Minimalism, Clutter Core oder New Maximalism: Der Kampf des Intentional Clutter gegen Minimalist Living auf Instagram

Minimalism, Clutter Core oder New Maximalism: Der Kampf des Intentional Clutter gegen Minimalist Living auf Instagram

Minimalism, Clutter Core oder New Maximalism

Veröffentlicht am:

16.09.2025

a picture of a room with a lot of furniture inside
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DESCRIPTION:

Minimalismus oder New Maximalism? Intentional Clutter als Gegenpol zum Minimalist Home? Egal welcher Interior Design Stil, minimalism, maximalism - immer geht es um Lifestyle für TikTok und Instagram.

New Maximalism statt Minimalismus für Privilegierte: ostentativ üppiger Clutter-Core Krimskams mit Intentional Clutter statt Simple Minimalist Homes

Die visuellen Medien haben, kaum, dass sich Minimalismus und Decluttering als Trends durchgesetzt haben, einen scheinbar gegenläufigen Trend generiert: New Maximalism mit Intentional Clutter.

Worum es geht:

·         wie dieser Trend auf Instagram und anderen Plattformen inszeniert wird,

·         welche psychologischen und gesellschaftlichen Aspekte damit verbunden sind, und

·         die Verbindung zwischen diesem opulenten Wohnstil und dem Konzept des Privilegs.

Was ist Intentional Clutter?

Definition und Konzepte

Cluttercore

„Cluttercore“ sagte als erster dem Minimalismus ebenso den Kampf an und feierte eine überbordende, individuelle Einrichtung – „chaotisch‑gute Ästhetik“, bei der Räume mit Krimskrams vollgestopft werden. Wichtig ist, „eine MENGE an Dingen zu besitzen und stolz zu präsentieren. Keine leeren Wände und schlichten Oberflächen mehr; die Bewegung wollte hingegen „eklektisch und bedeutungsvoll“ sein. Den kaum erkennbaren Unterschied zum Hoarding definierte Cluttercore als das gezielte Arrangieren von Objekten, um eine gemütliche Atmosphäre zu schaffen: „Es ist ein Lifestyle‑Vibe … man kuratiert und stellt eine Vielzahl persönlicher Gegenstände aus“, und die Räume werden in Schichten gebaut – mit Büchern, Kunstwerken, Erinnerungsstücken – „um eine Geschichte zu erzählen“. Ein weiteres Merkmal sollte der Fokus auf Personalisierung und emotionalen Wert sein, statt auf reine Ästhetik: Cluttercore unterscheidet sich von Maximalismus durch das Augenmerk auf persönliche Sammlungen und sentimentale Gegenstände. Typische Merkmale sind Schichten von Objekten, eklektische Sammlungen, gemütliche Beleuchtung und eine warme, einladende Atmosphäre.

New Maximalism (Neuer Maximalismus)

Der „neue Maximalismus“ ist eine Weiterentwicklung des klassischen Maximalismus. Während der traditionelle Ansatz einfach überladen war, will die 2025‑Version eine "kuratierte Form des: Mehr ist mehr“ sein. Seine Designer setzen auf kräftige Farben, Muster und dramatische Details, aber behaupten aber zugleich auf Eleganz und Raumwirkung zu achten. Ein Artikel über die Einrichtungstrends 2025 betont, dass Maximalismus zurückkehrt: dramatische Innenräume mit mutigen Farben und flächigem Farbdurchzug als Mittelpunkt. Die Philosophie soll eine Reaktion auf Minimalismus sein: „Maximalismus ist ein ästhetischer Gegenentwurf … " Also mehr von allem: Farbe, Deko und Abfeiern auf Komplexität.

Intentional Clutter (Absichtliches Durcheinander)

Der Trend „intentional clutter“ wurde von ELLE Decor als „neuer Maximalismus“ beschrieben. Er entstand aus der Rückbesinnung auf ein bewohntes, persönliches Zuhause und gilt 2025 als besonders angesagt. Das Prinzip: Man verabschiedet sich von steril aufgeräumten Räumen des Minimalismus und präsentiert geliebte Objekte in üppig gestalteten Arrangements. Laut dem Artikel soll es aber nicht um Unordnung gehen, sondern um „Kuration von Lieblingsstücken, um eine bewohnte Ästhetik zu schaffen, die zeigt, wer Sie sind“: mit Büchern, Erinnerungen, Kunst und Fundstücken, oft inspiriert durch TikTok‑Trends. Wichtig sei die persönliche Note: Souvenirs und Flohmarktfunde mit leeren Flächen bleiben als Ruhepunkte.

Diese drei Begriffe zeigen unterschiedliche Facetten der Rückkehr zur Fülle: Der „neue Maximalismus“ bringt Eleganz und Struktur in das „Mehr‑ist‑mehr“, „intentional clutter“ kuratiert persönliche Stücke für einen bewohnten Look, und „cluttercore“ feiert lautstark das bunte Sammelsurium als Ausdruck der eigenen Persönlichkeit.

Grundidee: Kampf dem traditionellem Minimalismus

Man schätzt den Überflusse. Wo der Minimalismus Eliten Decluttering und das Aussortieren verordnet, feiert Intentional Clutter die Anhäufung und das Sammeln. Ein minimalistisches Home zeichnet sich durch tugendhaften Verzicht, leere Flächen und wenige Dekorationen aus, während ein Zuhause im Stil des Intentional Clutter mit Farben, Mustern und einer Vielzahl von Objekten prahlt. Während der Minimalismus Abgehobenheit als ein einfacher, Lifestyle zelebriert, feiert Intentional Clutter offen den Konsumismus, im Erwerb und der Präsentation von Gegenständen liegt. Die minimalistische Ästhetik will Verzicht und mentale Klarheit suggerieren, wohingegen Intentional Clutter in visuellen Reize schwelgt.

Aber egal welche Spielart: Krimskrams wird zur Religion – im Maximalism durch Fülle, im Minimalism durch Verzeicht. Im Zentrum des New Maximalism stehen der "lebendige Raum", "seine Geschichten", Spuren und Erinnerungen. Dinge sollen gar nicht funktional sein, sondern hauptsächliich erzählen: über Reisen, Begegnungen, Werte oder die eigene Entwicklung, und, unvermeidlich, auch vom eigenen Wohlstand. Dadurch entsteht ein Sammelsurium, das behauptet, nicht wahllos, sondern mit Bedacht ausgewählt und arrangiert zu sein.

Charakteristische Elemente

Sammelwut: Bücher, Kunstwerke, Keramiken, Pflanzen, Erinnerungsstücke oder Flohmarktfunde werden angeblich gezielt kombiniert.

Gepflegtes Durcheinander: Unterschiedliche Stile, Farben und Materialien nebeneinander sollen Spannung erzeugen.

Individuelle Handschrift: Der Raum wird Ausdruck der Persönlichkeit – zwar immer noch nur ein Wohnkatalog, aber verkleidet als biografische Collage.

Sinnliche Überfülle: Texturen, Muster und Objekte sollen Wärme, Intimität und einen gepflegt unperfekten Charakter schaffen.

Wichtig ist, dass es sich nicht einfach um ungeplantes Durcheinander oder Nachlässigkeit handelt, wie bei "Geringverdienern". Intentional Clutter pflegt soziale Abgrenzung nach unten als "bewusstes Design", das für teures Geld Fülle arrangiert, Farben werden abgestimmt, Kontraste gezielt gesetzt. Es ist ein gestaltetes Chaos, das Nähe und Authentizität vortäuscht, nur eben an der Grenze zu Überforderung oder Reizüberflutung.

Wohnzimmer: Regale voller Bücher, kombiniert mit Kunstwerken, Pflanzen und persönlichen Fotos und Schnickschnak.

