Serie: Neuromodulation verstehen – Ein evidenzbasierter Weg zur Selbstregulation 08: Vagusnervstimulation zur Verbesserung der Symptome bei Erkrankung und Störungen
Serie: Neuromodulation verstehen – Ein evidenzbasierter Weg zur Selbstregulation 08: Vagusnervstimulation zur Verbesserung der Symptome bei Erkrankung und Störungen
Serie: Neuromodulation verstehen – Ein evidenzbasierter Weg zur Selbstregulation 08
Veröffentlicht am:
28.07.2025


DESCRIPTION:
Die Vagusnervstimulation (VNS) hilft bei Erkrankungen wie Depression, ADHS, Autismus, chronischen Schmerzen, kognitivem Abbau und postviraler Erschöpfung. Nicht-invasiv, nebenwirkungsarm und wissenschaftlich fundiert: Alles über Wirksamkeit, klinische Anwendung und Vorteile der nicht-invasiven taVNS – für mehr innere Ruhe, Fokus und Lebensqualität von Patienten im Alltag.
Einführung in die Serie
Die Regulation unseres autonomen Nervensystems steht im Mittelpunkt vieler moderner Gesundheitsdebatten – doch zwischen viralen Biohacks und fundierter Wissenschaft liegt oft eine große Lücke. Diese neue Blogserie widmet sich der Aufgabe, diese Lücke zu schließen. Schritt für Schritt, Kapitel für Kapitel, zeigen wir Ihnen, wie Nervensystem, Selbstregulation und Neuromodulation wirklich zusammenspielen – basierend auf evidenzgestützter Forschung, nicht auf Marketing-Versprechen.
Diese Beiträge bereiten den Weg für ein größeres Projekt, das Ende des Jahres veröffentlicht wird: ein praxisorientierter Leitfaden für Menschen mit postviralen Syndromen, chronischer Erschöpfung, Aufmerksamkeitsproblemen oder psychosomatischen Beschwerden – und für alle, die ihrem Nervensystem vertrauen lernen möchten.
Was Sie erwartet:
Jeder Beitrag dieser Serie nimmt ein Kapitel des kommenden Buches in den Fokus. Wir beleuchten die Grundlagen des autonomen Nervensystems, entkräften verbreitete Mythen, stellen wissenschaftlich belegte Methoden zur Neuromodulation vor und zeigen, wie man praktikable Strategien im Alltag umsetzt. Egal, ob Sie neu im Thema sind oder bereits Erfahrung mit Themen wie Vagusnervstimulation, HRV-Messung oder Polyvagal-Theorie haben – diese Serie bietet Orientierung, Klärung und konkrete Handlungsschritte.
1. Das Nervensystem verändern? Ein kritischer Einstieg in das Thema Selbstregulation.
2. Wie Ihr Nervensystem wirklich funktioniert.
3. Warum viele Theorien mehr Hypothese als Hilfe sind.
4. Was wissenschaftlich validierte Neuromodulation heute leisten kann.
5. Irrtümer über HRV, Vagus und Biohacking aufgedeckt.
6. Praktische Strategien für bessere Regulation im Alltag.
7. Wie Sie ein eigenes, individuelles Selbstregulationskonzept entwickeln.
Zukünftige Sonderkapitel:
• Die Wissenschaft der Neuromodulation – Ein tieferer Einblick in taVNS und verwandte Methoden.
• Bewegung als Therapie – Wie gezieltes Training das Gehirn stärkt.
• Syndromspezifische Strategien – Long COVID, ADHS, CPTSD, chronische Schmerzen & kognitiver Abbau.
Bleiben Sie dabei – denn Wissen ist die beste Grundlage für Vertrauen in den eigenen Körper. Und Vertrauen ist der erste Schritt in Richtung Heilung.
Vagusnervstimulation (VNS): Neuromodulation, invasive und nicht-invasive Stimulation des Vagusnervs bei bestimmten Erkrankungen und Störungen
Die Vagusnervstimulation (VNS) ist eine Form der Neuromodulation, die zunehmend an Bedeutung gewinnt. Durch die Stimulation des Vagusnervs können verschiedene neurologische und psychische Erkrankungen und Störungen behandelt werden, was zu einer deutlichen Verbesserung der Symptome führen kann.
Vagus-Stimulation mit implantierbaren Geräten findet bereits längere Zeit Anwendung bei spezifischen Diagnosen wie:
· Epilepsie: Die Vagus-Stimulation kann Anfälle reduzieren und die Lebensqualität der Patienten verbessern.
· Depressionen: Bei therapieresistenten Depressionen kann diese Methode helfen, Symptome zu lindern.
· Chronische Schmerzen: Die Stimulation des Vagusnervs kann dazu beitragen, Schmerzempfindungen zu modulieren.
· Entzündliche Erkrankungen: Einige Studien zeigen, dass die Vagus-Stimulation entzündungshemmende Effekte haben kann.
Worum es geht:
· Anwendungsbereiche der Vagusnervstimulation bei bestimmten Störungen und Erkrankungen
· positive Auswirkungen auf die Verbesserung der Lebensqualität von Betroffenen
Vagusnervstimulation (VNS) – Eine spezifische Form der Neuromodulation
Die Vagusnervstimulation (VNS) ist eine gezielte neuroelektrische Intervention, die auf die funktionelle Beeinflussung des autonomen Nervensystems abzielt. Im Mittelpunkt steht der Nervus vagus, der zehnte und längste Hirnnerv des Körpers. Er durchzieht Hals, Brust- und Bauchraum, innerviert lebenswichtige Organe wie Herz, Lunge, Magen-Darm-Trakt und Leber – und vermittelt dabei bidirektionale Signale zwischen Körper und Gehirn. Etwa 80 % der vagalen Fasern sind afferent, also aufsteigend: Sie transportieren Informationen aus dem Körper zum Gehirn, nicht umgekehrt.
Die therapeutische Vagusnervstimulation wurde zunächst in der Behandlung von therapieresistenter Epilepsie etabliert. In diesem Kontext wird seit den 1990er Jahren ein implantiertes Gerät unterhalb des Schlüsselbeins eingesetzt, das über einen isolierten Draht gezielte Impulse an den linken Vagusnerv im Halsbereich sendet. Im Lauf der vergangenen zwei Jahrzehnte hat sich jedoch ein deutlich breiteres Wirkprofil der Methode abgezeichnet, das weit über Epilepsie hinausgeht – insbesondere bei chronischen Schmerzzuständen, Depressionen, Angststörungen, kognitiven Einschränkungen und postinfektiösen Syndromen.
Parallel zur invasiven Technik wurde die transkutane aurikuläre Vagusnervstimulation (taVNS) entwickelt: ein nicht-invasives Verfahren, bei dem über die Ohrmuschel – genauer gesagt über die cymba conchae oder angrenzende Areale – milde elektrische Impulse gesetzt werden. Diese aurikuläre Region weist eine dichte vagale Innervation auf, sodass die Stimulation über die Haut einen ähnlichen Effekt auf zentrale vagusvermittelte Hirnareale erzielt wie das implantierte Pendant – ohne chirurgischen Eingriff, ohne Anästhesie, mit alltagstauglicher Handhabung.
Zielsetzung der VNS
Das zentrale Ziel der VNS besteht darin, das autonome Nervensystem zu modulieren – mit besonderem Fokus auf die parasympathische Aktivierung. Der Vagusnerv ist ein Hauptakteur des parasympathischen Systems, also jenes Zweigs des vegetativen Nervensystems, der für Erholung, Regeneration und Homöostase verantwortlich ist. Über die elektrische Stimulation werden Signale erzeugt, die tiefgreifende regulatorische Prozesse anstoßen:
· Reduktion sympathischer Übererregung (z. B. bei chronischem Stress, Panik oder Hyperarousal),
· Stabilisierung der Herzfrequenzvariabilität (HRV) als Marker für vagale Flexibilität,
· Förderung entzündungshemmender Prozesse durch Aktivierung des cholinergen anti-inflammatorischen Reflexes,
· Dämpfung zentraler Schmerzverarbeitung über die Modulation thalamischer und limbischer Bahnen,
· Verbesserung von Gedächtnis, Aufmerksamkeit und exekutiven Funktionen durch Reorganisation präfrontaler Netzwerke.
Im Unterschied zu pharmakologischen Verfahren erfolgt diese Modulation nicht pharmakodynamisch, sondern elektrisch – über gezielte Impulse, deren Frequenz, Intensität und Dauer individuell justierbar sind. Die elektrische Stimulation des Vagusnervs wirkt dabei nicht lokalisierend, sondern systemisch: Sie adressiert nicht nur isolierte Symptome, sondern verändert die Funktionsweise ganzer neuronaler Schaltkreise – über Hirnstamm, limbisches System und kortikale Integrationszentren hinweg.
Wirkungsebene: Selbstregulation statt Symptomunterdrückung
Die VNS zielt nicht auf kurzfristige Kontrolle, sondern auf langfristige Rückgewinnung von innerer Rhythmisierung. Sie schafft ein physiologisches Milieu, in dem der Körper aus dem Zustand chronischer Alarmbereitschaft, funktioneller Fragmentierung oder Erschöpfung zurück in eine regulierbare Dynamik gelangen kann. Entscheidend ist dabei: Die Stimulation wirkt nicht als externe Steuerung, sondern als somatisches Signal, das dem Nervensystem eine Alternative zum dysregulierten Muster anbietet.
Besonders in Zuständen, in denen Sprache, Einsicht oder kognitive Strategien blockiert sind – etwa bei Trauma, Brain Fog, vegetativer Dysregulation oder postviraler Erschöpfung – bietet die VNS einen nonverbalen Zugang zu Sicherheit, Wiederholbarkeit und sanfter Aktivierung. Sie wirkt nicht durch kognitive Kontrolle, sondern durch bottom-up-Modulation – über den Körper zum Gehirn, über Rhythmus zur Integration.
Die VNS als Zugang zur neurophysiologischen Dialogfähigkeit
Ob invasiv oder transkutan – die Vagusnervstimulation ist kein Ersatz für therapeutische Beziehung, Reflexion oder Medikamentation. Sie ist auch kein neurologisches Allheilmittel. Ihr Wert liegt woanders: in der Einladung zur Rückverbindung mit jenen biologischen Rhythmen, die durch Trauma, Dauerstress oder chronische Dysregulation unterbrochen wurden. Als wiederholbares, steuerbares, körperlich verankertes Signal fördert sie nicht das Funktionieren, sondern die Verfügbarkeit des Körpers für Regulation – und genau darin liegt ihr therapeutisches Potenzial.
Vagusnervstimulation und Neuromodulation - Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Die Vagusnervstimulation (VNS) ist eine spezifische Form der Neuromodulation, bei der der Vagusnerv, der längste Hirnnerv, elektrisch stimuliert wird. Neuromodulation umfasst ein breiteres Spektrum an medizinischen Verfahren, die darauf abzielen, die Aktivität des Nervensystems zu beeinflussen. Während andere Neuromodulationsverfahren wie die tiefe Hirnstimulation direkter in das Gehirn eingreifen, wirkt die VNS indirekt, indem sie die Aktivierung des Vagusnervs nutzt, um die neuronale Modulation im Gehirn zu beeinflussen. Beide zielen darauf ab, die neuronale Funktion zu stimulieren und positiv zu beeinflussen.
Erkrankungen und Störungen, bei denen VNS/Neuromodulation hilft
Die Vagusnervstimulation hat sich als vielversprechende therapeutische Option für eine Reihe von Erkrankungen und Störungen erwiesen. Ursprünglich wurde die VNS zur Behandlung von Epilepsie entwickelt, insbesondere bei Patienten, bei denen Medikamente nicht ausreichend wirksam sind. Inzwischen wird die Wirksamkeit der VNS auch bei Depressionen, Angststörungen, chronischen Schmerzen und sogar bei der Behandlung von Long COVID untersucht. Die Fähigkeit der Stimulation des Vagusnervs, das autonome Nervensystem zu beeinflussen, macht sie zu einem wertvollen Werkzeug bei der Behandlung von komplexen, oft chronischen Gesundheitsproblemen, die durch ein Ungleichgewicht im Nervensystem gekennzeichnet sind.
Infektionskrankheiten, Post-Vac-Syndrom, ME/CFS
Die Vagusnervstimulation zeigt besonderes Potenzial bei postinfektiösen, postimmunologischen und neuroinflammatorischen Krankheitsbildern wie dem Post-Vac-Syndrom, dem Myalgischen Enzephalomyelitis/Chronischen Fatigue-Syndrom (ME/CFS) sowie dem Long COVID-Spektrum. Diese Zustände sind häufig gekennzeichnet durch eine anhaltende Dysregulation des autonomen Nervensystems, eine chronisch niedriggradige Entzündungsreaktion und eine gestörte zelluläre Energiebereitstellung.
Typische Symptome umfassen:
· Fatigue / Erschöpfung – unabhängig von Ruhe oder Schlaf
· Postexertionales Malaise (PEM) – massive Verschlechterung nach geringer Anstrengung
· Brain Fog – verlangsamtes Denken, Wortfindungsstörungen, kognitive Fluktuationen
· Dysautonomie – Kreislauflabilität, orthostatische Intoleranz, Tachykardien
· Reizempfindlichkeit – gegenüber Licht, Geräuschen, Bewegung, sozialen Kontakten
· Reaktive Schlafstörungen – Einschlafprobleme, fragmentierter Tiefschlaf, nicht erholsamer Schlaf
In dieser Symptomkonstellation zielt die VNS nicht auf Leistungssteigerung, sondern auf die Wiederherstellung regulatorischer Grundfähigkeiten. Sie wirkt als sanfter Reizgeber auf ein übererregtes, gleichzeitig erschöpftes Nervensystem, das sich nicht mehr flexibel zwischen Aktivität und Ruhe bewegen kann. Dabei ist nicht die Dosis entscheidend, sondern die Regelmäßigkeit, das Timing und die Rhythmisierung.
Zielsetzung der VNS bei postinfektiöser Systemdysregulation
Die VNS dient in diesem Kontext als niederschwelliger Zugang zur Reorganisation vegetativer Signale und wirkt in folgenden drei Kernbereichen:
1. Sanfte parasympathische Inputs
Die tägliche Anwendung der taVNS – vorzugsweise 1–2× täglich à 15 Minuten – erfolgt in ruhiger Umgebung, möglichst gekoppelt mit beruhigenden Routinen: Tee zubereiten, Journaling, achtsames Atmen (z. B. 4:6-Atemmuster). Die VNS setzt dabei keine Erholung voraus, sondern ermöglicht sie – als wiederholbares Signal von Sicherheit.
2. Rhythmisierung körperlicher Aktivität
Da postinfektiöse Zustände häufig mit einem verlorenen Belastungs-Gleichgewicht einhergehen, wird Bewegung in kleinste, planbare Einheiten unterteilt (z. B. 3–5 Minuten Sitzen-Dehnen oder 2 Minuten Gehen mit Musik). Die VNS stabilisiert das System dabei vor und nach diesen Mikroeinheiten. Ziel ist nicht körperliche Leistung, sondern der Aufbau eines belastbaren Rahmens ohne Crash.
3. Kognitive Entlastung durch Reizmanagement
Betroffene mit ME/CFS oder Long COVID zeigen oft eine ausgeprägte Reizintoleranz und kognitive Erschöpfung. Statt Symptomprotokolle oder Tracking-Apps zu führen, wird zur „wohlwollenden Beobachtung“ geraten. Die VNS unterstützt die Fähigkeit, Reize nicht als Bedrohung zu codieren, sondern zu entkoppeln – insbesondere bei gleichzeitiger Reduktion visueller, auditiver und kognitiver Überlastung.
Strukturierte Anwendung in den ersten 2 Wochen
Tagesbegleitend wird empfohlen:
Zeitraum | Maßnahme |
Morgen | taVNS + Teeritual oder 5-minütiges Journaling |
| Leichte Dehnung im Sitzen (z. B. Schulterkreisen) |
Mittag | Kurzer Reizschutz: Lichtfilter, Ohrstöpsel, kein Multitasking |
| Mini-Spaziergang oder Musik mit geschlossenen Augen |
Abend | Keine Bildschirme 30 Minuten vor dem Schlaf |
| taVNS + Gedicht hören oder Stimmübung (Summen) |
Die tägliche Anwendung erfolgt dabei nicht als Trainingsplan, sondern als Regenerationsrahmen. Reize werden absichtlich reduziert, Übergänge vorhersehbar gestaltet und nicht messbar optimiert, sondern sensibel angepasst.
Fortschrittsindikatoren
In dieser Phase sind keine quantifizierbaren Fortschritte zu erwarten – vielmehr zeigt sich Wirkung in Form von:
· verringertem vegetativen Rebound nach kurzer Aktivität (weniger Crashs)
· verlängerten stabilen Wachphasen ohne Reizüberflutung
· weniger Angst vor Routineaufgaben, auch wenn die objektive Leistungsfähigkeit unverändert bleibt
· leichterem Zugang zu Ruhe, ohne dass Erschöpfung dominierend bleibt
Entscheidend ist, dass Fortschritt nicht mit Rückkehr zur Ausgangsleistung verwechselt wird. Die VNS dient nicht der Wiederherstellung eines alten Zustands, sondern dem Aufbau einer neuen, tragfähigen physiologischen Basis – einer, die Heilung ermöglicht, anstatt Überforderung zu fordern.
