberflächlich betrachtet wirken die Labubus vielleicht nur lustig und skurril, doch psychologisch gesehen, bieten sie Momente des Komforts und der Kontrolle in einer unvorhersehbaren Welt. Diese kleinen Figuren dienen als greifbare Anker, die besonders in unsicheren Zeiten ein Gefühl von Stabilität vermitteln. Die Labubus repräsentieren somit mehr als nur ein Spielzeug, sie sind ein Symbol positiver Emotionen und verlorener kindlicher Unbeschwertheit. Der Labubu-Hype spricht also grundlegende psychologische Bedürfnisse an.
Die Rolle der Generation Z im Labubu-Hype
Identität und Selbstwert im digitalen Zeitalter
Die Generation Z ist in einer digitalen Welt aufgewachsen, in der Identität oft zensiert und auf Online-Wirkung ausgerichtet wird. Der Labubu-Hype bietet eine Möglichkeit, die eigene Persönlichkeit darzustellen und sich einer Gruppe zugehörig zu fühlen. Sammeln und das Teilen der eigenen Sammlung in sozialen Medien werden zum Ausdruck von Selbstwertgefühl. Die kleinen Figuren dienen als Statussymbol und ermöglichen es jungen Konsumenten mit ausreichender Kaufkraft, im Konsum Individualität zu zeigen.
Globale Krisen und deren Einfluss auf junge Erwachsene
Weltweit werden vielen jungen Erwachsenen schwere globale Krisen wie Pandemien, Rezessionen und die Klimakatastrophe unablässig medial vorgeführt. (Die Verlierer der Katastrophen können sich Labubus nicht leisten.) Diese medial vermittelte Erfahrung prägt das gesamte Lebensgefühl der Generation Z und weckt diffuse Zukunftsängste. Die Labubus bieten in einer unsicheren Welt eine Möglichkeit, sich eine kleine Freude zu gönnen und dem Alltag für einen Moment zu entfliehen. Auf sie werden Hoffnungen projiziert, und sie bieten positive Ablenkung.
Das Labubu als Coping-Strategie
Kleine Freuden wie der Erwerb eines Labubus befriedigen orale Bedürfnisse. (Orale Bedürfnisse sind nicht nur wörtlich zu verstehen als Hunger; sie stehen für das grundlegende psychologische Bedürfnis nach Fürsorge, Sicherheit und Vertrauen, das in der Kindheit entsteht und wichtige Aspekte der Persönlichkeit und der Beziehungen während des gesamten Lebens beeinflusst.) Die Labubus sind erschwinglich, leicht zugänglich und stiften ein, wenn auch flüchtiges, Glücksgefühl. Das Sammeln der Labubu-Figuren wird zu einer regressiven Gewohnheit, die das Wohlbefinden steigert, zur Suche nach den ‚kleinen Freuden des Alltags‘, die für Ängste und Besorgnisse entschädigen sollen.
Labubus im Kontext der Aufmerksamkeitsökonomie
Beliebtheit & Beliebigkeit: Identitätsstiftung durch Pokémon und Actionfiguren von Disney oder Marvel – der Einfluss von sozialen Medien
Der Einfluss von sozialen Medien wie TikTok auf den Labubu-Trend ist enorm. Influencer präsentieren die Labubus in ihren Videos, das Auspacken der Boxen wird zum Event, und die kleinen Figuren werden zum begehrten Objekt. Durch die hohe Sichtbarkeit in den sozialen Medien verbreitet sich der Hype rasant, und immer mehr Menschen werden auf die Labubus aufmerksam. Die sozialen Medien dienen als Verstärker, der die Beliebtheit der Labubu-Figuren weiter ankurbelt – der digitale Raum als Echokammer der Identitätsfindung.
Die Bedeutung von kurzlebigen Trends in der modernen Gesellschaft
Der Labubu-Hype illustriert perfekt, wie kurzlebige Trends in der Aufmerksamkeitsökonomie funktionieren und warum sie junge Konsumenten magisch anziehen, ohne ihr Bedürfnis nach Neuheit und Zugehörigkeit dauerhaft zu stillen. Hier der Zusammenhang:
1. Sofortige Zugehörigkeit durch Social Media
TikTok als Katalysator: Videos von Unboxings, Customizations oder Sammlerkollektionen schaffen in Sekunden eine scheinbare Gemeinschaft.
Low-Effort-Partizipation: Ein Video posten, ein Kommentar („Ich brauche den!“), ein Like – schon fühlt man sich als Teil des „Labubu-Clans“.
Das befriedigt das Grundbedürfnis nach sozialer Einbindung – schnell, ohne reale soziale „Investition“.
2. Flüchtige Exklusivität als Kick
Limitierte Editionen: Seltene Labubu-Figuren (z. B. „Skull Panda“-Serien) werden zum Statussymbol.