Küche: Offen sichtbare Gewürze, Geschirr, alte und neue Utensilien, die "Geschichten erzählen".

Arbeitsräume: Sammlungen von Krempel, die "inspirieren" – von Skizzen bis zu Fundstücken.

Intentional Clutter will nicht nur dekorieren, sondern eine Atmosphäre schaffen, in der sich Menschen zu Hause fühlen können – umgeben von Dingen, die Bedeutung tragen, Wärme erzeugen und die Einzigartigkeit des Individuums unterstreichen. Man macht ja nicht nicht selbst sauber.

Intentional Clutter: Barocke Fülle als Privileg

Trend oder Statussymbol?

Schon während des Pandemie-Lockdowns avancierte „Cluttercore“ zum heimlichen Gegenpol des Minimalismus: „Chuck out your decluttering manuals“, schrieb damals The Guardian – in Zeiten des erzwungenen Rückzugs sei das Durcheinander staubig und triumphal zurückgekehrt. Parallel dazu krönte dieselbe Zeitung das sogenannte Bookshelf Wealth zur ersten großen Designströmung 2024: ein Zuhause voller sorgfältig kuratierter Bücher, nicht zum Lesen, sondern als Einrichtungsvariante der Modeerscheinung „quiet luxury“. Bücher dienen hier nur dazu, „eine bestimmte Art gebildeter Klasse zu kommunizieren“.

Dieser Trend ist nicht neu. Die künstlichen Buchrücken, die zur Zierde und als Statussymbol aufgestellt wurden, nannte man früher Attrappenbuchrücken, im Englischen meist als "dummy books" oder "faux book spines" bezeichnet. Der Trend, auf diese Weise Bildung und Wohlstand vorzutäuschen, kam vom 18. bis ins frühe 20. Jahrhundert in Mode und war vor allem im Biedermeier sowie im Historismus populär – in Bibliotheken, Salons und repräsentativen Wohnzimmern wohlhabender Bürger und des Adels. Ihr Einsatz dientte, wie in der Gegenwart, ganz dem Wunsch nach gesellschaftlicher Repräsentation. Das Bücherregal sollte Bildung und Reichtum suggerieren, obwohl tatsächlich wenig oder keine Bücher vorhanden waren. Manchmal dienten diese Attrappen allerdings auch als Verkleidung von Türen oder Geheimfächern, getarnt als Bücherwand.

Daran hat sich bis heute nichts geändert: Es geht um Bildungsbürgertum und Selbstdarstellung gesellschaftlicher Relevanz – Überfluss als Inszenierung. Wer seine Bücherwände, Kunstsammlungen und Flohmarktfunde zur Schau stellt, signalisiert nicht nur Geschmack, sondern auch Zeit und Kapital, diese Fülle überhaupt ansammeln zu können. Wie The Guardian während der Pandemie anmerkte, deuten prall gefüllte Regale auf einen Lebensstil, „in dem man nicht wegen einer Mieterhöhung vor die Tür gesetzt wird“ – sie verkörpern Permanenz und Wohlstand.

Sammelwütige Eliten und die Ironie des Cluttercore

„Cluttercore“ feiert also Chaos mit Absicht, während die Selbstdarstellung der Sammlern einer elitären Logik folgt. Man hebt nicht einfach auf, was "noch gut ist" und was man vielleicht später mal gebrauchen kann. Alte Globen, Keramikvasen und nach Farbe sortierte Bücher sollen Persönlichkeit demonstrieren, und sind gleichzeitig Distinktionsmerkmale. Die Ironie: Genau wie beim Minimalismus wird eine Lebenshaltung zum Lifestyle vermarktet. Im Falle des Cluttercore verkauft der Markt passende Möbelprogramme, Influencer stellen „Kurationslisten“ zusammen, und ausgerechnet professionelle Aufräum-Coaches geben Tipps zum stilvollen Durcheinander. Was als Befreiung vom Zwang zur Ordnung startete, wird zur nächsten ästhetischen Norm.

Psychologische Mechanismen und soziale Medien

Überfluss und Verzicht sind gleichermaßen nur dort möglich, wo ausreichend Mittel vorhanden sind. Beide Extreme nutzen psychologische Bedürfnisse aus. Minimalismus adressiert die Sehnsucht nach Kontrolle in einer überladenen Welt, und überblendet damit soziale Realität der Mehrheiten. Cluttercore appelliert an Nostalgie und Individualität und spielt mit dem Status‑Signal alter Bücher und seltener Objekte. In sozialen Medien werden beide Stile zur Bühne: Minimalistische Feeds mit drei Designer-Vasen setzen ebenso unter Druck wie Fotos von „organisiertem Chaos“, die das richtige Maß an Überfülle propagieren

Einerseits kann eine bewusst gestaltete, lebendige Umgebung das Gefühl von Geborgenheit und Individualität stärken. Die Anwesenheit von persönlichen Gegenständen und Erinnerungsstücken kann positive Emotionen hervorrufen und ein Gefühl der Verbundenheit mit der eigenen Geschichte erzeugen. Andererseits kann ein Übermaß an Objekten auch zu Reizüberflutung und Stress führen. Die Kunst soll darin liegen, ein Gleichgewicht zu finden und den Clutter so zu gestalten, dass er als angenehm und inspirierend empfunden werde und nicht als chaotisch und erdrückend. Auf Instagram und TikTok werden entsprechend idealisierte Versionen von Intentional Clutter präsentiert, die selten die Realität widerspiegeln. Die photographed homes sind sorgfältig inszeniert und perfekt arrangiert, als Lifestyle, der für eine privilegierte Gruppe von Menschen erreichbar ist.

Emotionale Bindung zu Objekten

Einer der wichtigsten emotionalen Wurzeln von Intentional Clutter liegt in der Bindung, die Menschen zur Symbolik von Objekten entwickeln. Im Gegensatz zum minimalistischen Lifestyle, der auf Reduktion und Funktionalität setzt, erlaubt Intentional Clutter das Sammeln und Ausstellen von Gegenständen, die persönliche Geschichten erzählen und Erinnerungen wachrufen, oder wenigstens so tun, wenn sie der Interior Designer angeschafft hat – Fotos, Souvenirs, Kunstwerke oder einfach nur Dinge, die vorgeben, eine besondere Bedeutung zu haben.

Räumliche Gestaltung und persönliche Ausdrucksformen

Intentional Clutter schafft Wohnräume, die lebendig, dynamisch und voller Charakter zu sein vorgeben. Möbel, Kunstwerke und Dekorationsgegenstände werden bewusst ausgewählt und arrangiert, um eine bestimmte Atmosphäre zu schaffen und die persönlichen Vorlieben der Bewohner widerzuspiegeln. Intentional Clutter nutzt die eigenen vier Wände als eine Art Schaufenster für echte oder nur vorgebliche Kreativität.

Die Rolle von Instagram in der neuen Maximalismus-Bewegung

Auf Instagram und TikTok präsentieren darum Menschen ihre Sammlungen und teilen die – mehr oder minder wahren – Geschichten dahinter. Die sozialen Medien feiern in gelungenen Interior- Design-Konzepten den Konsumismus.

Visuelle Darstellung von Intentional Clutter

Besonders Instagram spielt eine zentrale Rolle bei der Popularisierung von Intentional Clutter. Die Plattform bietet eine Bühne für die visuelle Darstellung der üppigen, farbenfrohen und detailreichen Interieurs. Durch hochauflösende Fotos und Videos werden diese Wohnräume idealisiert und als erstrebenswert präsentiert. Der Fokus liegt auf der Ästhetik und der Inszenierung von Objekten, wobei oft der Eindruck erweckt wird, dass Intentional Clutter ein perfektes und harmonisches Chaos ist. Diese Darstellungen können den Betrachter inspirieren, aber auch unrealistische Erwartungen wecken. Viele der fotografierten Homes sind sorgfältig arrangiert und zeigen nicht die alltäglichen Herausforderungen, die mit einem solchen Lifestyle verbunden sein können. Die Grenzen zwischen authentischer Darstellung und inszenierter Perfektion verschwimmen oft, was den Eindruck erwecken kann, dass Intentional Clutter nur durch Konsumismus und den Erwerb von immer neuen Objekten erreichbar ist, entgegen dem minimalistischen Lifestyle, den viele als gesünder wahrnehmen.