Autismus bei Erwachsenen
Autistische Erwachsene berichten häufig nicht vorrangig von „sozialen Defiziten“, sondern von einer permanenten vegetativen Überforderung: durch unvorhersehbare Reize, instabile Rhythmen, soziale Interaktionen, sensorische Unstimmigkeit und das Fehlen von sicheren Übergängen. Die Symptome reichen von Shutdowns, sozialem Rückzug und körperlicher Erschöpfung bis zu exekutiven Blockaden, Reizfilterschwächen und emotionaler Überreizung.
Hier bietet die transkutane aurikuläre Vagusnervstimulation (taVNS) ein neuartiges, nicht-kognitiv überfrachtetes Instrument zur Selbstregulation. Die VNS wirkt nicht auf Verhalten, sondern auf den vegetativen Grundtonus – und schafft dadurch Spielraum für Präsenz, Klarheit und Rückbindung an den Körper. Besonders relevant ist der Einsatz in Kombination mit Mikroroutinen, Reizschutz und rhythmischer Tagesstruktur.
Zielsetzung der VNS bei Autismus im Erwachsenenalter
Die Anwendung zielt auf drei Kernbereiche:
1. Reizstabilisierung – das System so weit herunterregulieren, dass Reize wieder integriert werden, ohne Overload.
2. Übergangsfähigkeit – Wechsel zwischen Zuständen (z. B. Arbeit – Pause, Kontakt – Rückzug) erleichtern, ohne Dissoziation.
3. Koordination von Rhythmus – Rituale, Wiederholbarkeit, körpergebundene Rhythmen nutzen, um Vorhersagbarkeit aufzubauen.
Die VNS ersetzt dabei keine Therapie und kein soziales Training – sie macht das System verfügbar, auf dem andere Fähigkeiten aufbauen können.
Konkrete Anwendung (Woche 1–2): Startphase für mehr vegetative Stabilität
Die Anfangsphase dient dem Aufbau einer physiologischen Basis für Reizverarbeitung, Selbstberuhigung und Interaktionspufferung.
Was | Wie | Ziel |
taVNS | 15 Minuten pro Tag, gekoppelt mit Atemrhythmus (z. B. 4–6 Atemzüge/Min.). Zeitpunkt: vor/nach sozialen Kontakten, Therapie oder mentaler Belastung. | Crash-and-Burn-Zyklen vermeiden, Übergänge regulieren. |
Bewegung | 5–10 Minuten rhythmisch (z. B. Gehen mit Musik, sanftes Schaukeln, Metronom), täglich zur gleichen Zeit. | sensorische Integration, Senkung von Reizvigilanz |
Selbstfürsorge | „Tägliches Fenster“ mit selbstgesteuerter Aktivität ohne Produktivitätsanspruch (z. B. skizzieren, zusammenlegen, Decke richten, ruhen). | Autonomie stärken, ohne Entscheidungsdruck. |
Emotionale Verankerung | Stimme nutzen: Summen, Lesen, leises Sprechen mit sich selbst, Tierkontakt. | Aktivierung ohne soziale Überforderung, affektive Re-Regulierung. |
Tagesstruktur (Woche 1–2): Reizreduktion, Rhythmus, Reaktion ermöglichen
Tageszeit | Was | Beobachtungshinweis |
Morgen | taVNS + 5 Minuten Atem, Tagebuch oder leichte Hausarbeit | Start ohne Reizflutung möglich? |
Mittag | 5 Min rhythmische Bewegung oder Schaukeln, kurzer SMS-Kontakt oder Audionachricht | Kontakt möglich ohne Erschöpfung? |
Nachmittag | Tägliches Fenster: ruhige Aktivität ohne Leistung. Drei-Wort-Zustandsbeschreibung üben | Reaktivität vs. Regulationsfähigkeit erkennen |
Abend | Summen, Vorlesen, Musik (Tonverankerung), Stretching oder ruhen mit Gewichtsdecke | Einschlaf erleichtert? Körperspannung geringer? |
Woche 3–4: Sanfte Erweiterung – ohne Übersteuerung
Nach einer zweiwöchigen Grundstabilisierung kann schrittweise getestet werden, was das System verträgt, ohne es zu überfordern.
Was | Wie |
taVNS | Anwendung nach sozialen Interaktionen oder kognitiven Belastungen (z. B. E-Mail, Einkauf). |
Bewegung | Rhythmisches Gehen um 2–3 Minuten verlängern, kombiniert mit Rhythmus (z. B. Farben benennen). |
Selbstfürsorge | Drei „Wahlmöglichkeiten“ fürs Tagesfenster vorbereiten, z. B. Text hören, zeichnen, ausruhen. |
Verankerung | Sprachaufnahme anhören (z. B. beruhigender Text mit eigener Stimme), Audionachricht an sich selbst senden. |
Fortschritt nicht an Leistung messen
· Weniger Reizabstürze nach Sozialkontakten oder Reizflutung
· Bessere Benennbarkeit eigener Zustände (auch ohne Lösung)
· Erhöhte Verfügbarkeit für Übergänge ohne Reizvermeidung
· Wohlwollender Umgang mit Grenzen, auch wenn keine Verbesserung spürbar ist
Die VNS macht keine Reizoffenheit „weg“. Sie schafft die Möglichkeit, mit dem, was da ist, nicht zusammenzubrechen – und vielleicht sogar Spielraum zurückzugewinnen.
ADHS bei Erwachsenen
Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) manifestiert sich im Erwachsenenalter anders als bei Kindern – subtiler, aber nicht weniger beeinträchtigend. Charakteristisch sind chronische Ablenkbarkeit, innere Unruhe, Impulsdurchbrüche, Desorganisation, aber auch Motivationsblockaden, Ermüdung nach kurzer geistiger Aktivität und eine ausgeprägte Tagesrhythmusinstabilität. Immer deutlicher wird: ADHS ist nicht allein eine Störung der Aufmerksamkeit, sondern eine Regulationsstörung des autonomen Nervensystems.
Hier setzt die Vagusnervstimulation (VNS) als vielversprechender neuromodulatorischer Ansatz an – nicht medikamentös, nicht invasiv, sondern auf die vegetative Rhythmisierung gerichtet. Besonders die transkutane aurikuläre Vagusnervstimulation (taVNS) rückt bei Erwachsenen mit ADHS zunehmend in den Fokus der Forschung.
Neurophysiologischer Hintergrund
Erwachsene mit ADHS zeigen häufig:
· verminderte vagale Flexibilität (z. B. niedrige Herzfrequenzvariabilität, gestörte Reizverarbeitung),
· erhöhte sympathische Grundaktivierung mit chronischem innerem Stressgefühl,
· verzögerte Handlungseinleitung (executive inertia) trotz guter Ideen oder Absichten,
· emotionale Reaktivität mit Neigung zu Frustration, Scham oder Rückzug.
Die Vagusnervstimulation wirkt über eine Stärkung des parasympathischen Nervenzweigs stabilisierend auf genau diese Muster. Über die Projektionen des Vagusnervs in den Der Locus coeruleus ist ein wichtiger Nerv, der durch die Vagusnervstimulation moduliert werden kann. (Noradrenalin), das Das limbische System spielt eine entscheidende Rolle bei der Verarbeitung von Emotionen und wird durch die Vagusnervstimulation beeinflusst. (Affektregulation) und den präfrontalen Cortex (Handlungsplanung) lassen sich die funktionellen Grundlagen der ADHS-Problematik direkt ansprechen – ohne Übersteuerung und ohne Kognition vorauszusetzen.
Wirkhypothesen und Studienlage
Frühe Studien zur Anwendung der taVNS bei Erwachsenen mit ADHS zeigen:
· verbesserte Aufgabeninitiierung, insbesondere bei Tätigkeiten ohne äußeren Druck,
· bessere Affektsteuerung nach Unterbrechungen oder Frustration,
· Verlängerung kognitiver Aufmerksamkeitsspannen ohne Erschöpfung,
· weniger Crash-Zyklen nach intensiver Konzentration oder sozialer Aktivität.
Bildgebende Untersuchungen und EEG-Daten deuten auf eine Normalisierung frontaler Oszillationen und eine erhöhte Konnektivität zwischen präfrontalen, insulären und sensomotorischen Arealen hin. Auch die kortikale Verarbeitung externer Reize wird effizienter – was der sensorischen Überladung vieler ADHS-Betroffener entgegenwirkt.
Anwendung im Alltag – tagesrhythmische Einbettung
Für Erwachsene mit ADHS eignet sich die taVNS besonders als Begleitinstrument zur Strukturierung des Tagesverlaufs. Empfohlene Einsatzpunkte sind:
Zeitfenster | Wirkung & Begründung |
Morgens | 15–20 Minuten taVNS beim Kaffee, Duschen oder Planen. Fördert ruhigen Einstieg statt hektischem Aktivismus. |
Vor Aufgaben | Anwendung vor konzentrativer Tätigkeit (z. B. E-Mails, Buchhaltung, Gespräche). Stärkt Handlungseintritt und Frustrationstoleranz. |
Nachmittags | tVNS + Mini-Pause bei Reizüberladung, Müdigkeit oder sozialer Erschöpfung. |
Abends | Optional zur Runterregulation: kombiniert mit Atem, Stretching, Journaling. |
Die Kopplung an sinnvolle Handlungsanker (z. B. Körper – Aufgabe – Pause) erhöht die Wirksamkeit. Die Wirkung ist nicht spektakulär, sondern kumulativ: Mehr Tage beginnen mit Rhythmus und enden ohne Reizabsturz. Entscheidend ist nicht die Leistung, sondern die Reduktion von Übergangsfriktion.
AuDHS: Autismus und ADHS im Erwachsenenalter
Bei Erwachsenen mit gleichzeitig ausgeprägten Merkmalen aus dem Autismus-Spektrum (ASS) und einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) zeigt sich kein additives, sondern ein dynamisch verschränktes Funktionsprofil, das zunehmend unter dem Begriff AuDHS beschrieben wird. Diese Konstellation ist weder selten noch randständig – sie wurde historisch jedoch häufig übersehen, weil sich die Symptome teils kompensieren, teils gegenseitig verstärken.
Die neurophysiologische Grundproblematik liegt in einer gleichzeitigen Übererregung und Instabilität des autonomen Nervensystems, kombiniert mit einer fragmentierten sensorischen Integration. Zwei scheinbar gegensätzliche Reaktionsmuster koexistieren im selben System:
Auf der einen Seite: sensorische Empfindlichkeit, soziale Rückzugsbedürfnisse, Reizabschottung (autistisch).
Auf der anderen Seite: Reizsuchendes Verhalten, impulsive Handlungsdurchbrüche, chronisches Rhythmusdefizit (ADHS-typisch).
Diese Kombination führt zu einem paradoxen Alltagsprofil mit schnellen Wechseln zwischen:
· Hyperfokus und kognitiver Erschöpfung,
· emotionaler Selbstüberwachung und plötzlichem Impulsdurchbruch,
· sozialem Rückzug und Kontaktübersättigung,
· detaillierter Reizwahrnehmung und exekutiver Desintegration.
Betroffene erleben sich oft als gleichzeitig „zu viel“ und „zu wenig“, reagieren auf soziale Anforderungen mit ambivalentem Überschwingen oder Abschalten, und kämpfen mit chronischer Frustration, weil ihr Nervensystem in keiner Umgebung vollständig reguliert erscheint.
Funktion der taVNS bei AuDHS: eine vegetative Brücke zwischen zwei Spannungsfeldern
Die transkutane aurikuläre Vagusnervstimulation (taVNS) wirkt auf beide Anteile dieses Spannungsfelds:
1. Sie adressiert das überaktivierte, reizsuchende Nervensystem (ADHS-Anteil) durch Förderung parasympathischer Aktivität, Verlängerung der Reizverarbeitungsspanne und Stabilisierung der Impulskontrolle.
2. Gleichzeitig unterstützt sie das überlastete, reizvermeidende System (ASS-Anteil) durch Absenkung der sensorischen Hyperreaktivität, Förderung rhythmischer Körperwahrnehmung und Verbesserung der Übergangsfähigkeit (z. B. von Denken zu Handeln, von Kontakt zu Rückzug).
Diese doppelte Wirkung macht die taVNS zu einem seltenen nicht-kognitiven Instrument, das gleichzeitig entlastend und aktivierend wirken kann – ohne innere Überforderung, ohne therapeutischen Erwartungsdruck.
Empfohlene Anwendung: strukturierte Ko-Regulation ohne Anstrengung
In der praktischen Anwendung bei AuDHS bewährt sich ein tagesrhythmischer Einsatz, der gezielt auf kritische Zonen im Tagesverlauf reagiert:
Zeitpunkt | Anwendung | Ziel |
Morgens | taVNS + ruhiger Start (z. B. mit Musik, Tee, Licht) | Vermeidung von hyperaktivem Kaltstart oder kognitivem „Einfrieren“ |
Vor Reizphasen | 10–15 Min taVNS + körperliche Routine | Stabilisierung vor sozialen, auditiven oder administrativen Reizen |
Nach Overload | taVNS + passives Ritual (z. B. mit Gewicht, Decke, Tonaufnahme) | Rückführung aus Shutdown oder Dissoziation ohne Sprache |
Abends | taVNS + Körperkontakt, Atem oder Summen | Übergang in den Ruhemodus erleichtern, Abschaltblockaden mindern |
In Woche 1–2 empfiehlt sich die konsequente Kopplung mit Reizschutz (Licht, Ton, Multitasking), sowie eine bewusste Entlastung der exekutiven Steuerung (keine To-do-Listen, kein Tracking, keine Kontrolle).
Ab Woche 3–4 kann die Anwendung gezielt vor Handlungsübergängen oder bei beginnender Reizüberlastung eingesetzt werden. Fortschrittsindikatoren sind nicht mehr Produktivität, sondern verringerte Systemabstürze, verbesserte Reaktionsflexibilität und eine zunehmend wohlwollende Innenwahrnehmung, auch bei Spannungszuständen.
Grenzen und besondere Aspekte bei AuDHS
Die Kombination aus Reizoffenheit und Impulsdruck erfordert eine präzise Dosierung der Stimulation. Zuviel oder zu intensive Anwendung kann Unruhe verstärken.
Die Wirkung entfaltet sich nicht linear, sondern über die Regelmäßigkeit, nicht über die Intensität.
In Umgebungen mit hohen sozialen Erwartungen (z. B. Arbeitskontext) kann die taVNS helfen, nicht funktional zu kompensieren, sondern funktionell zu pausieren – ohne Zusammenbruch.
Hochsensibilität
Hochsensibilität (HSP) zeigt eine besonders intensive Reaktion auf sensorische, emotionale und soziale Reize. Ihre Wahrnehmung ist nicht gestört, sondern verfeinert – allerdings oft ohne ausreichende neuronale Filter- und Puffermechanismen. Die Folge: selbst alltägliche Situationen (laute Umgebungen, soziale Dynamiken, Zeitdruck, emotionale Spannungen) überschreiten schnell das Erträgliche, was sich in chronischer Anspannung, Rückzug, Überwältigung oder Reizvermeidung äußern kann. Viele Betroffene erleben sich dabei nicht als „zartbesaitet“, sondern als ständig übersteuert, innerlich hyperaktiv, äußerlich erschöpft.
Aus neurowissenschaftlicher Sicht zeigt sich bei hochsensiblen Menschen häufig eine erhöhte kortikale Reizoffenheit bei gleichzeitig eingeschränkter zentraler Hemmung – insbesondere in der Thalamo-Kortex-Schleife, die für die Reizfilterung verantwortlich ist. Das autonome Nervensystem reagiert auf diese Reizfülle oft mit sympathischer Aktivierung – also einer physiologischen Stresslage, die selbst bei geringen Anforderungen ausgelöst wird.
Wirkpotenzial der VNS bei Hochsensibilität
Die transkutane aurikuläre Vagusnervstimulation (taVNS) bietet in diesem Zusammenhang keine Dämpfung, sondern eine physiologische Ordnungsstruktur: ein wiederholbares, vorhersagbares vegetatives Signal, das das System daran erinnert, nicht ständig auf Bedrohung eingestellt zu sein. Sie wirkt nicht kognitiv, sondern auf der Ebene der Reizbewertung und Reizweiterleitung.