FOMO (Fear Of Missing Out): Der Hype erzeugt Druck, jetzt mitzumachen, bevor der Trend vergeht.
Die flüchtige Exklusivität triggert einen kurzen Rausch von Besonderheit – doch sobald die Masse folgt, verblasst das Exklusivitätsgefühl wieder.
3. Der Teufelskreis der Unersättlichkeit
Schnelle Sättigung: Der Reiz liegt im Neuheitswert. Sobald die Figur da ist, büßt sie ihren Zauber ein („Was kommt als Nächstes?“).
Algorithmen befeuern diesen Hunger: TikTok/Instagram zeigen sofort den nächsten Trend (z. B. Stanley Cups, Squishmallows), der Labubus ersetzt.
Die Aufmerksamkeitsökonomie muss vor allem Flüchtigkeit belohnen, um Platz für immer neue Konsumtrends zu schaffen. Plattformen profitieren davon, dass kein Trend jemals genug ist.
4. Warum stillt es den „Hunger“ nicht?
Oberflächliche Befriedigung: Der Trend gibt emotionale „Snacks“ – keine nachhaltige „Nahrung“ für Identität oder Sinn.
Systematische Enttäuschung: Je mehr Trends konsumiert werden, desto schwerer wird echtes Engagement (z. B. in lokalen Communities).
→ Ergebnis: Ein permanentes Verlangen nach dem nächsten Kick – wie bei einem Dopamin-Kreislauf.
Labubu als Symbol der Trend-Ökonomie
Der Hype wirkt wie ein perfektes Psychodrama für Gen Z:
Kreativitäts-Illusion: Customizations suggerieren Selbstausdruck – doch die Basis bleibt ein Massenprodukt.
Kollektiver Rausch: Gemeinsames Hype-Erleben ersetzt tieferen sozialen Zusammenhalt.
Leere nach dem Kauf: Die Figur wird zum Denkmal vergänglicher Teilhabe – bis der nächste Trend sie überlagert.
Kurz: Labubu ist kein Endpunkt, sondern ein Vehikel – transportiert junge Konsumenten von Trend zu Trend, ohne je anzukommen. Die Magie liegt im Jagen, nicht im Besitzen. Und genau darin liegt das Geschäftsmodell.
Die langfristigen Auswirkungen des Labubu-Hypes und ähnlicher Trends auf die Konsumkultur sind vielfältig. Sie fördern eine Kultur des schnellen Konsums und der Wegwerfmentalität. Marken wie Pop Mart nutzen diese Dynamik geschickt, um immer wieder neue Produkte auf den Markt zu bringen und die Nachfrage aufrechtzuerhalten. Der Labubu-Trend zeigt, wie die Konsumkultur unsere psychologischen Bedürfnisse nach Anerkennung und Zugehörigkeit beeinflusst.
Kriegstüchtigkeit und Labubu – ein merkwürdiges Doppelbild unserer Gegenwart
Es klingt wie ein schlechter Scherz: Während Politiker über „Kriegstüchtigkeit“ sprechen, stehen Menschen in Schlangen für Plastikfigürchen mit schrägen Gesichtern. Militarismus und Spiel, Bedrohung und Albernheit – zwei Diskurse, die auf den ersten Blick nichts verbindet und die doch zur selben Zeit denselben Nerv treffen.
„Kriegstüchtigkeit“ ist ein Wort, das die Schwere der Epoche transportieren bringen soll. Es ruft zu Härte, Disziplin und Ernstfall auf. Am 9. Juli 1944, als die Niederlage der Wehrmacht längst besiegelt war, beschwor, Reichspropagandaminister Joseph Goebbels in der nationalsozialistischen Wochenzeitung Das Reich: „Kriegstüchtig wie nur je“. Es spricht von unsäglicher Gesichtsvergessenheit, dass jetzt Politiker Leitartikel wieder die „Kriegstüchtigkeit“ Deutschlands beschwören und verlangen, alle Kräfte der „Nation“ für den „Sieg“ zu mobilisieren, in der Absicht, die alten Gewissheiten – Frieden, Wohlstand, Sicherheit – als brüchig und überlebt darzustellen.
Der Labubu-Trend hingegen wirkt wie ein Gegenzauber. Die drolligen Monsterchen aus Hongkong sind grotesk und niedlich zugleich. Sie versprechen nichts, lösen keine Probleme, und gerade darin liegt ihr Reiz: ein winziges Lachen gegen die Schwere, eine kindlich-ironische Flucht aus der Logik der Bedrohung.
Die Gleichzeitigkeit ist kein Zufall. Gesellschaften bewegen sich wie ein Pendel: Auf den Ruf nach Wehrhaftigkeit antwortet das Populäre mit Niedlichkeit. Während die einen Panzer zählen, sammeln die anderen schräge Monster im Taschenformat. Beide Reaktionen sind Ausdruck desselben Grundgefühls – des Verlusts von Kontrolle.