Einfluss von Influencern auf Wohntrends

Influencer gewinnen so einen erheblichen Einfluss auf Wohntrends, insbesondere auf Instagram und TikTok. Sie präsentieren Intentional Clutter als einen Ausdruck von Persönlichkeit und Individualität, der durch die Anhäufung von Objekten und das Mischen von Stilen erreicht wird. Durch ihre Reichweite und Glaubwürdigkeit setzten sie Trends und regen zum Konsum an. Viele Follower orientieren sich an den von Influencern präsentierten Interieurs und versuchen, sie in ihren eigenen Homes nachzuahmen. Dabei wird oft vergessen, dass hinter den perfekten Bildern und Videos oft ein hoher Aufwand und eine sorgfältige Planung stecken. Zudem kann der Fokus auf äußere Erscheinung und die Anhäufung von Besitztümern negative Auswirkungen auf die mentale Health haben. Die Betonung auf der Ästhetik kann dazu führen, dass der eigentliche Zweck des Wohnraums, nämlich ein Ort der Entspannung und des Wohlbefindens zu sein, in den Hintergrund gerät und der vermeintlich clutter-kostenlose Minimalismus attraktiver macht.

Hashtags und die Community rund um maximalistische Ästhetik

Hashtags spielen die entscheidende Rolle bei der Vernetzung von Menschen, die sich für maximalistische Ästhetik interessieren. Hashtags wie intentionalclutter, maximalism, moreismore und eclectichome dienen als Suchbegriffe und ermöglichen es Nutzern, inspirierende Inhalte zu entdecken und sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Durch diese Hashtags entsteht eine Community, in der Menschen ihre eigenen Interpretationen von Intentional Clutter präsentieren, sich gegenseitig inspirieren und Feedback geben. Die Community bietet eine Plattform für den Austausch von Ideen, Tipps und Tricks zur Gestaltung von Wohnräumen im maximalistischen Stil. Allerdings kann der Fokus auf die visuelle Darstellung und die Perfektionierung des eigenen Interieurs auch zu einem Wettbewerb um die meisten Likes und Follower führen, was den Druck steigert, immer neue und spektakulärere Inhalte zu produzieren, die mehr 'clutter' beinhalten.

Neoliberale Falle: Konsumkritik als Geschäftsmodell

Sowohl Minimalismus als auch Intentional Clutter sind eine Ware. Die vermeintliche Konsumkritik des Minimalismus wird durch Online-Kurse, Apps und perfekt inszenierte „Declutter‑Challenges“ monetarisiert. Umgekehrt bedient Cluttercore das Bedürfnis nach Fülle mit kuratierten Dekorartikeln, Lesehaufen und „bibliophilen“ Möbeln. Die „Bookshelf Wealth“-Ästhetik zeigt, wie selbst Bücher zu Markenartikeln der Arriviertheit entarten – ein Gegenstück zu „quiet luxury“, bei dem die richtige Auswahl an Gegenständen sozialen Aufstieg suggerieren soll.

Die Zunahme von Intentional Clutter und Maximalism hat auch gesellschaftliche Dimensionen. Nur iIn einer Welt, die oft von Konsumismus und dem Streben nach mehr geprägt ist, kann Intentional Clutter als Ausdruck von Individualität und Selbstverwirklichung gesehen werden. Gleichzeitig wirft der Trend Fragen nach Nachhaltigkeit und dem Umgang mit Ressourcen auf.

Fazit: Jenseits der Extreme

Intentional Clutter kann Räume lebendig machen, Minimalismus kann Befreiung schaffen – beide Ansätze zeigen jedoch ihr elitär-komisches Gesicht, wenn man mit Abstand darauf blickt. Die barocke Fülle der sammelwütigen Eliten ist genauso ein Wohlstandsphänomen wie der asketische Verzicht der Selbstoptimierer.

Sinnvoller als die nächste Trendbewegung wäre ein individueller Mittelweg: Welche Dinge bereichern mein Leben wirklich? Welche Sammlungen geben mir Sinn, und wo wird Fülle zur Statusshow? Wo wird Verzicht zur Befreiung, und wo zur Pose? Erst die Reflexion über diese Fragen ermöglicht Räume, die authentisch und nicht nur zeitgeistig sind.

Der Weg zu einem bewussteren Lebensstil

Unabhängig davon, ob man sich für Minimalismus oder Intentional Clutter entscheidet, ist es wichtig, einen bewusst zu leben. Das bedeutet, sich Gedanken darüber zu machen, welche Werte und Prioritäten man im Leben hat und wie man diese in seinem Wohnraum und seinem Konsumverhalten abbilden möchte.

Ein bewusster Lebensstil beinhaltet auch, sich von den idealisierten Darstellungen auf Instagram und TikTok zu distanzieren und seinen eigenen Weg zu finden. Ein wohnliches Zuhause zist authentisch und steigert das eigene Wohlbefinden, nicht das soziale Ansehen.


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Die Addiction Economy: psychologische und soziale Auswirkungen

DESCRIPTION:

Minimalismus oder New Maximalism? Intentional Clutter als Gegenpol zum Minimalist Home? Egal welcher Interior Design Stil, minimalism, maximalism - immer geht es um Lifestyle für TikTok und Instagram.

New Maximalism statt Minimalismus für Privilegierte: ostentativ üppiger Clutter-Core Krimskams mit Intentional Clutter statt Simple Minimalist Homes

Die visuellen Medien haben, kaum, dass sich Minimalismus und Decluttering als Trends durchgesetzt haben, einen scheinbar gegenläufigen Trend generiert: New Maximalism mit Intentional Clutter.

Worum es geht:

·         wie dieser Trend auf Instagram und anderen Plattformen inszeniert wird,

·         welche psychologischen und gesellschaftlichen Aspekte damit verbunden sind, und

·         die Verbindung zwischen diesem opulenten Wohnstil und dem Konzept des Privilegs.

Was ist Intentional Clutter?

Definition und Konzepte

Cluttercore

„Cluttercore“ sagte als erster dem Minimalismus ebenso den Kampf an und feierte eine überbordende, individuelle Einrichtung – „chaotisch‑gute Ästhetik“, bei der Räume mit Krimskrams vollgestopft werden. Wichtig ist, „eine MENGE an Dingen zu besitzen und stolz zu präsentieren. Keine leeren Wände und schlichten Oberflächen mehr; die Bewegung wollte hingegen „eklektisch und bedeutungsvoll“ sein. Den kaum erkennbaren Unterschied zum Hoarding definierte Cluttercore als das gezielte Arrangieren von Objekten, um eine gemütliche Atmosphäre zu schaffen: „Es ist ein Lifestyle‑Vibe … man kuratiert und stellt eine Vielzahl persönlicher Gegenstände aus“, und die Räume werden in Schichten gebaut – mit Büchern, Kunstwerken, Erinnerungsstücken – „um eine Geschichte zu erzählen“. Ein weiteres Merkmal sollte der Fokus auf Personalisierung und emotionalen Wert sein, statt auf reine Ästhetik: Cluttercore unterscheidet sich von Maximalismus durch das Augenmerk auf persönliche Sammlungen und sentimentale Gegenstände. Typische Merkmale sind Schichten von Objekten, eklektische Sammlungen, gemütliche Beleuchtung und eine warme, einladende Atmosphäre.