· Zentrale Effekte der taVNS bei Hochsensibilität könnten sein:
· Verbesserung der Reizfilterung durch Modulation thalamo-kortikaler Netzwerke
· Reduktion von Reiz-Reaktion-Kopplung – d. h. mehr Reaktionszeit zwischen Wahrnehmung und Handlung
· Stabilisierung des parasympathischen Gegengewichts – besonders in sozialen oder sensorisch dichten Umgebungen
· Entlastung der interozeptiven Überidentifikation (z. B. bei starker Reaktion auf andere Stimmungen, Spannungen oder Atmosphäre)
Praktische Anwendung (Woche 1–2)
Hochsensible Erwachsene profitieren besonders von einer ritualisierten, reizarmen Anwendung der taVNS – nicht zur „Beruhigung“, sondern zur Begrenzung diffuser Anspannung:
Zeitpunkt | Anwendung | Ziel |
Morgens | taVNS + Tee, Tageslicht, leises Summen | Start ohne sensorisches Durchdrehen |
Vor Reizphasen | taVNS + sanfte Vorbereitung (z. B. Kleidung richten, Pause vorher einbauen) | Puffer vor Arbeit, Gesprächen, sozialen Interaktionen |
Nach Overload | taVNS + Geräuschentzug, beschwerte Decke, Rückzugsort | Reizbindung nach Ereignis, Vermeidung von Absturz |
Abends | taVNS + ruhige Musik oder Text mit Fokus auf Rhythmus | Übergang zum Schlaf ohne Restimulation |
Wichtig: Hochsensibilität bedeutet oft, dass auch therapeutische Interventionen zu stark wirken können. Deshalb sollte die Anfangsfrequenz niedrig (1× täglich, max. 10–15 Min) gewählt und nicht mit Leistungsabsicht verbunden werden.
Woche 3–4: Erlaubnis zur Erweiterung
Nach etwa zwei Wochen kann behutsam geprüft werden, ob und wann das System stabil genug ist, um neue Anwendungspunkte zu integrieren:
Vor sozialen Kontakten mit emotionalem Gehalt (z. B. Familienbesuche, Meetings)
Nach Medienkonsum oder Nachrichtenüberlastung
In Kombination mit körperlicher Selbstwahrnehmung (Stretching, Atem, Musik)
Zur Entkopplung von Reiz und Verhalten – z. B. bevor man auf etwas antwortet, das einen getriggert hat
Fortschrittsindikatoren
Bei hochsensiblen Menschen zeigt sich „Erfolg“ nicht in Widerstandskraft, sondern in:
· Erhöhter Erholungsfähigkeit nach Reizexposition
· Geringerer innerer Flutreaktion bei neuen, komplexen oder mehrdeutigen Situationen
· Schnellerer Rückkehr in den eigenen Rhythmus nach Unterbrechungen
· Weniger Reizvermeidung, ohne dass man sich überwinden muss
Die VNS ersetzt kein Coaching und keine Psychoedukation – aber sie schafft eine vegetative Grundlage, auf der feinfühlige, vorausschauende Selbststeuerung möglich wird, ohne konstanten Energieverlust.
CPTSD und Kindheitstrauma
Die komplexe posttraumatische Belastungsstörung (CPTSD) entsteht nicht durch ein singuläres Ereignis, sondern durch wiederholte, oft subtile oder chronifizierte Gewalterfahrungen – häufig beginnend in der Kindheit. Dazu gehören emotionale Vernachlässigung, inkonsistente Bindung, psychische oder körperliche Gewalt, sexualisierte Grenzverletzungen oder fortgesetzte Entwertung. Die daraus resultierenden Symptome reichen weit über klassische Traumareaktionen hinaus und betreffen grundlegende Dimensionen des Selbst: Affektregulation, Selbstwahrnehmung, Beziehungsgestaltung, Handlungskohärenz und die Fähigkeit zur inneren Verankerung im eigenen Körper.
Im Zentrum der CPTSD steht eine antrainierte Trennung zwischen physiologischer Alarmbereitschaft und psychischer Handlungsfähigkeit. Viele Betroffene erleben sich entweder als funktional „abgetrennt“ oder als überwältigt – ohne Zwischenzustand. Hier setzt die transkutane Vagusnervstimulation (taVNS) als nichtsprachliche, körperbasierte Regulierungsmethode an: Sie wirkt dort, wo Sprache versagt – auf die vegetative Koordination, auf die affektive Schwelle und auf die fragmentierte Wahrnehmung von inneren Zuständen.
Wirkansatz der taVNS bei CPTSD
Die taVNS adressiert zentrale Symptomcluster, die mit herkömmlichen Interventionen oft nur begrenzt erreichbar sind:
· Hypervigilanz (ständige Alarmbereitschaft, Schlafstörungen, Reizüberflutung):
VNS kann über parasympathische Aktivierung das sympathische Übersteuerungssystem abpuffern.
· Emotionaler Shutdown und Dissoziation (emotionale Taubheit, Depersonalisation, Erstarrung):
Regelmäßige vagale Inputs bieten ein physiologisches Gegengewicht zur Erstarrungslogik.
· Schamspiralen und Selbstabwertung:
VNS wirkt stabilisierend auf limbisch-vagale Netzwerke, die mit Angst, Scham und Selbstbild gekoppelt sind.
· Beziehungstrauma und Affektentkopplung:
Der Vagusnerv spielt eine zentrale Rolle im sozialen Engagement-System (Porges). Eine rhythmische Stimulation kann helfen, Kontakt- und Rückzugsimpulse besser zu koordinieren.
Woche 1–2: Rückbindung ohne Überforderung
Der Fokus der Anfangsphase liegt auf Sicherheit, Wiederholung, Vorhersagbarkeit – nicht auf Auseinandersetzung mit Trauma-Inhalten.
Was | Wie | Ziel |
taVNS | 15 Min/Tag, gekoppelt mit Atemrhythmus (z. B. 4–6 Atemzüge/Min.). Anwendung vor/nach Kontakten, Therapie oder emotionaler Arbeit. | Verhinderung von Kollaps- oder Panikreaktionen |
Rhythmische Bewegung | 5–10 Minuten: sanftes Gehen, Schaukeln, Körperwiegen, optional mit Musik/Metronom. | sensorische Integration, Schwelle für Reizflutung senken |
Selbstfürsorge | „Tägliches Zeitfenster“ für absichtslose Aktivitäten (z. B. falten, ausruhen, zeichnen) | Eigensteuerung ohne Zielkonflikt |
Emotionale Verankerung | Stimmnutzung (z. B. Summen, leises Vorlesen, monotones Sprechen mit sich selbst oder Tierkontakt) | Re-Aktivierung von Präsenz ohne Dialogbelastung |
Wichtig: Die taVNS ersetzt kein „Coping“. Sie hilft, überhaupt Zugang zu innerem Zustand und Regulation wiederzufinden – nicht durch Kontrolle, sondern durch Wiederholung.
Tagesstruktur (Woche 1–2)
Tageszeit | Was | Beobachtung |
Morgen | taVNS + 5 Minuten Atem oder Journaling; leichte, körpernahe Aktivität ohne Ziel | Erträglicher Start? Anbindung an Tagesbeginn spürbar? |
Mittag | Rhythmische Bewegung (Gehen, Schaukeln), optionaler Kontakt (z. B. Text, Sprachnachricht) | Kontakt ohne Reizüberflutung möglich? |
Nachmittag | „Stiller Zeitraum“ für freie Tätigkeit; Wahrnehmung benennen (z. B. drei Worte für Zustand) | Reflexionsmöglichkeit ohne Eskalation? |
Abend | Summen, Vorlesen oder ruhige Musik; Dehnen oder Gewichtsreiz (Decke) | Besserer Einschlaf? Weniger Nachhall von Reizen? |
Woche 3–4: Kapazitätsaufbau ohne Leistungsdruck
Nach initialer Stabilisierung kann die Anwendung gezielt auf systemisch herausfordernde Zonen erweitert werden:
Was | Wie |
taVNS | Nach sozialen Kontakten oder Reizinteraktionen zur Re-Regulation. Alternativ während stiller Therapieformen. |
Bewegung | Kombination mit sprachlichem Rhythmus: Farben benennen, Zählen beim Gehen, bewusstes „Schritt hören“. |
Selbstfürsorge | Drei „Wahlmöglichkeiten“ vorbereiten – nicht entscheiden, sondern spüren, was heute passt. |
Verankerung | Audiodateien mit eigener Stimme aufnehmen, passiv anhören. Selbstanbindung ohne direkte Sprachleistung. |
Fortschrittsindikatoren
· CPTSD-Fortschritte zeigen sich nicht in „Stabilität“, sondern in:
· Reduzierte Absturzreaktion nach sozialem oder innerem Kontakt
· Verbesserter Fähigkeit, sich aus dem Schutzzustand wieder zu „verlassen“
· Geringerer Zwang zur Selbstüberwachung
· Wohlwollenderer Beziehung zum eigenen Zustand, auch wenn er instabil bleibt
Chronische Schmerzen
Chronische Schmerzen sind nicht bloß eine verlängerte Form akuter Schmerzempfindung – sie sind ein eigenes neurobiologisches Phänomen. Über Wochen, Monate oder Jahre verändert sich das Schmerzsystem selbst: Nervenzellen feuern dauerhaft, das zentrale Nervensystem überinterpretiert Reize, Entzündungssignale persistieren, obwohl die ursprüngliche Ursache längst abgeklungen ist. Diese sogenannte zentrale Sensibilisierung führt dazu, dass selbst geringe Reize als schmerzhaft wahrgenommen werden – oft ohne sichtbare Gewebeschädigung.
Die Vagusnervstimulation (VNS) greift nicht auf der Ebene der Schmerzursache, sondern auf der Ebene der Schmerzverarbeitung und -modulation an. Über elektrische Impulse – entweder invasiv über ein implantiertes Gerät oder nicht-invasiv über die transkutane aurikuläre VNS (taVNS) – beeinflusst sie die vegetative Regulation, die Schmerzhemmung auf Rückenmarksebene und die Verarbeitung in Hirnarealen wie Thalamus, Insula und anteriorer cingulärer Cortex.
Wirkung der VNS bei chronischen Schmerzzuständen
Wirkprinzip | Therapeutischer Effekt |
Modulation nozizeptiver Bahnen | Reduktion der Schmerzintensität und -häufigkeit |
Hemmung proinflammatorischer Zytokine | Senkung chronisch-entzündlicher Aktivität im peripheren Gewebe |
Aktivierung des cholinergen Entzündungsreflexes | Beruhigung systemischer Immunüberreaktionen |
Parasympathische Reaktivierung | Verbesserung von Schlaf, Verdauung, Erholungsfähigkeit |
Reorganisation zentraler Schmerzverarbeitung | Unterbrechung dysfunktionaler neuronaler Schmerzschleifen |
Indikationen (klinisch und experimentell)
· Fibromyalgie: weit verbreiteter Muskel- und Weichteilschmerz bei vegetativer Instabilität
· Migräne: insbesondere mit Aura oder Reiztriggersensitivität
· Neuropathische Schmerzen: z. B. nach Operationen, bei Polyneuropathie, Trigeminusneuralgie
· Muskuloskelettale Schmerzen: chronischer Rückenschmerz, Schulterschmerzen, Spannungskopfschmerz
· Rheumatisch-entzündliche Erkrankungen: als Zusatzintervention zur Entzündungsmodulation
Woche 1–2: Anwendung zur Stabilisierung von Schmerz- und Reizmustern
Ziel: nicht maximale Schmerzfreiheit, sondern Wiederherstellung einer verlässlichen Schmerzvorhersagbarkeit und vegetativen Erholungsfähigkeit.
Was | Wie | Ziel |
taVNS | 15 Minuten vor und nach Bewegungseinheiten; optional abends zur Förderung von Tiefschlaf | Reduktion der Schmerzempfindlichkeit, Verbesserung der Schlafqualität |
Bewegung | Wasserbasierte Bewegung (Pool walk), isometrische Übungen (z. B. Wandliegestütz, Halteübungen für große Muskelgruppen) | Aktivierung ohne Belastung der Gelenke, Wiederaufbau funktionaler Bewegungsfähigkeit |
Atmung + Dehnung | 2× täglich: Atem 4:6 (Ein-/Ausatmung), sanfte Mobilisation von Hüften, Schultern, Wirbelsäule | Wiederanbindung an Körpersignale, Entspannung gezielter Schmerzfelder |
Stimmungsaufhellung | 1× täglich: Tanzen, Singen, Lachen, Spaziergang mit Musik | Aktivierung dopaminerger und endorphiner Systeme, Schmerzablenkung |
Tagesstruktur (Woche 1–2)
Tageszeit | Anwendung | Ziel |
Morgen | 5 Min Atmung + Dehnung, taVNS vor Frühstück | Reizschwelle anheben, Tagesstart erleichtern |
Mittag | 5–10 Min isometrische Bewegung, evtl. Poolbewegung | Funktion erhalten, Kreislauf aktivieren |
Nachmittag | Spaziergang oder Musikbewegung, keine Multitaskingaktivitäten | Reizüberlastung vermeiden, Energie erhalten |
Abend | taVNS + Dehnung, ggf. Dankbarkeits-/Trostliste (3 einfache Punkte) | Schmerztonus senken, Fokus verlagern |
Woche 3–4: Erweiterung und Vertrauen in Bewegung
Ziel: mehr Bewegungsfreiheit bei weniger Schmerzangst, ohne Rückfall in Überforderung.
taVNS | Weiterhin 1–2× täglich, besonders nach Bewegung und vor dem Schlaf. Fokus: Veränderung der Schlafqualität und Schmerzrückkopplung beobachten. |
Bewegung | Isometrie um Haltezeit verlängern, leichte Kniebeugen an der Wand oder Theraband-Übungen einbauen. Wenn möglich, erste Bewegungsübungen im Wasser mit Koordinationselementen. |
Atmung/Dehnung | Kombination von Atem mit Klopftechniken oder Selbstmassage (Body scan mit Berührung) – zur Integration des Körperbilds |
Stimmungsaufhellung | Bewegung mit sanftem sozialen Kontakt koppeln (z. B. gemeinsamer Spaziergang, geteilte Playlist, Tierkontakt). Ziel: Körperliche Aktivität wieder positiv verknüpfen. |
Fortschrittsindikatoren
· Vorhersagbarkeit von Schmerzreaktionen (weniger plötzliche Schmerzschübe)
· Reduktion von „Flares“ (kürzere Dauer, geringere Intensität)
· Zunahme an angenehmer Bewegung (auch wenn Schmerzen bestehen)
· Weniger Vermeidungsverhalten, ohne überhöhten Aktivismu
Chronische Schmerzen sitzen nicht nur im Gewebe, sondern auch im überreizten Nervensystem. Die Vagusnervstimulation bietet keine Narkose – sondern eine tägliche Einladung zur Selbstanbindung ohne Bedrohung. Sie ersetzt keine Schmerztherapie, aber sie verändert das Innenleben der Schmerzverarbeitung – leise, rhythmisch, verlässlich. Und genau das fehlt vielen chronisch Schmerzgeplagten: Verlässlichkeit im eigenen Körper.
Geistiger Abbau
Kognitiver Abbau umfasst eine Reihe von funktionellen Veränderungen in Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Sprache, Orientierung und Problemlösefähigkeit, die über das normale Altern hinausgehen – jedoch nicht immer sofort in eine manifeste Demenz übergehen. Viele Betroffene erleben zunächst episodische Wortfindungsstörungen, reduzierte geistige Ausdauer, verlangsamtes Denken, Verwirrtheit bei Reizflut oder eine erschwerte Umstellung zwischen Aufgaben. Der Übergang vom subjektiven kognitiven Leistungsabfall zu einer milden kognitiven Beeinträchtigung (MCI) bis hin zu neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer ist dabei gleitend.
Die Vagusnervstimulation (VNS) wird in diesem Kontext als potenziell schützende und aktivierende Maßnahme untersucht. Insbesondere die transkutane Variante (taVNS) wirkt dabei nicht pharmakologisch, sondern über rhythmische Aktivierung zentraler Hirnregionen, die für Aufmerksamkeit, Lernen und Gedächtniskonsolidierung entscheidend sind – z. B. präfrontaler Cortex, Hippocampus, Nucleus basalis und Thalamus.
Wirkmechanismen der VNS bei kognitivem Abbau
Wirkprinzip | Funktioneller Effekt |
Aktivierung cholinerger Bahnen | Förderung der Gedächtnisbildung und der selektiven Aufmerksamkeit |
Förderung der Neuroplastizität | Stabilisierung kognitiver Netzwerke, insbesondere im medialen Temporallappen |
Verbesserung der zerebralen Durchblutung | Erhöhung des Sauerstoff- und Nährstoffangebots für sensible Hirnareale |
Vegetative Rhythmisierung | Förderung stabiler Schlaf-Wach-Zyklen und Tagesstruktur |
Entzündungsmodulation | Reduktion neuroinflammatorischer Prozesse, die kognitive Funktionen beeinträchtigen |
Zielgruppen
Die VNS kommt insbesondere für folgende Personengruppen infrage:
· Erwachsene mit subjektiver kognitiver Leistungsminderung
· Menschen im Frühstadium einer leichten kognitiven Beeinträchtigung (MCI)
· Angehörige mit genetischem Risiko (z. B. ApoE4) zur Prävention und Aktivierung
· Betroffene mit Long COVID oder postviralen Zuständen mit „Brain Fog“
· Menschen mit neurodegenerativen Erkrankungen in frühen bis mittleren Stadien – in Kombination mit kognitivem Training, Bewegung oder sozialer Aktivierung
Woche 1–2: Kognitive Rhythmisierung und vegetative Entlastung
Ziel ist es, geistige Aktivität wieder verlässlich zu verankern, ohne Überforderung, durch Wiederholung und Reizreduktion.