Historische Spiegelungen
Neu ist das Muster nicht. Schon während des Ersten Weltkriegs verkauften Spielwarenläden in Europa, neben patriotischen Bleisoldaten, Blechtrommeln und Spielzeuggewehren, massenhaft Teddybären – weiche Gefährten für Kinder, während an der Front 'die Kanonen donnerten'.
In den 1980er Jahren, mitten im Kalten Krieg, schwappte die „Plushie“-Welle über den Westen: My Little Pony, Care Bears, He-Man – farbige Trostspender im Schatten atomarer Bedrohung.
Selbst in der DDR gab es die berühmten „Sandmännchen“-Figuren, die unpolitisch wirken sollten, mitten in einer ideologisch überhitzten Welt.
Das Schema wiederholt sich im Kontrast zwischen öffentlicher Propaganda und privaten Sehnsüchten: Wo das Politische Härte fordert, sucht das Alltägliche nach Kuschelfaktor. Wo große Narrative von Feind und Gefahr dominieren, gedeihen kleine Rituale der Realitätsflucht. (Man sehe sich dazu auch die Schlagerproduktion während des zweiten Weltkriegs in den westlichen Ländern an. Viele dieser sentimentalen Schlager boten akustische Schutzräume– ob staatlich gelenkt oder heimlich geliebt. Sie bewiesen, dass selbst im Krieg das Bedürfnis nach Schönheit, Liebe und Hoffnung unzerstörbar blieb.)
Ein Doppelbild der Gegenwart
Das Bedürfnis nach kleinen Freuden taucht immer auf als Zeichen kollektiver Überlastung. Labubus sind nicht nur eine skurrile Marotte, sondern kulturelle Sedativa. Sie stillen eine Sehnsucht nach Halt, während die politische Sprache uns auf Kampf und Opfer einschwört.
So entsteht ein Doppelbild: Kriegstüchtigkeit und Labubu, Härte und Harmlosigkeit, Strategie und Spiel. Beides gehört zusammen, wenn das Spiel ein Versuch ist, mit einer Welt fertigzuwerden, die uns überfordert.
Fazit: Was der Labubu-Hype über uns verrät
Der Labubu-Hype ist kein oberflächlicher Spielzeugtrend, sondern ein kulturelles Symptom. Er spiegelt das Ringen einer Generation zwischen Kontrolle und Chaos, Zugehörigkeit und Individualität in einer destabilisierten Welt:
Eskapismus 2.0:
Als Miniatur-Anker kompensieren die Figuren reale Ängste (Klima, Kriege, Unsicherheit) durch ironisierte Niedlichkeit. Ihr grotesker Charme entmachtet Bedrohliches – absurder Trost, der nicht verdrängt, sondern persifliert.
Die Illusion der Einzigartigkeit:
Der Hype offenbart das Paradox spätmoderner Identität: Massenware wird zum „unique collectible“. Wir kaufen standardisierte Individualität – ein Beleg für den Hunger nach Besonderheit in globalisierter Uniformität.
Digitaler Stammeszauber:
Social Media verwandeln Sammeln in Low-Effort-Zugehörigkeit. Hashtags ersetzen Werte; limitierte Editionen werden Trophäen einer Ersatzgemeinschaft. Doch der Algorithmus treibt den Kreislauf an: Jeder Trend ist nur ein Dopamin-Boxenstopp auf der Formel-1-Jagd zum nächsten Hype.
Historisches Echo:
Wie kitschige Kriegsschlager bieten Labubus emotionale Rückzugsräume – eben als Plastikfigur. Ihre Gleichzeitigkeit mit Debatten über „Kriegstüchtigkeit“ zeigt: Wo Politik Härte fordert, schafft Popkultur weiche Gegenwelten, als Antworten auf kollektive Angst vor Kontrollverlust.
Generation Z im Dauertest:
Für eine Jugend zwischen Klimapanik und Optimierungsdruck werden die Figuren zur regressiven Coping-Strategie. Sie stillen orale Bedürfnisse nach Sicherheit – greifbar, beherrschbar, aber vergänglich.
Auch dieser Hype wird verblassen, aber das Grundmuster bleibt:
Marketing nutzt Vulnerabilität: Pop Marts Blind-Box-Mechanik (Glücksspiellogik!) monetarisiert systematisch Sehnsüchte.
Echter Halt vs. Mitmach-Trend: Kollektive Sammel-Euphorie ersetzt keine nachhaltige Gemeinschaft.
Konsum als Sprache: Wir müssen lernen, zwischen der Sprache echter Bedürfnisse (Nestwärme, Zugehörigkeit) und kommerziellem Echo zu unterscheiden.
„Labubu ist kein Endpunkt, sondern ein Vehikel“ – von Trend zu Trend, von Kick zu Kick. Die Magie liegt im Jagen, nicht im Besitzen. Und Widerstand beginnt dort, wo wir die Jagd unterbrechen.
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