New Maximalism (Neuer Maximalismus)

Der „neue Maximalismus“ ist eine Weiterentwicklung des klassischen Maximalismus. Während der traditionelle Ansatz einfach überladen war, will die 2025‑Version eine "kuratierte Form des: Mehr ist mehr“ sein. Seine Designer setzen auf kräftige Farben, Muster und dramatische Details, aber behaupten aber zugleich auf Eleganz und Raumwirkung zu achten. Ein Artikel über die Einrichtungstrends 2025 betont, dass Maximalismus zurückkehrt: dramatische Innenräume mit mutigen Farben und flächigem Farbdurchzug als Mittelpunkt. Die Philosophie soll eine Reaktion auf Minimalismus sein: „Maximalismus ist ein ästhetischer Gegenentwurf … " Also mehr von allem: Farbe, Deko und Abfeiern auf Komplexität.

Intentional Clutter (Absichtliches Durcheinander)

Der Trend „intentional clutter“ wurde von ELLE Decor als „neuer Maximalismus“ beschrieben. Er entstand aus der Rückbesinnung auf ein bewohntes, persönliches Zuhause und gilt 2025 als besonders angesagt. Das Prinzip: Man verabschiedet sich von steril aufgeräumten Räumen des Minimalismus und präsentiert geliebte Objekte in üppig gestalteten Arrangements. Laut dem Artikel soll es aber nicht um Unordnung gehen, sondern um „Kuration von Lieblingsstücken, um eine bewohnte Ästhetik zu schaffen, die zeigt, wer Sie sind“: mit Büchern, Erinnerungen, Kunst und Fundstücken, oft inspiriert durch TikTok‑Trends. Wichtig sei die persönliche Note: Souvenirs und Flohmarktfunde mit leeren Flächen bleiben als Ruhepunkte.

Diese drei Begriffe zeigen unterschiedliche Facetten der Rückkehr zur Fülle: Der „neue Maximalismus“ bringt Eleganz und Struktur in das „Mehr‑ist‑mehr“, „intentional clutter“ kuratiert persönliche Stücke für einen bewohnten Look, und „cluttercore“ feiert lautstark das bunte Sammelsurium als Ausdruck der eigenen Persönlichkeit.

Grundidee: Kampf dem traditionellem Minimalismus

Man schätzt den Überflusse. Wo der Minimalismus Eliten Decluttering und das Aussortieren verordnet, feiert Intentional Clutter die Anhäufung und das Sammeln. Ein minimalistisches Home zeichnet sich durch tugendhaften Verzicht, leere Flächen und wenige Dekorationen aus, während ein Zuhause im Stil des Intentional Clutter mit Farben, Mustern und einer Vielzahl von Objekten prahlt. Während der Minimalismus Abgehobenheit als ein einfacher, Lifestyle zelebriert, feiert Intentional Clutter offen den Konsumismus, im Erwerb und der Präsentation von Gegenständen liegt. Die minimalistische Ästhetik will Verzicht und mentale Klarheit suggerieren, wohingegen Intentional Clutter in visuellen Reize schwelgt.

Aber egal welche Spielart: Krimskrams wird zur Religion – im Maximalism durch Fülle, im Minimalism durch Verzeicht. Im Zentrum des New Maximalism stehen der "lebendige Raum", "seine Geschichten", Spuren und Erinnerungen. Dinge sollen gar nicht funktional sein, sondern hauptsächliich erzählen: über Reisen, Begegnungen, Werte oder die eigene Entwicklung, und, unvermeidlich, auch vom eigenen Wohlstand. Dadurch entsteht ein Sammelsurium, das behauptet, nicht wahllos, sondern mit Bedacht ausgewählt und arrangiert zu sein.

Charakteristische Elemente

Sammelwut: Bücher, Kunstwerke, Keramiken, Pflanzen, Erinnerungsstücke oder Flohmarktfunde werden angeblich gezielt kombiniert.

Gepflegtes Durcheinander: Unterschiedliche Stile, Farben und Materialien nebeneinander sollen Spannung erzeugen.

Individuelle Handschrift: Der Raum wird Ausdruck der Persönlichkeit – zwar immer noch nur ein Wohnkatalog, aber verkleidet als biografische Collage.

Sinnliche Überfülle: Texturen, Muster und Objekte sollen Wärme, Intimität und einen gepflegt unperfekten Charakter schaffen.

Wichtig ist, dass es sich nicht einfach um ungeplantes Durcheinander oder Nachlässigkeit handelt, wie bei "Geringverdienern". Intentional Clutter pflegt soziale Abgrenzung nach unten als "bewusstes Design", das für teures Geld Fülle arrangiert, Farben werden abgestimmt, Kontraste gezielt gesetzt. Es ist ein gestaltetes Chaos, das Nähe und Authentizität vortäuscht, nur eben an der Grenze zu Überforderung oder Reizüberflutung.

Wohnzimmer: Regale voller Bücher, kombiniert mit Kunstwerken, Pflanzen und persönlichen Fotos und Schnickschnak.

Küche: Offen sichtbare Gewürze, Geschirr, alte und neue Utensilien, die "Geschichten erzählen".

Arbeitsräume: Sammlungen von Krempel, die "inspirieren" – von Skizzen bis zu Fundstücken.

Intentional Clutter will nicht nur dekorieren, sondern eine Atmosphäre schaffen, in der sich Menschen zu Hause fühlen können – umgeben von Dingen, die Bedeutung tragen, Wärme erzeugen und die Einzigartigkeit des Individuums unterstreichen. Man macht ja nicht nicht selbst sauber.

Intentional Clutter: Barocke Fülle als Privileg

Trend oder Statussymbol?

Schon während des Pandemie-Lockdowns avancierte „Cluttercore“ zum heimlichen Gegenpol des Minimalismus: „Chuck out your decluttering manuals“, schrieb damals The Guardian – in Zeiten des erzwungenen Rückzugs sei das Durcheinander staubig und triumphal zurückgekehrt. Parallel dazu krönte dieselbe Zeitung das sogenannte Bookshelf Wealth zur ersten großen Designströmung 2024: ein Zuhause voller sorgfältig kuratierter Bücher, nicht zum Lesen, sondern als Einrichtungsvariante der Modeerscheinung „quiet luxury“. Bücher dienen hier nur dazu, „eine bestimmte Art gebildeter Klasse zu kommunizieren“.

Dieser Trend ist nicht neu. Die künstlichen Buchrücken, die zur Zierde und als Statussymbol aufgestellt wurden, nannte man früher Attrappenbuchrücken, im Englischen meist als "dummy books" oder "faux book spines" bezeichnet. Der Trend, auf diese Weise Bildung und Wohlstand vorzutäuschen, kam vom 18. bis ins frühe 20. Jahrhundert in Mode und war vor allem im Biedermeier sowie im Historismus populär – in Bibliotheken, Salons und repräsentativen Wohnzimmern wohlhabender Bürger und des Adels. Ihr Einsatz dientte, wie in der Gegenwart, ganz dem Wunsch nach gesellschaftlicher Repräsentation. Das Bücherregal sollte Bildung und Reichtum suggerieren, obwohl tatsächlich wenig oder keine Bücher vorhanden waren. Manchmal dienten diese Attrappen allerdings auch als Verkleidung von Türen oder Geheimfächern, getarnt als Bücherwand.

Daran hat sich bis heute nichts geändert: Es geht um Bildungsbürgertum und Selbstdarstellung gesellschaftlicher Relevanz – Überfluss als Inszenierung. Wer seine Bücherwände, Kunstsammlungen und Flohmarktfunde zur Schau stellt, signalisiert nicht nur Geschmack, sondern auch Zeit und Kapital, diese Fülle überhaupt ansammeln zu können. Wie The Guardian während der Pandemie anmerkte, deuten prall gefüllte Regale auf einen Lebensstil, „in dem man nicht wegen einer Mieterhöhung vor die Tür gesetzt wird“ – sie verkörpern Permanenz und Wohlstand.