Was | Wie | Ziel |
taVNS | 20 Minuten täglich während morgendlicher Lektüre (z. B. leichte Sachtexte, Gedichte), möglichst bei Tageslicht | Synchronisierung mit Tagesrhythmus, Aktivierung frontaler Netzwerke |
Bewegung | Spaziergang + Benennungsspiel (z. B. Farben, Buchstaben), 5 Minuten Tanz oder Taktbewegung | Förderung motorisch-kognitiver Kopplung, BDNF-Anstieg |
Neuro-Tasks | Kognitive Aufgaben im Wechsel: Sudoku, Geschichte erzählen, kreatives Schreiben + Ruhephase | Reizdosis modulieren, kognitive Ermüdung vermeiden |
Geistige Hygiene | „Gerätefreie“ Stunden (z. B. 9–11 Uhr); Mini-Rituale vor Schlafen und Mahlzeiten (z. B. Atem + Wort) | Förderung intentionaler Zustandswechsel |
Tagesstruktur (Woche 1–2)
Tageszeit | Verankerung | Beobachtungshinweis |
Morgen | 20 Min taVNS + Lesen; sanftes Stretching, Spaziergang mit Musik | Gedankenstart klarer? Weniger Suchbewegungen? |
Mittag | Rätsel oder leichte Verwaltungsaufgabe; Ruhepause (nicht Bildschirm) | Erschöpfung danach geringer? Worte verfügbarer? |
Nachmittag | Erzählen (z. B. was gelesen/erlebt), kein Multitasking-Fenster (1–2 Std) | Konzentration stabiler? Weniger mentale Fragmentierung? |
Abend | Übergangsritual (3 Atemzüge + Wort); optionale taVNS-Anwendung vor Schlaf | Einschlafen leichter? Reizhall geringer? |
Woche 3–4: Aufbau neuronaler Ausdauer ohne Reizüberladung
taVNS | Anwendung 1× täglich beibehalten, neue Testung: abends nach geistiger Belastung (z. B. viel Bildschirmarbeit) zur Erleichterung des System-Resets |
Bewegung | Hinzufügen koordinativer Muster (z. B. Step+Klang, Gleichgewichtsübungen); Integration in Alltag (z. B. Treppe, Rhythmus) |
Neuro-Aufgaben | Erinnerungstraining nach Zuhören (z. B. Inhalte rekapitulieren); kooperative Aufgaben (z. B. Kreuzworträtsel mit Partner:in) |
Kognitive Ordnung | Visuelle Marker für Übergänge (z. B. Symbol für Pausen); Bildschirmstruktur entlasten, Erinnerungshilfen physisch verfügbar halten |
Fortschrittsindikatoren
Die Wirkung der taVNS zeigt sich bei kognitivem Abbau nicht in Sprüngen, sondern in Wiederverfügbarkeit:
· besserer Zugriff auf bekannte Inhalte, weniger Wortfindungsfrustration
· längere Abschnitte klarer Aufmerksamkeit, auch bei Routineaufgaben
· besseres Umschalten zwischen Aufgaben, geringere mentale Desorientierung
· mehr Vertrauen in die eigene Orientierung, selbst wenn Gesamtleistung gleich bleibt
Kognitiver Abbau braucht keine intellektuelle Überforderung und kein Leistungstraining. Was fehlt, ist nicht Anstrengung, sondern Regelmäßigkeit, Rhythmus und Wiederholung – ohne Erwartungsdruck. Die Vagusnervstimulation kann ein vegetativer Anker sein für Menschen, die sich verlieren, bevor sie überhaupt richtig anfangen. Sie trainiert kein Gedächtnis – sie erinnert das System an seine Taktfähigkeit.
Wirksamkeit und klinische Studien
Aktuelle Forschungsergebnisse zur Wirksamkeit von VNS/Neuromodulation
Die aktuelle Forschung zur Vagusnervstimulation (VNS) und Neuromodulation liefert zunehmend überzeugende Beweise für ihre Wirksamkeit bei verschiedenen Erkrankungen und Störungen. Klinische Studien untersuchen die Auswirkungen der Stimulation des Vagusnervs auf neurologische Erkrankungen wie Epilepsie und chronische Schmerzen, sowie auf psychische Gesundheitsprobleme wie Depressionen und Angststörungen. Die Ergebnisse zeigen oft eine signifikante Verbesserung der Symptome und eine gesteigerte Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen. Forscher arbeiten kontinuierlich daran, die Stimulationsparameter zu optimieren und die spezifischen Mechanismen der VNS besser zu verstehen, um ihre therapeutische Anwendung weiter zu verfeinern. Diese Studien legen nahe, dass VNS eine vielversprechende Option für Patienten sein könnte, bei denen andere Behandlungen keine ausreichende Linderung bringen, et al. Ich unterstütze Sie mit Empathie und Klarheit dabei, diese Optionen zu verstehen und zu bewerten.
Biomarker für den Therapieerfolg
Die Identifizierung von Biomarkern für den Therapieerfolg der Vagusnervstimulation ist ein wichtiger Schritt, um die Behandlung zu personalisieren und ihre Wirksamkeit zu maximieren. Biomarker könnten helfen, diejenigen Patienten zu identifizieren, die am wahrscheinlichsten auf die Stimulation des Vagusnervs ansprechen, und die Stimulationsparameter entsprechend anzupassen.
Aspekt | Details |
Mögliche Biomarker | Veränderungen in der Herzfrequenzvariabilität, der Hirnaktivität (gemessen durch EEG) und der Konzentration bestimmter Neurotransmitter im Gehirn. |
Ziel der Biomarker-Überwachung während der VNS-Behandlung | Die Aktivierung des Vagusnervs besser verstehen und die Therapie an die individuellen Bedürfnisse des Patienten anpassen. |
Die Entwicklung von Biomarkern ist ein aktives Forschungsgebiet, das das Potenzial für eine präzisere und effektivere Anwendung der VNS eröffnet. Ich biete Ihnen einen Raum, in dem Sie sich ohne Druck öffnen können – im Zentrum stehen Sie: mit Ihrer Geschichte, Ihren Zielen, Ihrer Veränderung.
Vergleich von invasiven und nicht-invasiven Methoden
Die Vagusnervstimulation kann sowohl invasiv als auch nicht-invasiv durchgeführt werden.
Methode | Beschreibung |
Invasive VNS | Chirurgische Implantation einer Elektrode am Vagusnerv im Halsbereich zur Abgabe von elektrischen Impulsen. |
Nicht-invasive VNS | Nutzung von Elektroden, z.B. bei der transcutanen aurikulären Vagusnervstimulation (tVNS), die am Ohr platziert werden, um den Vagusnerv indirekt zu stimulieren. |
Die Wahl zwischen invasiven und nicht-invasiven Methoden hängt von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich der Art und Schwere der Erkrankung oder Störung, den individuellen Bedürfnissen des Patienten und den möglichen Risiken und Vorteilen jeder Methode. Aktuelle klinische Studien vergleichen die Wirksamkeit und Sicherheit beider Ansätze, um die optimale Behandlungsstrategie für verschiedene Patientengruppen zu ermitteln. Ich unterstütze Sie mit Empathie und Klarheit dabei, die für Sie passende Behandlung zu finden.
Risiken und Nebenwirkungen der Vagusnervstimulation
Wie bei jeder medizinischen Behandlung können auch bei der Vagusnervstimulation (VNS) Nebenwirkungen auftreten, obwohl diese in der Regel mild und vorübergehend sind. Häufige Nebenwirkungen der Stimulation des Vagusnervs sind Heiserkeit, Husten, Halsschmerzen, Atembeschwerden oder Kribbeln im Halsbereich während der Stimulation. Diese Symptome treten meist nur während der Aktivierung des Geräts auf und verschwinden kurz danach wieder. In seltenen Fällen können auch Schluckbeschwerden oder eine Veränderung der Stimme auftreten. Es ist wichtig, dass Patienten alle potenziellen Nebenwirkungen mit ihrem Arzt besprechen, bevor sie sich für eine VNS-Behandlung entscheiden. Ich unterstütze Sie mit Empathie und Klarheit dabei, persönliche oder berufliche Herausforderungen zu meistern.
Langzeitrisiken und Sicherheitsaspekte zur Stimulation des Vagusnervs
Die langfristigen Risiken und Sicherheitsaspekte der Vagusnervstimulation werden weiterhin in klinischen Studien untersucht, um vielversprechende Ergebnisse zu erzielen. Bisherige Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die VNS im Allgemeinen eine sichere und gut verträgliche Behandlungsmethode ist. Es gibt jedoch einige Aspekte, die bei der langfristigen Anwendung berücksichtigt werden müssen. Dazu gehören mögliche Veränderungen der Herzfrequenz, insbesondere bei Patienten mit vorbestehenden Herzerkrankungen, sowie das potenzielle Risiko von Infektionen oder Komplikationen im Zusammenhang mit dem implantierten Gerät bei der invasiven VNS. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen und eine sorgfältige Überwachung sind wichtig, um mögliche Probleme frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Die Wirksamkeit und Sicherheit der VNS wird auch weiterhin in groß angelegten Studien untersucht, um ein umfassendes Verständnis der langfristigen Auswirkungen zu gewährleisten. Ich biete Ihnen einen Raum, in dem Sie sich ohne Druck öffnen können – im Zentrum stehen Sie: mit Ihrer Geschichte, Ihren Zielen, Ihrer Veränderung.
Patientenberichte und Erfahrungen über die Stimulierung des Vagusnervs
Erfahrungsberichte von Patienten und Betroffenen, die eine Vagusnervstimulation anwenden, liefern wertvolle Einblicke in die Wirksamkeit und die Auswirkungen der Behandlung auf die Verbesserung der Lebensqualität. Viele Patienten berichten von einer signifikanten Verbesserung der Symptome ihrer Erkrankung oder Störung, wie z.B. einer Reduktion der Anfallshäufigkeit bei Epilepsie, einer Linderung von Depressionen oder einer Schmerzlinderung bei chronischen Schmerzen. Einige Patienten berichten auch von positiven Auswirkungen auf ihre kognitiven Funktionen und ihre emotionale Stabilität. Es ist wichtig zu beachten, dass die Erfahrungen mit der VNS individuell unterschiedlich sein können und dass nicht jeder Patient die gleichen Vorteile erfährt. Die Berichte von Patienten können jedoch dazu beitragen, ein realistisches Bild von den potenziellen Vorteilen und Herausforderungen der Vagusnervstimulation zu vermitteln. Die Stimulation des Vagusnervs zeigt eine vielversprechende Zukunft für verschiedene neurologische und psychische Beschwerden.
Zukünftige Perspektiven der Vagusnervstimulation
Innovationen in der VNS-Technologie
Die Zukunft der Vagusnervstimulation (VNS) ist geprägt von kontinuierlichen Innovationen in der Technologie und den Stimulationsparametern. Neue Elektrodendesigns und Stimulationsprotokolle werden entwickelt, um die Aktivierung des Vagusnervs zu optimieren und die Wirksamkeit der Behandlung zu steigern. Fortschritte in der tragbaren Technologie ermöglichen die Entwicklung von kleineren und komfortableren VNS-Geräten, die eine kontinuierliche oder bedarfsgerechte Stimulation im Alltag ermöglichen. Die Integration von künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen in die VNS-Technologie könnte es ermöglichen, die Stimulation in Echtzeit an die individuellen Bedürfnisse des Patienten anzupassen und die therapeutischen Ergebnisse weiter zu verbessern. Diese Innovationen versprechen eine noch präzisere und effektivere Anwendung der Vagusnervstimulation bei verschiedenen Erkrankungen und Störungen. Ich unterstütze Sie mit Empathie und Klarheit dabei, die für Sie passende Behandlung zu finden.
Erweiterte medizinische Anwendungen der Stimulation des Vagusnervs
Die Anwendungsmöglichkeiten der Stimulation des Vagusnervs (VNS) erweitern sich stetig, da die Forschung neue Anwendungsbereiche und potenzielle Vorteile entdeckt. Neben den etablierten Indikationen wie Epilepsie, Depressionen und chronischen Schmerzen wird die VNS zunehmend bei anderen neurologischen und psychischen Erkrankungen und Störungen untersucht. Dazu gehören beispielsweise die Behandlung von entzündlichen Darmerkrankungen, die Verbesserung der Herzfunktion bei Herzinsuffizienz und die Förderung der Rehabilitation nach Schlaganfällen. Die Fähigkeit der Stimulation des Vagusnervs, das autonome Nervensystem und das Immunsystem zu beeinflussen, macht sie zu einem vielversprechenden Ansatz für die Behandlung einer Vielzahl von komplexen Gesundheitsproblemen. Zukünftige klinische Studien werden dazu beitragen, die spezifischen Anwendungen und die Wirksamkeit und Sicherheit der VNS in diesen erweiterten Bereichen zu bestätigen. Ich biete Ihnen einen Raum, in dem Sie sich ohne Druck öffnen können – im Zentrum stehen Sie: mit Ihrer Geschichte, Ihren Zielen, Ihrer Veränderung.
Fazit
Die Vagusnervstimulation (VNS) und verwandte Verfahren der nicht-invasiven Neuromodulation rücken zunehmend in den Fokus integrativer Behandlungsansätze. Mit wachsendem Verständnis der zugrunde liegenden neurophysiologischen Mechanismen entwickelt sich die VNS zu einem verbindenden Element zwischen Psychiatrie, Neurologie, Schmerzmedizin, Immunologie und Psychosomatik – nicht als Ersatz, sondern als Brücke zwischen Fachdisziplinen.
Insbesondere bei chronisch belasteten, multimorbiden oder therapieresistenten Patienten, deren Symptome sich herkömmlichen Behandlungspfaden entziehen, eröffnet die taVNS eine strukturierte, körperbasierte und nebenwirkungsarme Möglichkeit, autonome Rhythmen neu zu kalibrieren – etwa in Kombination mit:
· psychotherapeutischen Verfahren (z. B. Schema-, Trauma-, ACT- oder Emotionsfokussierte Therapie),
· medikamentösen Ansätzen, bei denen eine Dosisreduktion oder Kombinationsoptimierung angestrebt wird,
· Bewegungstherapie, Musiktherapie oder Ergotherapie, die durch vagale Koaktivierung an Tiefe gewinnen,
· Neurofeedback, Biofeedback oder HRV-Monitoring, die Rückmeldung und Selbstwirksamkeit fördern,
· und somatisch-achtsamkeitsbasierten Methoden, wenn diese auf konkrete vegetative Prozesse abgestimmt sind.
Die zentrale Herausforderung liegt heute weniger in der technischen Machbarkeit, sondern in der verantwortungsvollen Integration in den klinischen Alltag. Dazu gehört:
· die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Neurolog:innen, Psychiater:innen, Schmerz- und Traumatherapeut:innen,
· die Differenzierung der Indikation (Was ist modulativ erreichbar, was nicht?),
· die individuelle Dosierung und Alltagseinbettung,
· die Patientenaufklärung ohne Heilsversprechen, aber mit realistischer Perspektive.
Besonders in der Versorgung von Menschen mit polyvagalen Belastungsprofilen – also solchen, die sich durch Reizüberforderung, Erschöpfung, vegetative Instabilität oder postvirale Zustände auszeichnen – wird die VNS künftig ein wichtiges Additiv zur Funktionsstabilisierung darstellen: nonverbal, niedrigschwellig, tagesbegleitend.
Die Vagusnervstimulation (VNS) ist kein technisches Allheilmittel – aber sie ist ein präzises Werkzeug der vegetativen Unterstützung. Ihr Potenzial liegt nicht darin, Symptome zu „beheben“, sondern in der Wiederherstellung innerer Verfügbarkeit: in der Fähigkeit, auf Reize nicht automatisch zu reagieren, sondern eingebettet zu bleiben. Ob bei Epilepsie, Depression, Schmerz, Trauma, kognitivem Abbau oder postinfektiöser Reizentgleisung – die VNS eröffnet eine neue Qualität des medizinischen Dialogs: nicht durch Verstärkung, sondern durch Wiederholung; nicht durch Intervention, sondern durch Rhythmisierung.
Die nächsten Jahre werden zeigen, in welchen Konstellationen die VNS als eigenständige oder kombinierte Maßnahme die Lebensqualität Betroffener dauerhaft verbessern kann. Entscheidend wird sein, sie nicht nur als neurotechnisches Verfahren, sondern als verkörperte Behandlungsform im Dialog mit individuellen Lebensrealitäten zu begreifen.
Die Zukunft der Neuromodulation liegt nicht in der Maximierung, sondern in der Regulierbarkeit. Und genau darin liegt die Stärke der VNS.
FAQ – Häufige Fragen zur therapeutischen Vagusnervstimulation (VNS) bei chronischen Erkrankungen, Reizdysregulation und neuropsychiatrischen Mustern
Wie wirkt Vagusnervstimulation (VNS) bei Autismus und ADHS im Erwachsenenalter (AuDHS)?
Bei AuDHS – einer Doppelkonstellation aus Autismus-Spektrum und ADHS – adressiert die taVNS sowohl die sensorische Überempfindlichkeit als auch den impulsiven Reizüberschuss. Sie stabilisiert vegetative Übergänge, erleichtert Handlungsbeginn, dämpft Overload-Reaktionen und erhöht die Verfügbarkeit in sozialen und kognitiven Situationen – ohne Anpassungsdruck.
Welche konkreten Tagesanwendungen der taVNS sind bei postviraler Erschöpfung (z. B. ME/CFS, Long COVID) sinnvoll?
Empfohlen wird eine 1–2× tägliche Anwendung à 15 Minuten, gekoppelt mit ruhiger Lektüre, Atemarbeit oder Teeritual. Sie wirkt stabilisierend vor Bewegungseinheiten (z. B. Dehnen, 3-minütiges Gehen), nach Reizkontakt oder zur Rhythmisierung bei Dysautonomie. Fortschritt bedeutet hier nicht Leistungszuwachs, sondern geringere vegetative Reaktivität.
Wie hilft VNS bei chronischen Schmerzen wie Fibromyalgie oder neuropathischen Beschwerden?
Die taVNS moduliert zentrale Schmerzverarbeitung, senkt Entzündungssignale und beruhigt das vegetative Alarmsystem. In Kombination mit isometrischer Bewegung, Atem-Dehnungseinheiten und gezielter Stimmungsaktivierung (z. B. Musik, Humor) verbessert sich die Schmerzvorhersagbarkeit und Bewegung wird wieder als sicher erlebt.
Was bringt die Vagusnervstimulation bei komplexer PTBS und Kindheitstrauma?
Sie wirkt nicht durch Aufarbeitung, sondern durch Wiederholung: 15 Minuten tägliche taVNS, kombiniert mit sanfter Bewegung (z. B. Gehen mit Rhythmus), selbstgewählten Handlungen (z. B. Sortieren, ruhen) und stimmlicher Verankerung (Summen, leises Sprechen) helfen, das System aus Schutzreaktionen in rhythmische Selbstverfügbarkeit zurückzuführen.
Wie kann VNS kognitive Fähigkeiten bei beginnendem Abbau unterstützen?
Die taVNS fördert die Durchblutung, neuroplastische Aktivität und das Arbeitsgedächtnis. Tägliche Anwendung während Lektüre, kombiniert mit kleinen Bewegungs- und Denkintervallen (z. B. Gehen + Benennen, Rätsel + Pause), unterstützt die Aufmerksamkeitslenkung und reduziert mentale Fragmentierung – besonders bei Brain Fog und MCI.
Hilft VNS auch bei Hochsensibilität?
Ja. Hochsensible Personen profitieren von der Reizpufferung durch taVNS – idealerweise in Kombination mit Reizschutz (Lichtfilter, Geräuschentlastung), festen Ankerzeiten (z. B. morgens + nach Overload) und ruhigen Ritualen. Ziel ist nicht Abhärtung, sondern die Wiederverfügbarkeit nach intensiver sensorischer Erfahrung.
Wie wird die Anwendung der taVNS strukturiert – z. B. in den ersten vier Wochen?
In Woche 1–2: tägliche Anwendung (1× 15 Min.), gekoppelt mit Reizreduktion, Mikrobewegung, Atemarbeit, optional Stimme. Ab Woche 3–4: sanfte Erweiterung – z. B. Anwendung vor Übergängen, nach Sozialkontakt oder in Kombi mit Dual-Tasks (z. B. Gehen + Farben benennen). Ziel ist kein Fortschritt, sondern vegetative Wiederverfügbarkeit.
Ist die taVNS für die selbstständige Anwendung geeignet?
Ja – vorausgesetzt, sie wird traumasensibel eingesetzt, dosiert begonnen und mit alltagstauglichen Routinen verknüpft. Die Stärke der Methode liegt nicht in Intensität, sondern in Wiederholung, Rhythmus und individueller Anbindung.
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DESCRIPTION:
Die Vagusnervstimulation (VNS) hilft bei Erkrankungen wie Depression, ADHS, Autismus, chronischen Schmerzen, kognitivem Abbau und postviraler Erschöpfung. Nicht-invasiv, nebenwirkungsarm und wissenschaftlich fundiert: Alles über Wirksamkeit, klinische Anwendung und Vorteile der nicht-invasiven taVNS – für mehr innere Ruhe, Fokus und Lebensqualität von Patienten im Alltag.
Einführung in die Serie
Die Regulation unseres autonomen Nervensystems steht im Mittelpunkt vieler moderner Gesundheitsdebatten – doch zwischen viralen Biohacks und fundierter Wissenschaft liegt oft eine große Lücke. Diese neue Blogserie widmet sich der Aufgabe, diese Lücke zu schließen. Schritt für Schritt, Kapitel für Kapitel, zeigen wir Ihnen, wie Nervensystem, Selbstregulation und Neuromodulation wirklich zusammenspielen – basierend auf evidenzgestützter Forschung, nicht auf Marketing-Versprechen.
Diese Beiträge bereiten den Weg für ein größeres Projekt, das Ende des Jahres veröffentlicht wird: ein praxisorientierter Leitfaden für Menschen mit postviralen Syndromen, chronischer Erschöpfung, Aufmerksamkeitsproblemen oder psychosomatischen Beschwerden – und für alle, die ihrem Nervensystem vertrauen lernen möchten.
Was Sie erwartet:
Jeder Beitrag dieser Serie nimmt ein Kapitel des kommenden Buches in den Fokus. Wir beleuchten die Grundlagen des autonomen Nervensystems, entkräften verbreitete Mythen, stellen wissenschaftlich belegte Methoden zur Neuromodulation vor und zeigen, wie man praktikable Strategien im Alltag umsetzt. Egal, ob Sie neu im Thema sind oder bereits Erfahrung mit Themen wie Vagusnervstimulation, HRV-Messung oder Polyvagal-Theorie haben – diese Serie bietet Orientierung, Klärung und konkrete Handlungsschritte.
1. Das Nervensystem verändern? Ein kritischer Einstieg in das Thema Selbstregulation.
2. Wie Ihr Nervensystem wirklich funktioniert.
3. Warum viele Theorien mehr Hypothese als Hilfe sind.
4. Was wissenschaftlich validierte Neuromodulation heute leisten kann.
5. Irrtümer über HRV, Vagus und Biohacking aufgedeckt.
6. Praktische Strategien für bessere Regulation im Alltag.
7. Wie Sie ein eigenes, individuelles Selbstregulationskonzept entwickeln.
Zukünftige Sonderkapitel:
• Die Wissenschaft der Neuromodulation – Ein tieferer Einblick in taVNS und verwandte Methoden.
• Bewegung als Therapie – Wie gezieltes Training das Gehirn stärkt.
• Syndromspezifische Strategien – Long COVID, ADHS, CPTSD, chronische Schmerzen & kognitiver Abbau.
Bleiben Sie dabei – denn Wissen ist die beste Grundlage für Vertrauen in den eigenen Körper. Und Vertrauen ist der erste Schritt in Richtung Heilung.
Vagusnervstimulation (VNS): Neuromodulation, invasive und nicht-invasive Stimulation des Vagusnervs bei bestimmten Erkrankungen und Störungen
Die Vagusnervstimulation (VNS) ist eine Form der Neuromodulation, die zunehmend an Bedeutung gewinnt. Durch die Stimulation des Vagusnervs können verschiedene neurologische und psychische Erkrankungen und Störungen behandelt werden, was zu einer deutlichen Verbesserung der Symptome führen kann.
Vagus-Stimulation mit implantierbaren Geräten findet bereits längere Zeit Anwendung bei spezifischen Diagnosen wie:
· Epilepsie: Die Vagus-Stimulation kann Anfälle reduzieren und die Lebensqualität der Patienten verbessern.
· Depressionen: Bei therapieresistenten Depressionen kann diese Methode helfen, Symptome zu lindern.
· Chronische Schmerzen: Die Stimulation des Vagusnervs kann dazu beitragen, Schmerzempfindungen zu modulieren.
· Entzündliche Erkrankungen: Einige Studien zeigen, dass die Vagus-Stimulation entzündungshemmende Effekte haben kann.
Worum es geht:
· Anwendungsbereiche der Vagusnervstimulation bei bestimmten Störungen und Erkrankungen
· positive Auswirkungen auf die Verbesserung der Lebensqualität von Betroffenen
Vagusnervstimulation (VNS) – Eine spezifische Form der Neuromodulation
Die Vagusnervstimulation (VNS) ist eine gezielte neuroelektrische Intervention, die auf die funktionelle Beeinflussung des autonomen Nervensystems abzielt. Im Mittelpunkt steht der Nervus vagus, der zehnte und längste Hirnnerv des Körpers. Er durchzieht Hals, Brust- und Bauchraum, innerviert lebenswichtige Organe wie Herz, Lunge, Magen-Darm-Trakt und Leber – und vermittelt dabei bidirektionale Signale zwischen Körper und Gehirn. Etwa 80 % der vagalen Fasern sind afferent, also aufsteigend: Sie transportieren Informationen aus dem Körper zum Gehirn, nicht umgekehrt.
Die therapeutische Vagusnervstimulation wurde zunächst in der Behandlung von therapieresistenter Epilepsie etabliert. In diesem Kontext wird seit den 1990er Jahren ein implantiertes Gerät unterhalb des Schlüsselbeins eingesetzt, das über einen isolierten Draht gezielte Impulse an den linken Vagusnerv im Halsbereich sendet. Im Lauf der vergangenen zwei Jahrzehnte hat sich jedoch ein deutlich breiteres Wirkprofil der Methode abgezeichnet, das weit über Epilepsie hinausgeht – insbesondere bei chronischen Schmerzzuständen, Depressionen, Angststörungen, kognitiven Einschränkungen und postinfektiösen Syndromen.
Parallel zur invasiven Technik wurde die transkutane aurikuläre Vagusnervstimulation (taVNS) entwickelt: ein nicht-invasives Verfahren, bei dem über die Ohrmuschel – genauer gesagt über die cymba conchae oder angrenzende Areale – milde elektrische Impulse gesetzt werden. Diese aurikuläre Region weist eine dichte vagale Innervation auf, sodass die Stimulation über die Haut einen ähnlichen Effekt auf zentrale vagusvermittelte Hirnareale erzielt wie das implantierte Pendant – ohne chirurgischen Eingriff, ohne Anästhesie, mit alltagstauglicher Handhabung.
Zielsetzung der VNS
Das zentrale Ziel der VNS besteht darin, das autonome Nervensystem zu modulieren – mit besonderem Fokus auf die parasympathische Aktivierung. Der Vagusnerv ist ein Hauptakteur des parasympathischen Systems, also jenes Zweigs des vegetativen Nervensystems, der für Erholung, Regeneration und Homöostase verantwortlich ist. Über die elektrische Stimulation werden Signale erzeugt, die tiefgreifende regulatorische Prozesse anstoßen:
· Reduktion sympathischer Übererregung (z. B. bei chronischem Stress, Panik oder Hyperarousal),
· Stabilisierung der Herzfrequenzvariabilität (HRV) als Marker für vagale Flexibilität,
· Förderung entzündungshemmender Prozesse durch Aktivierung des cholinergen anti-inflammatorischen Reflexes,
· Dämpfung zentraler Schmerzverarbeitung über die Modulation thalamischer und limbischer Bahnen,
· Verbesserung von Gedächtnis, Aufmerksamkeit und exekutiven Funktionen durch Reorganisation präfrontaler Netzwerke.
Im Unterschied zu pharmakologischen Verfahren erfolgt diese Modulation nicht pharmakodynamisch, sondern elektrisch – über gezielte Impulse, deren Frequenz, Intensität und Dauer individuell justierbar sind. Die elektrische Stimulation des Vagusnervs wirkt dabei nicht lokalisierend, sondern systemisch: Sie adressiert nicht nur isolierte Symptome, sondern verändert die Funktionsweise ganzer neuronaler Schaltkreise – über Hirnstamm, limbisches System und kortikale Integrationszentren hinweg.
Wirkungsebene: Selbstregulation statt Symptomunterdrückung
Die VNS zielt nicht auf kurzfristige Kontrolle, sondern auf langfristige Rückgewinnung von innerer Rhythmisierung. Sie schafft ein physiologisches Milieu, in dem der Körper aus dem Zustand chronischer Alarmbereitschaft, funktioneller Fragmentierung oder Erschöpfung zurück in eine regulierbare Dynamik gelangen kann. Entscheidend ist dabei: Die Stimulation wirkt nicht als externe Steuerung, sondern als somatisches Signal, das dem Nervensystem eine Alternative zum dysregulierten Muster anbietet.
Besonders in Zuständen, in denen Sprache, Einsicht oder kognitive Strategien blockiert sind – etwa bei Trauma, Brain Fog, vegetativer Dysregulation oder postviraler Erschöpfung – bietet die VNS einen nonverbalen Zugang zu Sicherheit, Wiederholbarkeit und sanfter Aktivierung. Sie wirkt nicht durch kognitive Kontrolle, sondern durch bottom-up-Modulation – über den Körper zum Gehirn, über Rhythmus zur Integration.
Die VNS als Zugang zur neurophysiologischen Dialogfähigkeit
Ob invasiv oder transkutan – die Vagusnervstimulation ist kein Ersatz für therapeutische Beziehung, Reflexion oder Medikamentation. Sie ist auch kein neurologisches Allheilmittel. Ihr Wert liegt woanders: in der Einladung zur Rückverbindung mit jenen biologischen Rhythmen, die durch Trauma, Dauerstress oder chronische Dysregulation unterbrochen wurden. Als wiederholbares, steuerbares, körperlich verankertes Signal fördert sie nicht das Funktionieren, sondern die Verfügbarkeit des Körpers für Regulation – und genau darin liegt ihr therapeutisches Potenzial.
Vagusnervstimulation und Neuromodulation - Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Die Vagusnervstimulation (VNS) ist eine spezifische Form der Neuromodulation, bei der der Vagusnerv, der längste Hirnnerv, elektrisch stimuliert wird. Neuromodulation umfasst ein breiteres Spektrum an medizinischen Verfahren, die darauf abzielen, die Aktivität des Nervensystems zu beeinflussen. Während andere Neuromodulationsverfahren wie die tiefe Hirnstimulation direkter in das Gehirn eingreifen, wirkt die VNS indirekt, indem sie die Aktivierung des Vagusnervs nutzt, um die neuronale Modulation im Gehirn zu beeinflussen. Beide zielen darauf ab, die neuronale Funktion zu stimulieren und positiv zu beeinflussen.
Erkrankungen und Störungen, bei denen VNS/Neuromodulation hilft
Die Vagusnervstimulation hat sich als vielversprechende therapeutische Option für eine Reihe von Erkrankungen und Störungen erwiesen. Ursprünglich wurde die VNS zur Behandlung von Epilepsie entwickelt, insbesondere bei Patienten, bei denen Medikamente nicht ausreichend wirksam sind. Inzwischen wird die Wirksamkeit der VNS auch bei Depressionen, Angststörungen, chronischen Schmerzen und sogar bei der Behandlung von Long COVID untersucht. Die Fähigkeit der Stimulation des Vagusnervs, das autonome Nervensystem zu beeinflussen, macht sie zu einem wertvollen Werkzeug bei der Behandlung von komplexen, oft chronischen Gesundheitsproblemen, die durch ein Ungleichgewicht im Nervensystem gekennzeichnet sind.
Infektionskrankheiten, Post-Vac-Syndrom, ME/CFS
Die Vagusnervstimulation zeigt besonderes Potenzial bei postinfektiösen, postimmunologischen und neuroinflammatorischen Krankheitsbildern wie dem Post-Vac-Syndrom, dem Myalgischen Enzephalomyelitis/Chronischen Fatigue-Syndrom (ME/CFS) sowie dem Long COVID-Spektrum. Diese Zustände sind häufig gekennzeichnet durch eine anhaltende Dysregulation des autonomen Nervensystems, eine chronisch niedriggradige Entzündungsreaktion und eine gestörte zelluläre Energiebereitstellung.
Typische Symptome umfassen:
· Fatigue / Erschöpfung – unabhängig von Ruhe oder Schlaf
· Postexertionales Malaise (PEM) – massive Verschlechterung nach geringer Anstrengung
· Brain Fog – verlangsamtes Denken, Wortfindungsstörungen, kognitive Fluktuationen
· Dysautonomie – Kreislauflabilität, orthostatische Intoleranz, Tachykardien
· Reizempfindlichkeit – gegenüber Licht, Geräuschen, Bewegung, sozialen Kontakten
· Reaktive Schlafstörungen – Einschlafprobleme, fragmentierter Tiefschlaf, nicht erholsamer Schlaf
In dieser Symptomkonstellation zielt die VNS nicht auf Leistungssteigerung, sondern auf die Wiederherstellung regulatorischer Grundfähigkeiten. Sie wirkt als sanfter Reizgeber auf ein übererregtes, gleichzeitig erschöpftes Nervensystem, das sich nicht mehr flexibel zwischen Aktivität und Ruhe bewegen kann. Dabei ist nicht die Dosis entscheidend, sondern die Regelmäßigkeit, das Timing und die Rhythmisierung.