Sammelwütige Eliten und die Ironie des Cluttercore

„Cluttercore“ feiert also Chaos mit Absicht, während die Selbstdarstellung der Sammlern einer elitären Logik folgt. Man hebt nicht einfach auf, was "noch gut ist" und was man vielleicht später mal gebrauchen kann. Alte Globen, Keramikvasen und nach Farbe sortierte Bücher sollen Persönlichkeit demonstrieren, und sind gleichzeitig Distinktionsmerkmale. Die Ironie: Genau wie beim Minimalismus wird eine Lebenshaltung zum Lifestyle vermarktet. Im Falle des Cluttercore verkauft der Markt passende Möbelprogramme, Influencer stellen „Kurationslisten“ zusammen, und ausgerechnet professionelle Aufräum-Coaches geben Tipps zum stilvollen Durcheinander. Was als Befreiung vom Zwang zur Ordnung startete, wird zur nächsten ästhetischen Norm.

Psychologische Mechanismen und soziale Medien

Überfluss und Verzicht sind gleichermaßen nur dort möglich, wo ausreichend Mittel vorhanden sind. Beide Extreme nutzen psychologische Bedürfnisse aus. Minimalismus adressiert die Sehnsucht nach Kontrolle in einer überladenen Welt, und überblendet damit soziale Realität der Mehrheiten. Cluttercore appelliert an Nostalgie und Individualität und spielt mit dem Status‑Signal alter Bücher und seltener Objekte. In sozialen Medien werden beide Stile zur Bühne: Minimalistische Feeds mit drei Designer-Vasen setzen ebenso unter Druck wie Fotos von „organisiertem Chaos“, die das richtige Maß an Überfülle propagieren

Einerseits kann eine bewusst gestaltete, lebendige Umgebung das Gefühl von Geborgenheit und Individualität stärken. Die Anwesenheit von persönlichen Gegenständen und Erinnerungsstücken kann positive Emotionen hervorrufen und ein Gefühl der Verbundenheit mit der eigenen Geschichte erzeugen. Andererseits kann ein Übermaß an Objekten auch zu Reizüberflutung und Stress führen. Die Kunst soll darin liegen, ein Gleichgewicht zu finden und den Clutter so zu gestalten, dass er als angenehm und inspirierend empfunden werde und nicht als chaotisch und erdrückend. Auf Instagram und TikTok werden entsprechend idealisierte Versionen von Intentional Clutter präsentiert, die selten die Realität widerspiegeln. Die photographed homes sind sorgfältig inszeniert und perfekt arrangiert, als Lifestyle, der für eine privilegierte Gruppe von Menschen erreichbar ist.

Emotionale Bindung zu Objekten

Einer der wichtigsten emotionalen Wurzeln von Intentional Clutter liegt in der Bindung, die Menschen zur Symbolik von Objekten entwickeln. Im Gegensatz zum minimalistischen Lifestyle, der auf Reduktion und Funktionalität setzt, erlaubt Intentional Clutter das Sammeln und Ausstellen von Gegenständen, die persönliche Geschichten erzählen und Erinnerungen wachrufen, oder wenigstens so tun, wenn sie der Interior Designer angeschafft hat – Fotos, Souvenirs, Kunstwerke oder einfach nur Dinge, die vorgeben, eine besondere Bedeutung zu haben.

Räumliche Gestaltung und persönliche Ausdrucksformen

Intentional Clutter schafft Wohnräume, die lebendig, dynamisch und voller Charakter zu sein vorgeben. Möbel, Kunstwerke und Dekorationsgegenstände werden bewusst ausgewählt und arrangiert, um eine bestimmte Atmosphäre zu schaffen und die persönlichen Vorlieben der Bewohner widerzuspiegeln. Intentional Clutter nutzt die eigenen vier Wände als eine Art Schaufenster für echte oder nur vorgebliche Kreativität.

Die Rolle von Instagram in der neuen Maximalismus-Bewegung

Auf Instagram und TikTok präsentieren darum Menschen ihre Sammlungen und teilen die – mehr oder minder wahren – Geschichten dahinter. Die sozialen Medien feiern in gelungenen Interior- Design-Konzepten den Konsumismus.

Visuelle Darstellung von Intentional Clutter

Besonders Instagram spielt eine zentrale Rolle bei der Popularisierung von Intentional Clutter. Die Plattform bietet eine Bühne für die visuelle Darstellung der üppigen, farbenfrohen und detailreichen Interieurs. Durch hochauflösende Fotos und Videos werden diese Wohnräume idealisiert und als erstrebenswert präsentiert. Der Fokus liegt auf der Ästhetik und der Inszenierung von Objekten, wobei oft der Eindruck erweckt wird, dass Intentional Clutter ein perfektes und harmonisches Chaos ist. Diese Darstellungen können den Betrachter inspirieren, aber auch unrealistische Erwartungen wecken. Viele der fotografierten Homes sind sorgfältig arrangiert und zeigen nicht die alltäglichen Herausforderungen, die mit einem solchen Lifestyle verbunden sein können. Die Grenzen zwischen authentischer Darstellung und inszenierter Perfektion verschwimmen oft, was den Eindruck erwecken kann, dass Intentional Clutter nur durch Konsumismus und den Erwerb von immer neuen Objekten erreichbar ist, entgegen dem minimalistischen Lifestyle, den viele als gesünder wahrnehmen.

Einfluss von Influencern auf Wohntrends

Influencer gewinnen so einen erheblichen Einfluss auf Wohntrends, insbesondere auf Instagram und TikTok. Sie präsentieren Intentional Clutter als einen Ausdruck von Persönlichkeit und Individualität, der durch die Anhäufung von Objekten und das Mischen von Stilen erreicht wird. Durch ihre Reichweite und Glaubwürdigkeit setzten sie Trends und regen zum Konsum an. Viele Follower orientieren sich an den von Influencern präsentierten Interieurs und versuchen, sie in ihren eigenen Homes nachzuahmen. Dabei wird oft vergessen, dass hinter den perfekten Bildern und Videos oft ein hoher Aufwand und eine sorgfältige Planung stecken. Zudem kann der Fokus auf äußere Erscheinung und die Anhäufung von Besitztümern negative Auswirkungen auf die mentale Health haben. Die Betonung auf der Ästhetik kann dazu führen, dass der eigentliche Zweck des Wohnraums, nämlich ein Ort der Entspannung und des Wohlbefindens zu sein, in den Hintergrund gerät und der vermeintlich clutter-kostenlose Minimalismus attraktiver macht.

Hashtags und die Community rund um maximalistische Ästhetik

Hashtags spielen die entscheidende Rolle bei der Vernetzung von Menschen, die sich für maximalistische Ästhetik interessieren. Hashtags wie intentionalclutter, maximalism, moreismore und eclectichome dienen als Suchbegriffe und ermöglichen es Nutzern, inspirierende Inhalte zu entdecken und sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Durch diese Hashtags entsteht eine Community, in der Menschen ihre eigenen Interpretationen von Intentional Clutter präsentieren, sich gegenseitig inspirieren und Feedback geben. Die Community bietet eine Plattform für den Austausch von Ideen, Tipps und Tricks zur Gestaltung von Wohnräumen im maximalistischen Stil. Allerdings kann der Fokus auf die visuelle Darstellung und die Perfektionierung des eigenen Interieurs auch zu einem Wettbewerb um die meisten Likes und Follower führen, was den Druck steigert, immer neue und spektakulärere Inhalte zu produzieren, die mehr 'clutter' beinhalten.