Zielsetzung der VNS bei postinfektiöser Systemdysregulation
Die VNS dient in diesem Kontext als niederschwelliger Zugang zur Reorganisation vegetativer Signale und wirkt in folgenden drei Kernbereichen:
1. Sanfte parasympathische Inputs
Die tägliche Anwendung der taVNS – vorzugsweise 1–2× täglich à 15 Minuten – erfolgt in ruhiger Umgebung, möglichst gekoppelt mit beruhigenden Routinen: Tee zubereiten, Journaling, achtsames Atmen (z. B. 4:6-Atemmuster). Die VNS setzt dabei keine Erholung voraus, sondern ermöglicht sie – als wiederholbares Signal von Sicherheit.
2. Rhythmisierung körperlicher Aktivität
Da postinfektiöse Zustände häufig mit einem verlorenen Belastungs-Gleichgewicht einhergehen, wird Bewegung in kleinste, planbare Einheiten unterteilt (z. B. 3–5 Minuten Sitzen-Dehnen oder 2 Minuten Gehen mit Musik). Die VNS stabilisiert das System dabei vor und nach diesen Mikroeinheiten. Ziel ist nicht körperliche Leistung, sondern der Aufbau eines belastbaren Rahmens ohne Crash.
3. Kognitive Entlastung durch Reizmanagement
Betroffene mit ME/CFS oder Long COVID zeigen oft eine ausgeprägte Reizintoleranz und kognitive Erschöpfung. Statt Symptomprotokolle oder Tracking-Apps zu führen, wird zur „wohlwollenden Beobachtung“ geraten. Die VNS unterstützt die Fähigkeit, Reize nicht als Bedrohung zu codieren, sondern zu entkoppeln – insbesondere bei gleichzeitiger Reduktion visueller, auditiver und kognitiver Überlastung.
Strukturierte Anwendung in den ersten 2 Wochen
Tagesbegleitend wird empfohlen:
Zeitraum | Maßnahme |
Morgen | taVNS + Teeritual oder 5-minütiges Journaling |
| Leichte Dehnung im Sitzen (z. B. Schulterkreisen) |
Mittag | Kurzer Reizschutz: Lichtfilter, Ohrstöpsel, kein Multitasking |
| Mini-Spaziergang oder Musik mit geschlossenen Augen |
Abend | Keine Bildschirme 30 Minuten vor dem Schlaf |
| taVNS + Gedicht hören oder Stimmübung (Summen) |
Die tägliche Anwendung erfolgt dabei nicht als Trainingsplan, sondern als Regenerationsrahmen. Reize werden absichtlich reduziert, Übergänge vorhersehbar gestaltet und nicht messbar optimiert, sondern sensibel angepasst.
Fortschrittsindikatoren
In dieser Phase sind keine quantifizierbaren Fortschritte zu erwarten – vielmehr zeigt sich Wirkung in Form von:
· verringertem vegetativen Rebound nach kurzer Aktivität (weniger Crashs)
· verlängerten stabilen Wachphasen ohne Reizüberflutung
· weniger Angst vor Routineaufgaben, auch wenn die objektive Leistungsfähigkeit unverändert bleibt
· leichterem Zugang zu Ruhe, ohne dass Erschöpfung dominierend bleibt
Entscheidend ist, dass Fortschritt nicht mit Rückkehr zur Ausgangsleistung verwechselt wird. Die VNS dient nicht der Wiederherstellung eines alten Zustands, sondern dem Aufbau einer neuen, tragfähigen physiologischen Basis – einer, die Heilung ermöglicht, anstatt Überforderung zu fordern.
Autismus bei Erwachsenen
Autistische Erwachsene berichten häufig nicht vorrangig von „sozialen Defiziten“, sondern von einer permanenten vegetativen Überforderung: durch unvorhersehbare Reize, instabile Rhythmen, soziale Interaktionen, sensorische Unstimmigkeit und das Fehlen von sicheren Übergängen. Die Symptome reichen von Shutdowns, sozialem Rückzug und körperlicher Erschöpfung bis zu exekutiven Blockaden, Reizfilterschwächen und emotionaler Überreizung.
Hier bietet die transkutane aurikuläre Vagusnervstimulation (taVNS) ein neuartiges, nicht-kognitiv überfrachtetes Instrument zur Selbstregulation. Die VNS wirkt nicht auf Verhalten, sondern auf den vegetativen Grundtonus – und schafft dadurch Spielraum für Präsenz, Klarheit und Rückbindung an den Körper. Besonders relevant ist der Einsatz in Kombination mit Mikroroutinen, Reizschutz und rhythmischer Tagesstruktur.
Zielsetzung der VNS bei Autismus im Erwachsenenalter
Die Anwendung zielt auf drei Kernbereiche:
1. Reizstabilisierung – das System so weit herunterregulieren, dass Reize wieder integriert werden, ohne Overload.
2. Übergangsfähigkeit – Wechsel zwischen Zuständen (z. B. Arbeit – Pause, Kontakt – Rückzug) erleichtern, ohne Dissoziation.
3. Koordination von Rhythmus – Rituale, Wiederholbarkeit, körpergebundene Rhythmen nutzen, um Vorhersagbarkeit aufzubauen.
Die VNS ersetzt dabei keine Therapie und kein soziales Training – sie macht das System verfügbar, auf dem andere Fähigkeiten aufbauen können.
Konkrete Anwendung (Woche 1–2): Startphase für mehr vegetative Stabilität
Die Anfangsphase dient dem Aufbau einer physiologischen Basis für Reizverarbeitung, Selbstberuhigung und Interaktionspufferung.
Was | Wie | Ziel |
taVNS | 15 Minuten pro Tag, gekoppelt mit Atemrhythmus (z. B. 4–6 Atemzüge/Min.). Zeitpunkt: vor/nach sozialen Kontakten, Therapie oder mentaler Belastung. | Crash-and-Burn-Zyklen vermeiden, Übergänge regulieren. |
Bewegung | 5–10 Minuten rhythmisch (z. B. Gehen mit Musik, sanftes Schaukeln, Metronom), täglich zur gleichen Zeit. | sensorische Integration, Senkung von Reizvigilanz |
Selbstfürsorge | „Tägliches Fenster“ mit selbstgesteuerter Aktivität ohne Produktivitätsanspruch (z. B. skizzieren, zusammenlegen, Decke richten, ruhen). | Autonomie stärken, ohne Entscheidungsdruck. |
Emotionale Verankerung | Stimme nutzen: Summen, Lesen, leises Sprechen mit sich selbst, Tierkontakt. | Aktivierung ohne soziale Überforderung, affektive Re-Regulierung. |
Tagesstruktur (Woche 1–2): Reizreduktion, Rhythmus, Reaktion ermöglichen
Tageszeit | Was | Beobachtungshinweis |
Morgen | taVNS + 5 Minuten Atem, Tagebuch oder leichte Hausarbeit | Start ohne Reizflutung möglich? |
Mittag | 5 Min rhythmische Bewegung oder Schaukeln, kurzer SMS-Kontakt oder Audionachricht | Kontakt möglich ohne Erschöpfung? |
Nachmittag | Tägliches Fenster: ruhige Aktivität ohne Leistung. Drei-Wort-Zustandsbeschreibung üben | Reaktivität vs. Regulationsfähigkeit erkennen |
Abend | Summen, Vorlesen, Musik (Tonverankerung), Stretching oder ruhen mit Gewichtsdecke | Einschlaf erleichtert? Körperspannung geringer? |
Woche 3–4: Sanfte Erweiterung – ohne Übersteuerung
Nach einer zweiwöchigen Grundstabilisierung kann schrittweise getestet werden, was das System verträgt, ohne es zu überfordern.
Was | Wie |
taVNS | Anwendung nach sozialen Interaktionen oder kognitiven Belastungen (z. B. E-Mail, Einkauf). |
Bewegung | Rhythmisches Gehen um 2–3 Minuten verlängern, kombiniert mit Rhythmus (z. B. Farben benennen). |
Selbstfürsorge | Drei „Wahlmöglichkeiten“ fürs Tagesfenster vorbereiten, z. B. Text hören, zeichnen, ausruhen. |
Verankerung | Sprachaufnahme anhören (z. B. beruhigender Text mit eigener Stimme), Audionachricht an sich selbst senden. |
Fortschritt nicht an Leistung messen
· Weniger Reizabstürze nach Sozialkontakten oder Reizflutung
· Bessere Benennbarkeit eigener Zustände (auch ohne Lösung)
· Erhöhte Verfügbarkeit für Übergänge ohne Reizvermeidung
· Wohlwollender Umgang mit Grenzen, auch wenn keine Verbesserung spürbar ist
Die VNS macht keine Reizoffenheit „weg“. Sie schafft die Möglichkeit, mit dem, was da ist, nicht zusammenzubrechen – und vielleicht sogar Spielraum zurückzugewinnen.
ADHS bei Erwachsenen
Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) manifestiert sich im Erwachsenenalter anders als bei Kindern – subtiler, aber nicht weniger beeinträchtigend. Charakteristisch sind chronische Ablenkbarkeit, innere Unruhe, Impulsdurchbrüche, Desorganisation, aber auch Motivationsblockaden, Ermüdung nach kurzer geistiger Aktivität und eine ausgeprägte Tagesrhythmusinstabilität. Immer deutlicher wird: ADHS ist nicht allein eine Störung der Aufmerksamkeit, sondern eine Regulationsstörung des autonomen Nervensystems.
Hier setzt die Vagusnervstimulation (VNS) als vielversprechender neuromodulatorischer Ansatz an – nicht medikamentös, nicht invasiv, sondern auf die vegetative Rhythmisierung gerichtet. Besonders die transkutane aurikuläre Vagusnervstimulation (taVNS) rückt bei Erwachsenen mit ADHS zunehmend in den Fokus der Forschung.
Neurophysiologischer Hintergrund
Erwachsene mit ADHS zeigen häufig:
· verminderte vagale Flexibilität (z. B. niedrige Herzfrequenzvariabilität, gestörte Reizverarbeitung),
· erhöhte sympathische Grundaktivierung mit chronischem innerem Stressgefühl,
· verzögerte Handlungseinleitung (executive inertia) trotz guter Ideen oder Absichten,
· emotionale Reaktivität mit Neigung zu Frustration, Scham oder Rückzug.
Die Vagusnervstimulation wirkt über eine Stärkung des parasympathischen Nervenzweigs stabilisierend auf genau diese Muster. Über die Projektionen des Vagusnervs in den Der Locus coeruleus ist ein wichtiger Nerv, der durch die Vagusnervstimulation moduliert werden kann. (Noradrenalin), das Das limbische System spielt eine entscheidende Rolle bei der Verarbeitung von Emotionen und wird durch die Vagusnervstimulation beeinflusst. (Affektregulation) und den präfrontalen Cortex (Handlungsplanung) lassen sich die funktionellen Grundlagen der ADHS-Problematik direkt ansprechen – ohne Übersteuerung und ohne Kognition vorauszusetzen.
Wirkhypothesen und Studienlage
Frühe Studien zur Anwendung der taVNS bei Erwachsenen mit ADHS zeigen:
· verbesserte Aufgabeninitiierung, insbesondere bei Tätigkeiten ohne äußeren Druck,
· bessere Affektsteuerung nach Unterbrechungen oder Frustration,
· Verlängerung kognitiver Aufmerksamkeitsspannen ohne Erschöpfung,
· weniger Crash-Zyklen nach intensiver Konzentration oder sozialer Aktivität.
Bildgebende Untersuchungen und EEG-Daten deuten auf eine Normalisierung frontaler Oszillationen und eine erhöhte Konnektivität zwischen präfrontalen, insulären und sensomotorischen Arealen hin. Auch die kortikale Verarbeitung externer Reize wird effizienter – was der sensorischen Überladung vieler ADHS-Betroffener entgegenwirkt.
Anwendung im Alltag – tagesrhythmische Einbettung
Für Erwachsene mit ADHS eignet sich die taVNS besonders als Begleitinstrument zur Strukturierung des Tagesverlaufs. Empfohlene Einsatzpunkte sind:
Zeitfenster | Wirkung & Begründung |
Morgens | 15–20 Minuten taVNS beim Kaffee, Duschen oder Planen. Fördert ruhigen Einstieg statt hektischem Aktivismus. |
Vor Aufgaben | Anwendung vor konzentrativer Tätigkeit (z. B. E-Mails, Buchhaltung, Gespräche). Stärkt Handlungseintritt und Frustrationstoleranz. |
Nachmittags | tVNS + Mini-Pause bei Reizüberladung, Müdigkeit oder sozialer Erschöpfung. |
Abends | Optional zur Runterregulation: kombiniert mit Atem, Stretching, Journaling. |
Die Kopplung an sinnvolle Handlungsanker (z. B. Körper – Aufgabe – Pause) erhöht die Wirksamkeit. Die Wirkung ist nicht spektakulär, sondern kumulativ: Mehr Tage beginnen mit Rhythmus und enden ohne Reizabsturz. Entscheidend ist nicht die Leistung, sondern die Reduktion von Übergangsfriktion.
AuDHS: Autismus und ADHS im Erwachsenenalter
Bei Erwachsenen mit gleichzeitig ausgeprägten Merkmalen aus dem Autismus-Spektrum (ASS) und einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) zeigt sich kein additives, sondern ein dynamisch verschränktes Funktionsprofil, das zunehmend unter dem Begriff AuDHS beschrieben wird. Diese Konstellation ist weder selten noch randständig – sie wurde historisch jedoch häufig übersehen, weil sich die Symptome teils kompensieren, teils gegenseitig verstärken.
Die neurophysiologische Grundproblematik liegt in einer gleichzeitigen Übererregung und Instabilität des autonomen Nervensystems, kombiniert mit einer fragmentierten sensorischen Integration. Zwei scheinbar gegensätzliche Reaktionsmuster koexistieren im selben System:
Auf der einen Seite: sensorische Empfindlichkeit, soziale Rückzugsbedürfnisse, Reizabschottung (autistisch).
Auf der anderen Seite: Reizsuchendes Verhalten, impulsive Handlungsdurchbrüche, chronisches Rhythmusdefizit (ADHS-typisch).
Diese Kombination führt zu einem paradoxen Alltagsprofil mit schnellen Wechseln zwischen:
· Hyperfokus und kognitiver Erschöpfung,
· emotionaler Selbstüberwachung und plötzlichem Impulsdurchbruch,
· sozialem Rückzug und Kontaktübersättigung,
· detaillierter Reizwahrnehmung und exekutiver Desintegration.
Betroffene erleben sich oft als gleichzeitig „zu viel“ und „zu wenig“, reagieren auf soziale Anforderungen mit ambivalentem Überschwingen oder Abschalten, und kämpfen mit chronischer Frustration, weil ihr Nervensystem in keiner Umgebung vollständig reguliert erscheint.
Funktion der taVNS bei AuDHS: eine vegetative Brücke zwischen zwei Spannungsfeldern
Die transkutane aurikuläre Vagusnervstimulation (taVNS) wirkt auf beide Anteile dieses Spannungsfelds:
1. Sie adressiert das überaktivierte, reizsuchende Nervensystem (ADHS-Anteil) durch Förderung parasympathischer Aktivität, Verlängerung der Reizverarbeitungsspanne und Stabilisierung der Impulskontrolle.
2. Gleichzeitig unterstützt sie das überlastete, reizvermeidende System (ASS-Anteil) durch Absenkung der sensorischen Hyperreaktivität, Förderung rhythmischer Körperwahrnehmung und Verbesserung der Übergangsfähigkeit (z. B. von Denken zu Handeln, von Kontakt zu Rückzug).
Diese doppelte Wirkung macht die taVNS zu einem seltenen nicht-kognitiven Instrument, das gleichzeitig entlastend und aktivierend wirken kann – ohne innere Überforderung, ohne therapeutischen Erwartungsdruck.
Empfohlene Anwendung: strukturierte Ko-Regulation ohne Anstrengung
In der praktischen Anwendung bei AuDHS bewährt sich ein tagesrhythmischer Einsatz, der gezielt auf kritische Zonen im Tagesverlauf reagiert:
Zeitpunkt | Anwendung | Ziel |
Morgens | taVNS + ruhiger Start (z. B. mit Musik, Tee, Licht) | Vermeidung von hyperaktivem Kaltstart oder kognitivem „Einfrieren“ |
Vor Reizphasen | 10–15 Min taVNS + körperliche Routine | Stabilisierung vor sozialen, auditiven oder administrativen Reizen |
Nach Overload | taVNS + passives Ritual (z. B. mit Gewicht, Decke, Tonaufnahme) | Rückführung aus Shutdown oder Dissoziation ohne Sprache |
Abends | taVNS + Körperkontakt, Atem oder Summen | Übergang in den Ruhemodus erleichtern, Abschaltblockaden mindern |
In Woche 1–2 empfiehlt sich die konsequente Kopplung mit Reizschutz (Licht, Ton, Multitasking), sowie eine bewusste Entlastung der exekutiven Steuerung (keine To-do-Listen, kein Tracking, keine Kontrolle).