Neoliberale Falle: Konsumkritik als Geschäftsmodell

Sowohl Minimalismus als auch Intentional Clutter sind eine Ware. Die vermeintliche Konsumkritik des Minimalismus wird durch Online-Kurse, Apps und perfekt inszenierte „Declutter‑Challenges“ monetarisiert. Umgekehrt bedient Cluttercore das Bedürfnis nach Fülle mit kuratierten Dekorartikeln, Lesehaufen und „bibliophilen“ Möbeln. Die „Bookshelf Wealth“-Ästhetik zeigt, wie selbst Bücher zu Markenartikeln der Arriviertheit entarten – ein Gegenstück zu „quiet luxury“, bei dem die richtige Auswahl an Gegenständen sozialen Aufstieg suggerieren soll.

Die Zunahme von Intentional Clutter und Maximalism hat auch gesellschaftliche Dimensionen. Nur iIn einer Welt, die oft von Konsumismus und dem Streben nach mehr geprägt ist, kann Intentional Clutter als Ausdruck von Individualität und Selbstverwirklichung gesehen werden. Gleichzeitig wirft der Trend Fragen nach Nachhaltigkeit und dem Umgang mit Ressourcen auf.

Fazit: Jenseits der Extreme

Intentional Clutter kann Räume lebendig machen, Minimalismus kann Befreiung schaffen – beide Ansätze zeigen jedoch ihr elitär-komisches Gesicht, wenn man mit Abstand darauf blickt. Die barocke Fülle der sammelwütigen Eliten ist genauso ein Wohlstandsphänomen wie der asketische Verzicht der Selbstoptimierer.

Sinnvoller als die nächste Trendbewegung wäre ein individueller Mittelweg: Welche Dinge bereichern mein Leben wirklich? Welche Sammlungen geben mir Sinn, und wo wird Fülle zur Statusshow? Wo wird Verzicht zur Befreiung, und wo zur Pose? Erst die Reflexion über diese Fragen ermöglicht Räume, die authentisch und nicht nur zeitgeistig sind.

Der Weg zu einem bewussteren Lebensstil

Unabhängig davon, ob man sich für Minimalismus oder Intentional Clutter entscheidet, ist es wichtig, einen bewusst zu leben. Das bedeutet, sich Gedanken darüber zu machen, welche Werte und Prioritäten man im Leben hat und wie man diese in seinem Wohnraum und seinem Konsumverhalten abbilden möchte.

Ein bewusster Lebensstil beinhaltet auch, sich von den idealisierten Darstellungen auf Instagram und TikTok zu distanzieren und seinen eigenen Weg zu finden. Ein wohnliches Zuhause zist authentisch und steigert das eigene Wohlbefinden, nicht das soziale Ansehen.


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Die Addiction Economy: psychologische und soziale Auswirkungen

DESCRIPTION:

Minimalismus oder New Maximalism? Intentional Clutter als Gegenpol zum Minimalist Home? Egal welcher Interior Design Stil, minimalism, maximalism - immer geht es um Lifestyle für TikTok und Instagram.

New Maximalism statt Minimalismus für Privilegierte: ostentativ üppiger Clutter-Core Krimskams mit Intentional Clutter statt Simple Minimalist Homes

Die visuellen Medien haben, kaum, dass sich Minimalismus und Decluttering als Trends durchgesetzt haben, einen scheinbar gegenläufigen Trend generiert: New Maximalism mit Intentional Clutter.

Worum es geht:

·         wie dieser Trend auf Instagram und anderen Plattformen inszeniert wird,

·         welche psychologischen und gesellschaftlichen Aspekte damit verbunden sind, und

·         die Verbindung zwischen diesem opulenten Wohnstil und dem Konzept des Privilegs.

Was ist Intentional Clutter?

Definition und Konzepte

Cluttercore

„Cluttercore“ sagte als erster dem Minimalismus ebenso den Kampf an und feierte eine überbordende, individuelle Einrichtung – „chaotisch‑gute Ästhetik“, bei der Räume mit Krimskrams vollgestopft werden. Wichtig ist, „eine MENGE an Dingen zu besitzen und stolz zu präsentieren. Keine leeren Wände und schlichten Oberflächen mehr; die Bewegung wollte hingegen „eklektisch und bedeutungsvoll“ sein. Den kaum erkennbaren Unterschied zum Hoarding definierte Cluttercore als das gezielte Arrangieren von Objekten, um eine gemütliche Atmosphäre zu schaffen: „Es ist ein Lifestyle‑Vibe … man kuratiert und stellt eine Vielzahl persönlicher Gegenstände aus“, und die Räume werden in Schichten gebaut – mit Büchern, Kunstwerken, Erinnerungsstücken – „um eine Geschichte zu erzählen“. Ein weiteres Merkmal sollte der Fokus auf Personalisierung und emotionalen Wert sein, statt auf reine Ästhetik: Cluttercore unterscheidet sich von Maximalismus durch das Augenmerk auf persönliche Sammlungen und sentimentale Gegenstände. Typische Merkmale sind Schichten von Objekten, eklektische Sammlungen, gemütliche Beleuchtung und eine warme, einladende Atmosphäre.

New Maximalism (Neuer Maximalismus)

Der „neue Maximalismus“ ist eine Weiterentwicklung des klassischen Maximalismus. Während der traditionelle Ansatz einfach überladen war, will die 2025‑Version eine "kuratierte Form des: Mehr ist mehr“ sein. Seine Designer setzen auf kräftige Farben, Muster und dramatische Details, aber behaupten aber zugleich auf Eleganz und Raumwirkung zu achten. Ein Artikel über die Einrichtungstrends 2025 betont, dass Maximalismus zurückkehrt: dramatische Innenräume mit mutigen Farben und flächigem Farbdurchzug als Mittelpunkt. Die Philosophie soll eine Reaktion auf Minimalismus sein: „Maximalismus ist ein ästhetischer Gegenentwurf … " Also mehr von allem: Farbe, Deko und Abfeiern auf Komplexität.

Intentional Clutter (Absichtliches Durcheinander)

Der Trend „intentional clutter“ wurde von ELLE Decor als „neuer Maximalismus“ beschrieben. Er entstand aus der Rückbesinnung auf ein bewohntes, persönliches Zuhause und gilt 2025 als besonders angesagt. Das Prinzip: Man verabschiedet sich von steril aufgeräumten Räumen des Minimalismus und präsentiert geliebte Objekte in üppig gestalteten Arrangements. Laut dem Artikel soll es aber nicht um Unordnung gehen, sondern um „Kuration von Lieblingsstücken, um eine bewohnte Ästhetik zu schaffen, die zeigt, wer Sie sind“: mit Büchern, Erinnerungen, Kunst und Fundstücken, oft inspiriert durch TikTok‑Trends. Wichtig sei die persönliche Note: Souvenirs und Flohmarktfunde mit leeren Flächen bleiben als Ruhepunkte.

Diese drei Begriffe zeigen unterschiedliche Facetten der Rückkehr zur Fülle: Der „neue Maximalismus“ bringt Eleganz und Struktur in das „Mehr‑ist‑mehr“, „intentional clutter“ kuratiert persönliche Stücke für einen bewohnten Look, und „cluttercore“ feiert lautstark das bunte Sammelsurium als Ausdruck der eigenen Persönlichkeit.

Grundidee: Kampf dem traditionellem Minimalismus

Man schätzt den Überflusse. Wo der Minimalismus Eliten Decluttering und das Aussortieren verordnet, feiert Intentional Clutter die Anhäufung und das Sammeln. Ein minimalistisches Home zeichnet sich durch tugendhaften Verzicht, leere Flächen und wenige Dekorationen aus, während ein Zuhause im Stil des Intentional Clutter mit Farben, Mustern und einer Vielzahl von Objekten prahlt. Während der Minimalismus Abgehobenheit als ein einfacher, Lifestyle zelebriert, feiert Intentional Clutter offen den Konsumismus, im Erwerb und der Präsentation von Gegenständen liegt. Die minimalistische Ästhetik will Verzicht und mentale Klarheit suggerieren, wohingegen Intentional Clutter in visuellen Reize schwelgt.

Aber egal welche Spielart: Krimskrams wird zur Religion – im Maximalism durch Fülle, im Minimalism durch Verzeicht. Im Zentrum des New Maximalism stehen der "lebendige Raum", "seine Geschichten", Spuren und Erinnerungen. Dinge sollen gar nicht funktional sein, sondern hauptsächliich erzählen: über Reisen, Begegnungen, Werte oder die eigene Entwicklung, und, unvermeidlich, auch vom eigenen Wohlstand. Dadurch entsteht ein Sammelsurium, das behauptet, nicht wahllos, sondern mit Bedacht ausgewählt und arrangiert zu sein.

Charakteristische Elemente

Sammelwut: Bücher, Kunstwerke, Keramiken, Pflanzen, Erinnerungsstücke oder Flohmarktfunde werden angeblich gezielt kombiniert.

Gepflegtes Durcheinander: Unterschiedliche Stile, Farben und Materialien nebeneinander sollen Spannung erzeugen.

Individuelle Handschrift: Der Raum wird Ausdruck der Persönlichkeit – zwar immer noch nur ein Wohnkatalog, aber verkleidet als biografische Collage.

Sinnliche Überfülle: Texturen, Muster und Objekte sollen Wärme, Intimität und einen gepflegt unperfekten Charakter schaffen.

Wichtig ist, dass es sich nicht einfach um ungeplantes Durcheinander oder Nachlässigkeit handelt, wie bei "Geringverdienern". Intentional Clutter pflegt soziale Abgrenzung nach unten als "bewusstes Design", das für teures Geld Fülle arrangiert, Farben werden abgestimmt, Kontraste gezielt gesetzt. Es ist ein gestaltetes Chaos, das Nähe und Authentizität vortäuscht, nur eben an der Grenze zu Überforderung oder Reizüberflutung.

Wohnzimmer: Regale voller Bücher, kombiniert mit Kunstwerken, Pflanzen und persönlichen Fotos und Schnickschnak.

Küche: Offen sichtbare Gewürze, Geschirr, alte und neue Utensilien, die "Geschichten erzählen".

Arbeitsräume: Sammlungen von Krempel, die "inspirieren" – von Skizzen bis zu Fundstücken.

Intentional Clutter will nicht nur dekorieren, sondern eine Atmosphäre schaffen, in der sich Menschen zu Hause fühlen können – umgeben von Dingen, die Bedeutung tragen, Wärme erzeugen und die Einzigartigkeit des Individuums unterstreichen. Man macht ja nicht nicht selbst sauber.

Intentional Clutter: Barocke Fülle als Privileg

Trend oder Statussymbol?

Schon während des Pandemie-Lockdowns avancierte „Cluttercore“ zum heimlichen Gegenpol des Minimalismus: „Chuck out your decluttering manuals“, schrieb damals The Guardian – in Zeiten des erzwungenen Rückzugs sei das Durcheinander staubig und triumphal zurückgekehrt. Parallel dazu krönte dieselbe Zeitung das sogenannte Bookshelf Wealth zur ersten großen Designströmung 2024: ein Zuhause voller sorgfältig kuratierter Bücher, nicht zum Lesen, sondern als Einrichtungsvariante der Modeerscheinung „quiet luxury“. Bücher dienen hier nur dazu, „eine bestimmte Art gebildeter Klasse zu kommunizieren“.

Dieser Trend ist nicht neu. Die künstlichen Buchrücken, die zur Zierde und als Statussymbol aufgestellt wurden, nannte man früher Attrappenbuchrücken, im Englischen meist als "dummy books" oder "faux book spines" bezeichnet. Der Trend, auf diese Weise Bildung und Wohlstand vorzutäuschen, kam vom 18. bis ins frühe 20. Jahrhundert in Mode und war vor allem im Biedermeier sowie im Historismus populär – in Bibliotheken, Salons und repräsentativen Wohnzimmern wohlhabender Bürger und des Adels. Ihr Einsatz dientte, wie in der Gegenwart, ganz dem Wunsch nach gesellschaftlicher Repräsentation. Das Bücherregal sollte Bildung und Reichtum suggerieren, obwohl tatsächlich wenig oder keine Bücher vorhanden waren. Manchmal dienten diese Attrappen allerdings auch als Verkleidung von Türen oder Geheimfächern, getarnt als Bücherwand.

Daran hat sich bis heute nichts geändert: Es geht um Bildungsbürgertum und Selbstdarstellung gesellschaftlicher Relevanz – Überfluss als Inszenierung. Wer seine Bücherwände, Kunstsammlungen und Flohmarktfunde zur Schau stellt, signalisiert nicht nur Geschmack, sondern auch Zeit und Kapital, diese Fülle überhaupt ansammeln zu können. Wie The Guardian während der Pandemie anmerkte, deuten prall gefüllte Regale auf einen Lebensstil, „in dem man nicht wegen einer Mieterhöhung vor die Tür gesetzt wird“ – sie verkörpern Permanenz und Wohlstand.

Sammelwütige Eliten und die Ironie des Cluttercore

„Cluttercore“ feiert also Chaos mit Absicht, während die Selbstdarstellung der Sammlern einer elitären Logik folgt. Man hebt nicht einfach auf, was "noch gut ist" und was man vielleicht später mal gebrauchen kann. Alte Globen, Keramikvasen und nach Farbe sortierte Bücher sollen Persönlichkeit demonstrieren, und sind gleichzeitig Distinktionsmerkmale. Die Ironie: Genau wie beim Minimalismus wird eine Lebenshaltung zum Lifestyle vermarktet. Im Falle des Cluttercore verkauft der Markt passende Möbelprogramme, Influencer stellen „Kurationslisten“ zusammen, und ausgerechnet professionelle Aufräum-Coaches geben Tipps zum stilvollen Durcheinander. Was als Befreiung vom Zwang zur Ordnung startete, wird zur nächsten ästhetischen Norm.

Psychologische Mechanismen und soziale Medien

Überfluss und Verzicht sind gleichermaßen nur dort möglich, wo ausreichend Mittel vorhanden sind. Beide Extreme nutzen psychologische Bedürfnisse aus. Minimalismus adressiert die Sehnsucht nach Kontrolle in einer überladenen Welt, und überblendet damit soziale Realität der Mehrheiten. Cluttercore appelliert an Nostalgie und Individualität und spielt mit dem Status‑Signal alter Bücher und seltener Objekte. In sozialen Medien werden beide Stile zur Bühne: Minimalistische Feeds mit drei Designer-Vasen setzen ebenso unter Druck wie Fotos von „organisiertem Chaos“, die das richtige Maß an Überfülle propagieren

Einerseits kann eine bewusst gestaltete, lebendige Umgebung das Gefühl von Geborgenheit und Individualität stärken. Die Anwesenheit von persönlichen Gegenständen und Erinnerungsstücken kann positive Emotionen hervorrufen und ein Gefühl der Verbundenheit mit der eigenen Geschichte erzeugen. Andererseits kann ein Übermaß an Objekten auch zu Reizüberflutung und Stress führen. Die Kunst soll darin liegen, ein Gleichgewicht zu finden und den Clutter so zu gestalten, dass er als angenehm und inspirierend empfunden werde und nicht als chaotisch und erdrückend. Auf Instagram und TikTok werden entsprechend idealisierte Versionen von Intentional Clutter präsentiert, die selten die Realität widerspiegeln. Die photographed homes sind sorgfältig inszeniert und perfekt arrangiert, als Lifestyle, der für eine privilegierte Gruppe von Menschen erreichbar ist.