Ab Woche 3–4 kann die Anwendung gezielt vor Handlungsübergängen oder bei beginnender Reizüberlastung eingesetzt werden. Fortschrittsindikatoren sind nicht mehr Produktivität, sondern verringerte Systemabstürze, verbesserte Reaktionsflexibilität und eine zunehmend wohlwollende Innenwahrnehmung, auch bei Spannungszuständen.
Grenzen und besondere Aspekte bei AuDHS
Die Kombination aus Reizoffenheit und Impulsdruck erfordert eine präzise Dosierung der Stimulation. Zuviel oder zu intensive Anwendung kann Unruhe verstärken.
Die Wirkung entfaltet sich nicht linear, sondern über die Regelmäßigkeit, nicht über die Intensität.
In Umgebungen mit hohen sozialen Erwartungen (z. B. Arbeitskontext) kann die taVNS helfen, nicht funktional zu kompensieren, sondern funktionell zu pausieren – ohne Zusammenbruch.
Hochsensibilität
Hochsensibilität (HSP) zeigt eine besonders intensive Reaktion auf sensorische, emotionale und soziale Reize. Ihre Wahrnehmung ist nicht gestört, sondern verfeinert – allerdings oft ohne ausreichende neuronale Filter- und Puffermechanismen. Die Folge: selbst alltägliche Situationen (laute Umgebungen, soziale Dynamiken, Zeitdruck, emotionale Spannungen) überschreiten schnell das Erträgliche, was sich in chronischer Anspannung, Rückzug, Überwältigung oder Reizvermeidung äußern kann. Viele Betroffene erleben sich dabei nicht als „zartbesaitet“, sondern als ständig übersteuert, innerlich hyperaktiv, äußerlich erschöpft.
Aus neurowissenschaftlicher Sicht zeigt sich bei hochsensiblen Menschen häufig eine erhöhte kortikale Reizoffenheit bei gleichzeitig eingeschränkter zentraler Hemmung – insbesondere in der Thalamo-Kortex-Schleife, die für die Reizfilterung verantwortlich ist. Das autonome Nervensystem reagiert auf diese Reizfülle oft mit sympathischer Aktivierung – also einer physiologischen Stresslage, die selbst bei geringen Anforderungen ausgelöst wird.
Wirkpotenzial der VNS bei Hochsensibilität
Die transkutane aurikuläre Vagusnervstimulation (taVNS) bietet in diesem Zusammenhang keine Dämpfung, sondern eine physiologische Ordnungsstruktur: ein wiederholbares, vorhersagbares vegetatives Signal, das das System daran erinnert, nicht ständig auf Bedrohung eingestellt zu sein. Sie wirkt nicht kognitiv, sondern auf der Ebene der Reizbewertung und Reizweiterleitung.
· Zentrale Effekte der taVNS bei Hochsensibilität könnten sein:
· Verbesserung der Reizfilterung durch Modulation thalamo-kortikaler Netzwerke
· Reduktion von Reiz-Reaktion-Kopplung – d. h. mehr Reaktionszeit zwischen Wahrnehmung und Handlung
· Stabilisierung des parasympathischen Gegengewichts – besonders in sozialen oder sensorisch dichten Umgebungen
· Entlastung der interozeptiven Überidentifikation (z. B. bei starker Reaktion auf andere Stimmungen, Spannungen oder Atmosphäre)
Praktische Anwendung (Woche 1–2)
Hochsensible Erwachsene profitieren besonders von einer ritualisierten, reizarmen Anwendung der taVNS – nicht zur „Beruhigung“, sondern zur Begrenzung diffuser Anspannung:
Zeitpunkt | Anwendung | Ziel |
Morgens | taVNS + Tee, Tageslicht, leises Summen | Start ohne sensorisches Durchdrehen |
Vor Reizphasen | taVNS + sanfte Vorbereitung (z. B. Kleidung richten, Pause vorher einbauen) | Puffer vor Arbeit, Gesprächen, sozialen Interaktionen |
Nach Overload | taVNS + Geräuschentzug, beschwerte Decke, Rückzugsort | Reizbindung nach Ereignis, Vermeidung von Absturz |
Abends | taVNS + ruhige Musik oder Text mit Fokus auf Rhythmus | Übergang zum Schlaf ohne Restimulation |
Wichtig: Hochsensibilität bedeutet oft, dass auch therapeutische Interventionen zu stark wirken können. Deshalb sollte die Anfangsfrequenz niedrig (1× täglich, max. 10–15 Min) gewählt und nicht mit Leistungsabsicht verbunden werden.
Woche 3–4: Erlaubnis zur Erweiterung
Nach etwa zwei Wochen kann behutsam geprüft werden, ob und wann das System stabil genug ist, um neue Anwendungspunkte zu integrieren:
Vor sozialen Kontakten mit emotionalem Gehalt (z. B. Familienbesuche, Meetings)
Nach Medienkonsum oder Nachrichtenüberlastung
In Kombination mit körperlicher Selbstwahrnehmung (Stretching, Atem, Musik)
Zur Entkopplung von Reiz und Verhalten – z. B. bevor man auf etwas antwortet, das einen getriggert hat
Fortschrittsindikatoren
Bei hochsensiblen Menschen zeigt sich „Erfolg“ nicht in Widerstandskraft, sondern in:
· Erhöhter Erholungsfähigkeit nach Reizexposition
· Geringerer innerer Flutreaktion bei neuen, komplexen oder mehrdeutigen Situationen
· Schnellerer Rückkehr in den eigenen Rhythmus nach Unterbrechungen
· Weniger Reizvermeidung, ohne dass man sich überwinden muss
Die VNS ersetzt kein Coaching und keine Psychoedukation – aber sie schafft eine vegetative Grundlage, auf der feinfühlige, vorausschauende Selbststeuerung möglich wird, ohne konstanten Energieverlust.
CPTSD und Kindheitstrauma
Die komplexe posttraumatische Belastungsstörung (CPTSD) entsteht nicht durch ein singuläres Ereignis, sondern durch wiederholte, oft subtile oder chronifizierte Gewalterfahrungen – häufig beginnend in der Kindheit. Dazu gehören emotionale Vernachlässigung, inkonsistente Bindung, psychische oder körperliche Gewalt, sexualisierte Grenzverletzungen oder fortgesetzte Entwertung. Die daraus resultierenden Symptome reichen weit über klassische Traumareaktionen hinaus und betreffen grundlegende Dimensionen des Selbst: Affektregulation, Selbstwahrnehmung, Beziehungsgestaltung, Handlungskohärenz und die Fähigkeit zur inneren Verankerung im eigenen Körper.
Im Zentrum der CPTSD steht eine antrainierte Trennung zwischen physiologischer Alarmbereitschaft und psychischer Handlungsfähigkeit. Viele Betroffene erleben sich entweder als funktional „abgetrennt“ oder als überwältigt – ohne Zwischenzustand. Hier setzt die transkutane Vagusnervstimulation (taVNS) als nichtsprachliche, körperbasierte Regulierungsmethode an: Sie wirkt dort, wo Sprache versagt – auf die vegetative Koordination, auf die affektive Schwelle und auf die fragmentierte Wahrnehmung von inneren Zuständen.
Wirkansatz der taVNS bei CPTSD
Die taVNS adressiert zentrale Symptomcluster, die mit herkömmlichen Interventionen oft nur begrenzt erreichbar sind:
· Hypervigilanz (ständige Alarmbereitschaft, Schlafstörungen, Reizüberflutung):
VNS kann über parasympathische Aktivierung das sympathische Übersteuerungssystem abpuffern.
· Emotionaler Shutdown und Dissoziation (emotionale Taubheit, Depersonalisation, Erstarrung):
Regelmäßige vagale Inputs bieten ein physiologisches Gegengewicht zur Erstarrungslogik.
· Schamspiralen und Selbstabwertung:
VNS wirkt stabilisierend auf limbisch-vagale Netzwerke, die mit Angst, Scham und Selbstbild gekoppelt sind.
· Beziehungstrauma und Affektentkopplung:
Der Vagusnerv spielt eine zentrale Rolle im sozialen Engagement-System (Porges). Eine rhythmische Stimulation kann helfen, Kontakt- und Rückzugsimpulse besser zu koordinieren.
Woche 1–2: Rückbindung ohne Überforderung
Der Fokus der Anfangsphase liegt auf Sicherheit, Wiederholung, Vorhersagbarkeit – nicht auf Auseinandersetzung mit Trauma-Inhalten.
Was | Wie | Ziel |
taVNS | 15 Min/Tag, gekoppelt mit Atemrhythmus (z. B. 4–6 Atemzüge/Min.). Anwendung vor/nach Kontakten, Therapie oder emotionaler Arbeit. | Verhinderung von Kollaps- oder Panikreaktionen |
Rhythmische Bewegung | 5–10 Minuten: sanftes Gehen, Schaukeln, Körperwiegen, optional mit Musik/Metronom. | sensorische Integration, Schwelle für Reizflutung senken |
Selbstfürsorge | „Tägliches Zeitfenster“ für absichtslose Aktivitäten (z. B. falten, ausruhen, zeichnen) | Eigensteuerung ohne Zielkonflikt |
Emotionale Verankerung | Stimmnutzung (z. B. Summen, leises Vorlesen, monotones Sprechen mit sich selbst oder Tierkontakt) | Re-Aktivierung von Präsenz ohne Dialogbelastung |
Wichtig: Die taVNS ersetzt kein „Coping“. Sie hilft, überhaupt Zugang zu innerem Zustand und Regulation wiederzufinden – nicht durch Kontrolle, sondern durch Wiederholung.
Tagesstruktur (Woche 1–2)
Tageszeit | Was | Beobachtung |
Morgen | taVNS + 5 Minuten Atem oder Journaling; leichte, körpernahe Aktivität ohne Ziel | Erträglicher Start? Anbindung an Tagesbeginn spürbar? |
Mittag | Rhythmische Bewegung (Gehen, Schaukeln), optionaler Kontakt (z. B. Text, Sprachnachricht) | Kontakt ohne Reizüberflutung möglich? |
Nachmittag | „Stiller Zeitraum“ für freie Tätigkeit; Wahrnehmung benennen (z. B. drei Worte für Zustand) | Reflexionsmöglichkeit ohne Eskalation? |
Abend | Summen, Vorlesen oder ruhige Musik; Dehnen oder Gewichtsreiz (Decke) | Besserer Einschlaf? Weniger Nachhall von Reizen? |
Woche 3–4: Kapazitätsaufbau ohne Leistungsdruck
Nach initialer Stabilisierung kann die Anwendung gezielt auf systemisch herausfordernde Zonen erweitert werden:
Was | Wie |
taVNS | Nach sozialen Kontakten oder Reizinteraktionen zur Re-Regulation. Alternativ während stiller Therapieformen. |
Bewegung | Kombination mit sprachlichem Rhythmus: Farben benennen, Zählen beim Gehen, bewusstes „Schritt hören“. |
Selbstfürsorge | Drei „Wahlmöglichkeiten“ vorbereiten – nicht entscheiden, sondern spüren, was heute passt. |
Verankerung | Audiodateien mit eigener Stimme aufnehmen, passiv anhören. Selbstanbindung ohne direkte Sprachleistung. |
Fortschrittsindikatoren
· CPTSD-Fortschritte zeigen sich nicht in „Stabilität“, sondern in:
· Reduzierte Absturzreaktion nach sozialem oder innerem Kontakt
· Verbesserter Fähigkeit, sich aus dem Schutzzustand wieder zu „verlassen“
· Geringerer Zwang zur Selbstüberwachung
· Wohlwollenderer Beziehung zum eigenen Zustand, auch wenn er instabil bleibt
Chronische Schmerzen
Chronische Schmerzen sind nicht bloß eine verlängerte Form akuter Schmerzempfindung – sie sind ein eigenes neurobiologisches Phänomen. Über Wochen, Monate oder Jahre verändert sich das Schmerzsystem selbst: Nervenzellen feuern dauerhaft, das zentrale Nervensystem überinterpretiert Reize, Entzündungssignale persistieren, obwohl die ursprüngliche Ursache längst abgeklungen ist. Diese sogenannte zentrale Sensibilisierung führt dazu, dass selbst geringe Reize als schmerzhaft wahrgenommen werden – oft ohne sichtbare Gewebeschädigung.
Die Vagusnervstimulation (VNS) greift nicht auf der Ebene der Schmerzursache, sondern auf der Ebene der Schmerzverarbeitung und -modulation an. Über elektrische Impulse – entweder invasiv über ein implantiertes Gerät oder nicht-invasiv über die transkutane aurikuläre VNS (taVNS) – beeinflusst sie die vegetative Regulation, die Schmerzhemmung auf Rückenmarksebene und die Verarbeitung in Hirnarealen wie Thalamus, Insula und anteriorer cingulärer Cortex.
Wirkung der VNS bei chronischen Schmerzzuständen
Wirkprinzip | Therapeutischer Effekt |
Modulation nozizeptiver Bahnen | Reduktion der Schmerzintensität und -häufigkeit |
Hemmung proinflammatorischer Zytokine | Senkung chronisch-entzündlicher Aktivität im peripheren Gewebe |
Aktivierung des cholinergen Entzündungsreflexes | Beruhigung systemischer Immunüberreaktionen |
Parasympathische Reaktivierung | Verbesserung von Schlaf, Verdauung, Erholungsfähigkeit |
Reorganisation zentraler Schmerzverarbeitung | Unterbrechung dysfunktionaler neuronaler Schmerzschleifen |
Indikationen (klinisch und experimentell)
· Fibromyalgie: weit verbreiteter Muskel- und Weichteilschmerz bei vegetativer Instabilität
· Migräne: insbesondere mit Aura oder Reiztriggersensitivität
· Neuropathische Schmerzen: z. B. nach Operationen, bei Polyneuropathie, Trigeminusneuralgie
· Muskuloskelettale Schmerzen: chronischer Rückenschmerz, Schulterschmerzen, Spannungskopfschmerz
· Rheumatisch-entzündliche Erkrankungen: als Zusatzintervention zur Entzündungsmodulation
Woche 1–2: Anwendung zur Stabilisierung von Schmerz- und Reizmustern
Ziel: nicht maximale Schmerzfreiheit, sondern Wiederherstellung einer verlässlichen Schmerzvorhersagbarkeit und vegetativen Erholungsfähigkeit.
Was | Wie | Ziel |
taVNS | 15 Minuten vor und nach Bewegungseinheiten; optional abends zur Förderung von Tiefschlaf | Reduktion der Schmerzempfindlichkeit, Verbesserung der Schlafqualität |
Bewegung | Wasserbasierte Bewegung (Pool walk), isometrische Übungen (z. B. Wandliegestütz, Halteübungen für große Muskelgruppen) | Aktivierung ohne Belastung der Gelenke, Wiederaufbau funktionaler Bewegungsfähigkeit |
Atmung + Dehnung | 2× täglich: Atem 4:6 (Ein-/Ausatmung), sanfte Mobilisation von Hüften, Schultern, Wirbelsäule | Wiederanbindung an Körpersignale, Entspannung gezielter Schmerzfelder |
Stimmungsaufhellung | 1× täglich: Tanzen, Singen, Lachen, Spaziergang mit Musik | Aktivierung dopaminerger und endorphiner Systeme, Schmerzablenkung |
Tagesstruktur (Woche 1–2)
Tageszeit | Anwendung | Ziel |
Morgen | 5 Min Atmung + Dehnung, taVNS vor Frühstück | Reizschwelle anheben, Tagesstart erleichtern |
Mittag | 5–10 Min isometrische Bewegung, evtl. Poolbewegung | Funktion erhalten, Kreislauf aktivieren |
Nachmittag | Spaziergang oder Musikbewegung, keine Multitaskingaktivitäten | Reizüberlastung vermeiden, Energie erhalten |
Abend | taVNS + Dehnung, ggf. Dankbarkeits-/Trostliste (3 einfache Punkte) | Schmerztonus senken, Fokus verlagern |
Woche 3–4: Erweiterung und Vertrauen in Bewegung
Ziel: mehr Bewegungsfreiheit bei weniger Schmerzangst, ohne Rückfall in Überforderung.
taVNS | Weiterhin 1–2× täglich, besonders nach Bewegung und vor dem Schlaf. Fokus: Veränderung der Schlafqualität und Schmerzrückkopplung beobachten. |
Bewegung | Isometrie um Haltezeit verlängern, leichte Kniebeugen an der Wand oder Theraband-Übungen einbauen. Wenn möglich, erste Bewegungsübungen im Wasser mit Koordinationselementen. |
Atmung/Dehnung | Kombination von Atem mit Klopftechniken oder Selbstmassage (Body scan mit Berührung) – zur Integration des Körperbilds |
Stimmungsaufhellung | Bewegung mit sanftem sozialen Kontakt koppeln (z. B. gemeinsamer Spaziergang, geteilte Playlist, Tierkontakt). Ziel: Körperliche Aktivität wieder positiv verknüpfen. |
Fortschrittsindikatoren
· Vorhersagbarkeit von Schmerzreaktionen (weniger plötzliche Schmerzschübe)
· Reduktion von „Flares“ (kürzere Dauer, geringere Intensität)
· Zunahme an angenehmer Bewegung (auch wenn Schmerzen bestehen)
· Weniger Vermeidungsverhalten, ohne überhöhten Aktivismu
Chronische Schmerzen sitzen nicht nur im Gewebe, sondern auch im überreizten Nervensystem. Die Vagusnervstimulation bietet keine Narkose – sondern eine tägliche Einladung zur Selbstanbindung ohne Bedrohung. Sie ersetzt keine Schmerztherapie, aber sie verändert das Innenleben der Schmerzverarbeitung – leise, rhythmisch, verlässlich. Und genau das fehlt vielen chronisch Schmerzgeplagten: Verlässlichkeit im eigenen Körper.