Emotionale Bindung zu Objekten

Einer der wichtigsten emotionalen Wurzeln von Intentional Clutter liegt in der Bindung, die Menschen zur Symbolik von Objekten entwickeln. Im Gegensatz zum minimalistischen Lifestyle, der auf Reduktion und Funktionalität setzt, erlaubt Intentional Clutter das Sammeln und Ausstellen von Gegenständen, die persönliche Geschichten erzählen und Erinnerungen wachrufen, oder wenigstens so tun, wenn sie der Interior Designer angeschafft hat – Fotos, Souvenirs, Kunstwerke oder einfach nur Dinge, die vorgeben, eine besondere Bedeutung zu haben.

Räumliche Gestaltung und persönliche Ausdrucksformen

Intentional Clutter schafft Wohnräume, die lebendig, dynamisch und voller Charakter zu sein vorgeben. Möbel, Kunstwerke und Dekorationsgegenstände werden bewusst ausgewählt und arrangiert, um eine bestimmte Atmosphäre zu schaffen und die persönlichen Vorlieben der Bewohner widerzuspiegeln. Intentional Clutter nutzt die eigenen vier Wände als eine Art Schaufenster für echte oder nur vorgebliche Kreativität.

Die Rolle von Instagram in der neuen Maximalismus-Bewegung

Auf Instagram und TikTok präsentieren darum Menschen ihre Sammlungen und teilen die – mehr oder minder wahren – Geschichten dahinter. Die sozialen Medien feiern in gelungenen Interior- Design-Konzepten den Konsumismus.

Visuelle Darstellung von Intentional Clutter

Besonders Instagram spielt eine zentrale Rolle bei der Popularisierung von Intentional Clutter. Die Plattform bietet eine Bühne für die visuelle Darstellung der üppigen, farbenfrohen und detailreichen Interieurs. Durch hochauflösende Fotos und Videos werden diese Wohnräume idealisiert und als erstrebenswert präsentiert. Der Fokus liegt auf der Ästhetik und der Inszenierung von Objekten, wobei oft der Eindruck erweckt wird, dass Intentional Clutter ein perfektes und harmonisches Chaos ist. Diese Darstellungen können den Betrachter inspirieren, aber auch unrealistische Erwartungen wecken. Viele der fotografierten Homes sind sorgfältig arrangiert und zeigen nicht die alltäglichen Herausforderungen, die mit einem solchen Lifestyle verbunden sein können. Die Grenzen zwischen authentischer Darstellung und inszenierter Perfektion verschwimmen oft, was den Eindruck erwecken kann, dass Intentional Clutter nur durch Konsumismus und den Erwerb von immer neuen Objekten erreichbar ist, entgegen dem minimalistischen Lifestyle, den viele als gesünder wahrnehmen.

Einfluss von Influencern auf Wohntrends

Influencer gewinnen so einen erheblichen Einfluss auf Wohntrends, insbesondere auf Instagram und TikTok. Sie präsentieren Intentional Clutter als einen Ausdruck von Persönlichkeit und Individualität, der durch die Anhäufung von Objekten und das Mischen von Stilen erreicht wird. Durch ihre Reichweite und Glaubwürdigkeit setzten sie Trends und regen zum Konsum an. Viele Follower orientieren sich an den von Influencern präsentierten Interieurs und versuchen, sie in ihren eigenen Homes nachzuahmen. Dabei wird oft vergessen, dass hinter den perfekten Bildern und Videos oft ein hoher Aufwand und eine sorgfältige Planung stecken. Zudem kann der Fokus auf äußere Erscheinung und die Anhäufung von Besitztümern negative Auswirkungen auf die mentale Health haben. Die Betonung auf der Ästhetik kann dazu führen, dass der eigentliche Zweck des Wohnraums, nämlich ein Ort der Entspannung und des Wohlbefindens zu sein, in den Hintergrund gerät und der vermeintlich clutter-kostenlose Minimalismus attraktiver macht.

Hashtags und die Community rund um maximalistische Ästhetik

Hashtags spielen die entscheidende Rolle bei der Vernetzung von Menschen, die sich für maximalistische Ästhetik interessieren. Hashtags wie intentionalclutter, maximalism, moreismore und eclectichome dienen als Suchbegriffe und ermöglichen es Nutzern, inspirierende Inhalte zu entdecken und sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Durch diese Hashtags entsteht eine Community, in der Menschen ihre eigenen Interpretationen von Intentional Clutter präsentieren, sich gegenseitig inspirieren und Feedback geben. Die Community bietet eine Plattform für den Austausch von Ideen, Tipps und Tricks zur Gestaltung von Wohnräumen im maximalistischen Stil. Allerdings kann der Fokus auf die visuelle Darstellung und die Perfektionierung des eigenen Interieurs auch zu einem Wettbewerb um die meisten Likes und Follower führen, was den Druck steigert, immer neue und spektakulärere Inhalte zu produzieren, die mehr 'clutter' beinhalten.

Neoliberale Falle: Konsumkritik als Geschäftsmodell

Sowohl Minimalismus als auch Intentional Clutter sind eine Ware. Die vermeintliche Konsumkritik des Minimalismus wird durch Online-Kurse, Apps und perfekt inszenierte „Declutter‑Challenges“ monetarisiert. Umgekehrt bedient Cluttercore das Bedürfnis nach Fülle mit kuratierten Dekorartikeln, Lesehaufen und „bibliophilen“ Möbeln. Die „Bookshelf Wealth“-Ästhetik zeigt, wie selbst Bücher zu Markenartikeln der Arriviertheit entarten – ein Gegenstück zu „quiet luxury“, bei dem die richtige Auswahl an Gegenständen sozialen Aufstieg suggerieren soll.

Die Zunahme von Intentional Clutter und Maximalism hat auch gesellschaftliche Dimensionen. Nur iIn einer Welt, die oft von Konsumismus und dem Streben nach mehr geprägt ist, kann Intentional Clutter als Ausdruck von Individualität und Selbstverwirklichung gesehen werden. Gleichzeitig wirft der Trend Fragen nach Nachhaltigkeit und dem Umgang mit Ressourcen auf.

Fazit: Jenseits der Extreme

Intentional Clutter kann Räume lebendig machen, Minimalismus kann Befreiung schaffen – beide Ansätze zeigen jedoch ihr elitär-komisches Gesicht, wenn man mit Abstand darauf blickt. Die barocke Fülle der sammelwütigen Eliten ist genauso ein Wohlstandsphänomen wie der asketische Verzicht der Selbstoptimierer.

Sinnvoller als die nächste Trendbewegung wäre ein individueller Mittelweg: Welche Dinge bereichern mein Leben wirklich? Welche Sammlungen geben mir Sinn, und wo wird Fülle zur Statusshow? Wo wird Verzicht zur Befreiung, und wo zur Pose? Erst die Reflexion über diese Fragen ermöglicht Räume, die authentisch und nicht nur zeitgeistig sind.

Der Weg zu einem bewussteren Lebensstil

Unabhängig davon, ob man sich für Minimalismus oder Intentional Clutter entscheidet, ist es wichtig, einen bewusst zu leben. Das bedeutet, sich Gedanken darüber zu machen, welche Werte und Prioritäten man im Leben hat und wie man diese in seinem Wohnraum und seinem Konsumverhalten abbilden möchte.

Ein bewusster Lebensstil beinhaltet auch, sich von den idealisierten Darstellungen auf Instagram und TikTok zu distanzieren und seinen eigenen Weg zu finden. Ein wohnliches Zuhause zist authentisch und steigert das eigene Wohlbefinden, nicht das soziale Ansehen.


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