Geistiger Abbau
Kognitiver Abbau umfasst eine Reihe von funktionellen Veränderungen in Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Sprache, Orientierung und Problemlösefähigkeit, die über das normale Altern hinausgehen – jedoch nicht immer sofort in eine manifeste Demenz übergehen. Viele Betroffene erleben zunächst episodische Wortfindungsstörungen, reduzierte geistige Ausdauer, verlangsamtes Denken, Verwirrtheit bei Reizflut oder eine erschwerte Umstellung zwischen Aufgaben. Der Übergang vom subjektiven kognitiven Leistungsabfall zu einer milden kognitiven Beeinträchtigung (MCI) bis hin zu neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer ist dabei gleitend.
Die Vagusnervstimulation (VNS) wird in diesem Kontext als potenziell schützende und aktivierende Maßnahme untersucht. Insbesondere die transkutane Variante (taVNS) wirkt dabei nicht pharmakologisch, sondern über rhythmische Aktivierung zentraler Hirnregionen, die für Aufmerksamkeit, Lernen und Gedächtniskonsolidierung entscheidend sind – z. B. präfrontaler Cortex, Hippocampus, Nucleus basalis und Thalamus.
Wirkmechanismen der VNS bei kognitivem Abbau
Wirkprinzip | Funktioneller Effekt |
Aktivierung cholinerger Bahnen | Förderung der Gedächtnisbildung und der selektiven Aufmerksamkeit |
Förderung der Neuroplastizität | Stabilisierung kognitiver Netzwerke, insbesondere im medialen Temporallappen |
Verbesserung der zerebralen Durchblutung | Erhöhung des Sauerstoff- und Nährstoffangebots für sensible Hirnareale |
Vegetative Rhythmisierung | Förderung stabiler Schlaf-Wach-Zyklen und Tagesstruktur |
Entzündungsmodulation | Reduktion neuroinflammatorischer Prozesse, die kognitive Funktionen beeinträchtigen |
Zielgruppen
Die VNS kommt insbesondere für folgende Personengruppen infrage:
· Erwachsene mit subjektiver kognitiver Leistungsminderung
· Menschen im Frühstadium einer leichten kognitiven Beeinträchtigung (MCI)
· Angehörige mit genetischem Risiko (z. B. ApoE4) zur Prävention und Aktivierung
· Betroffene mit Long COVID oder postviralen Zuständen mit „Brain Fog“
· Menschen mit neurodegenerativen Erkrankungen in frühen bis mittleren Stadien – in Kombination mit kognitivem Training, Bewegung oder sozialer Aktivierung
Woche 1–2: Kognitive Rhythmisierung und vegetative Entlastung
Ziel ist es, geistige Aktivität wieder verlässlich zu verankern, ohne Überforderung, durch Wiederholung und Reizreduktion.
Was | Wie | Ziel |
taVNS | 20 Minuten täglich während morgendlicher Lektüre (z. B. leichte Sachtexte, Gedichte), möglichst bei Tageslicht | Synchronisierung mit Tagesrhythmus, Aktivierung frontaler Netzwerke |
Bewegung | Spaziergang + Benennungsspiel (z. B. Farben, Buchstaben), 5 Minuten Tanz oder Taktbewegung | Förderung motorisch-kognitiver Kopplung, BDNF-Anstieg |
Neuro-Tasks | Kognitive Aufgaben im Wechsel: Sudoku, Geschichte erzählen, kreatives Schreiben + Ruhephase | Reizdosis modulieren, kognitive Ermüdung vermeiden |
Geistige Hygiene | „Gerätefreie“ Stunden (z. B. 9–11 Uhr); Mini-Rituale vor Schlafen und Mahlzeiten (z. B. Atem + Wort) | Förderung intentionaler Zustandswechsel |
Tagesstruktur (Woche 1–2)
Tageszeit | Verankerung | Beobachtungshinweis |
Morgen | 20 Min taVNS + Lesen; sanftes Stretching, Spaziergang mit Musik | Gedankenstart klarer? Weniger Suchbewegungen? |
Mittag | Rätsel oder leichte Verwaltungsaufgabe; Ruhepause (nicht Bildschirm) | Erschöpfung danach geringer? Worte verfügbarer? |
Nachmittag | Erzählen (z. B. was gelesen/erlebt), kein Multitasking-Fenster (1–2 Std) | Konzentration stabiler? Weniger mentale Fragmentierung? |
Abend | Übergangsritual (3 Atemzüge + Wort); optionale taVNS-Anwendung vor Schlaf | Einschlafen leichter? Reizhall geringer? |
Woche 3–4: Aufbau neuronaler Ausdauer ohne Reizüberladung
taVNS | Anwendung 1× täglich beibehalten, neue Testung: abends nach geistiger Belastung (z. B. viel Bildschirmarbeit) zur Erleichterung des System-Resets |
Bewegung | Hinzufügen koordinativer Muster (z. B. Step+Klang, Gleichgewichtsübungen); Integration in Alltag (z. B. Treppe, Rhythmus) |
Neuro-Aufgaben | Erinnerungstraining nach Zuhören (z. B. Inhalte rekapitulieren); kooperative Aufgaben (z. B. Kreuzworträtsel mit Partner:in) |
Kognitive Ordnung | Visuelle Marker für Übergänge (z. B. Symbol für Pausen); Bildschirmstruktur entlasten, Erinnerungshilfen physisch verfügbar halten |
Fortschrittsindikatoren
Die Wirkung der taVNS zeigt sich bei kognitivem Abbau nicht in Sprüngen, sondern in Wiederverfügbarkeit:
· besserer Zugriff auf bekannte Inhalte, weniger Wortfindungsfrustration
· längere Abschnitte klarer Aufmerksamkeit, auch bei Routineaufgaben
· besseres Umschalten zwischen Aufgaben, geringere mentale Desorientierung
· mehr Vertrauen in die eigene Orientierung, selbst wenn Gesamtleistung gleich bleibt
Kognitiver Abbau braucht keine intellektuelle Überforderung und kein Leistungstraining. Was fehlt, ist nicht Anstrengung, sondern Regelmäßigkeit, Rhythmus und Wiederholung – ohne Erwartungsdruck. Die Vagusnervstimulation kann ein vegetativer Anker sein für Menschen, die sich verlieren, bevor sie überhaupt richtig anfangen. Sie trainiert kein Gedächtnis – sie erinnert das System an seine Taktfähigkeit.
Wirksamkeit und klinische Studien
Aktuelle Forschungsergebnisse zur Wirksamkeit von VNS/Neuromodulation
Die aktuelle Forschung zur Vagusnervstimulation (VNS) und Neuromodulation liefert zunehmend überzeugende Beweise für ihre Wirksamkeit bei verschiedenen Erkrankungen und Störungen. Klinische Studien untersuchen die Auswirkungen der Stimulation des Vagusnervs auf neurologische Erkrankungen wie Epilepsie und chronische Schmerzen, sowie auf psychische Gesundheitsprobleme wie Depressionen und Angststörungen. Die Ergebnisse zeigen oft eine signifikante Verbesserung der Symptome und eine gesteigerte Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen. Forscher arbeiten kontinuierlich daran, die Stimulationsparameter zu optimieren und die spezifischen Mechanismen der VNS besser zu verstehen, um ihre therapeutische Anwendung weiter zu verfeinern. Diese Studien legen nahe, dass VNS eine vielversprechende Option für Patienten sein könnte, bei denen andere Behandlungen keine ausreichende Linderung bringen, et al. Ich unterstütze Sie mit Empathie und Klarheit dabei, diese Optionen zu verstehen und zu bewerten.
Biomarker für den Therapieerfolg
Die Identifizierung von Biomarkern für den Therapieerfolg der Vagusnervstimulation ist ein wichtiger Schritt, um die Behandlung zu personalisieren und ihre Wirksamkeit zu maximieren. Biomarker könnten helfen, diejenigen Patienten zu identifizieren, die am wahrscheinlichsten auf die Stimulation des Vagusnervs ansprechen, und die Stimulationsparameter entsprechend anzupassen.
Aspekt | Details |
Mögliche Biomarker | Veränderungen in der Herzfrequenzvariabilität, der Hirnaktivität (gemessen durch EEG) und der Konzentration bestimmter Neurotransmitter im Gehirn. |
Ziel der Biomarker-Überwachung während der VNS-Behandlung | Die Aktivierung des Vagusnervs besser verstehen und die Therapie an die individuellen Bedürfnisse des Patienten anpassen. |
Die Entwicklung von Biomarkern ist ein aktives Forschungsgebiet, das das Potenzial für eine präzisere und effektivere Anwendung der VNS eröffnet. Ich biete Ihnen einen Raum, in dem Sie sich ohne Druck öffnen können – im Zentrum stehen Sie: mit Ihrer Geschichte, Ihren Zielen, Ihrer Veränderung.
Vergleich von invasiven und nicht-invasiven Methoden
Die Vagusnervstimulation kann sowohl invasiv als auch nicht-invasiv durchgeführt werden.
Methode | Beschreibung |
Invasive VNS | Chirurgische Implantation einer Elektrode am Vagusnerv im Halsbereich zur Abgabe von elektrischen Impulsen. |
Nicht-invasive VNS | Nutzung von Elektroden, z.B. bei der transcutanen aurikulären Vagusnervstimulation (tVNS), die am Ohr platziert werden, um den Vagusnerv indirekt zu stimulieren. |
Die Wahl zwischen invasiven und nicht-invasiven Methoden hängt von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich der Art und Schwere der Erkrankung oder Störung, den individuellen Bedürfnissen des Patienten und den möglichen Risiken und Vorteilen jeder Methode. Aktuelle klinische Studien vergleichen die Wirksamkeit und Sicherheit beider Ansätze, um die optimale Behandlungsstrategie für verschiedene Patientengruppen zu ermitteln. Ich unterstütze Sie mit Empathie und Klarheit dabei, die für Sie passende Behandlung zu finden.
Risiken und Nebenwirkungen der Vagusnervstimulation
Wie bei jeder medizinischen Behandlung können auch bei der Vagusnervstimulation (VNS) Nebenwirkungen auftreten, obwohl diese in der Regel mild und vorübergehend sind. Häufige Nebenwirkungen der Stimulation des Vagusnervs sind Heiserkeit, Husten, Halsschmerzen, Atembeschwerden oder Kribbeln im Halsbereich während der Stimulation. Diese Symptome treten meist nur während der Aktivierung des Geräts auf und verschwinden kurz danach wieder. In seltenen Fällen können auch Schluckbeschwerden oder eine Veränderung der Stimme auftreten. Es ist wichtig, dass Patienten alle potenziellen Nebenwirkungen mit ihrem Arzt besprechen, bevor sie sich für eine VNS-Behandlung entscheiden. Ich unterstütze Sie mit Empathie und Klarheit dabei, persönliche oder berufliche Herausforderungen zu meistern.
Langzeitrisiken und Sicherheitsaspekte zur Stimulation des Vagusnervs
Die langfristigen Risiken und Sicherheitsaspekte der Vagusnervstimulation werden weiterhin in klinischen Studien untersucht, um vielversprechende Ergebnisse zu erzielen. Bisherige Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die VNS im Allgemeinen eine sichere und gut verträgliche Behandlungsmethode ist. Es gibt jedoch einige Aspekte, die bei der langfristigen Anwendung berücksichtigt werden müssen. Dazu gehören mögliche Veränderungen der Herzfrequenz, insbesondere bei Patienten mit vorbestehenden Herzerkrankungen, sowie das potenzielle Risiko von Infektionen oder Komplikationen im Zusammenhang mit dem implantierten Gerät bei der invasiven VNS. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen und eine sorgfältige Überwachung sind wichtig, um mögliche Probleme frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Die Wirksamkeit und Sicherheit der VNS wird auch weiterhin in groß angelegten Studien untersucht, um ein umfassendes Verständnis der langfristigen Auswirkungen zu gewährleisten. Ich biete Ihnen einen Raum, in dem Sie sich ohne Druck öffnen können – im Zentrum stehen Sie: mit Ihrer Geschichte, Ihren Zielen, Ihrer Veränderung.
Patientenberichte und Erfahrungen über die Stimulierung des Vagusnervs
Erfahrungsberichte von Patienten und Betroffenen, die eine Vagusnervstimulation anwenden, liefern wertvolle Einblicke in die Wirksamkeit und die Auswirkungen der Behandlung auf die Verbesserung der Lebensqualität. Viele Patienten berichten von einer signifikanten Verbesserung der Symptome ihrer Erkrankung oder Störung, wie z.B. einer Reduktion der Anfallshäufigkeit bei Epilepsie, einer Linderung von Depressionen oder einer Schmerzlinderung bei chronischen Schmerzen. Einige Patienten berichten auch von positiven Auswirkungen auf ihre kognitiven Funktionen und ihre emotionale Stabilität. Es ist wichtig zu beachten, dass die Erfahrungen mit der VNS individuell unterschiedlich sein können und dass nicht jeder Patient die gleichen Vorteile erfährt. Die Berichte von Patienten können jedoch dazu beitragen, ein realistisches Bild von den potenziellen Vorteilen und Herausforderungen der Vagusnervstimulation zu vermitteln. Die Stimulation des Vagusnervs zeigt eine vielversprechende Zukunft für verschiedene neurologische und psychische Beschwerden.
Zukünftige Perspektiven der Vagusnervstimulation
Innovationen in der VNS-Technologie
Die Zukunft der Vagusnervstimulation (VNS) ist geprägt von kontinuierlichen Innovationen in der Technologie und den Stimulationsparametern. Neue Elektrodendesigns und Stimulationsprotokolle werden entwickelt, um die Aktivierung des Vagusnervs zu optimieren und die Wirksamkeit der Behandlung zu steigern. Fortschritte in der tragbaren Technologie ermöglichen die Entwicklung von kleineren und komfortableren VNS-Geräten, die eine kontinuierliche oder bedarfsgerechte Stimulation im Alltag ermöglichen. Die Integration von künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen in die VNS-Technologie könnte es ermöglichen, die Stimulation in Echtzeit an die individuellen Bedürfnisse des Patienten anzupassen und die therapeutischen Ergebnisse weiter zu verbessern. Diese Innovationen versprechen eine noch präzisere und effektivere Anwendung der Vagusnervstimulation bei verschiedenen Erkrankungen und Störungen. Ich unterstütze Sie mit Empathie und Klarheit dabei, die für Sie passende Behandlung zu finden.
Erweiterte medizinische Anwendungen der Stimulation des Vagusnervs
Die Anwendungsmöglichkeiten der Stimulation des Vagusnervs (VNS) erweitern sich stetig, da die Forschung neue Anwendungsbereiche und potenzielle Vorteile entdeckt. Neben den etablierten Indikationen wie Epilepsie, Depressionen und chronischen Schmerzen wird die VNS zunehmend bei anderen neurologischen und psychischen Erkrankungen und Störungen untersucht. Dazu gehören beispielsweise die Behandlung von entzündlichen Darmerkrankungen, die Verbesserung der Herzfunktion bei Herzinsuffizienz und die Förderung der Rehabilitation nach Schlaganfällen. Die Fähigkeit der Stimulation des Vagusnervs, das autonome Nervensystem und das Immunsystem zu beeinflussen, macht sie zu einem vielversprechenden Ansatz für die Behandlung einer Vielzahl von komplexen Gesundheitsproblemen. Zukünftige klinische Studien werden dazu beitragen, die spezifischen Anwendungen und die Wirksamkeit und Sicherheit der VNS in diesen erweiterten Bereichen zu bestätigen. Ich biete Ihnen einen Raum, in dem Sie sich ohne Druck öffnen können – im Zentrum stehen Sie: mit Ihrer Geschichte, Ihren Zielen, Ihrer Veränderung.
Fazit
Die Vagusnervstimulation (VNS) und verwandte Verfahren der nicht-invasiven Neuromodulation rücken zunehmend in den Fokus integrativer Behandlungsansätze. Mit wachsendem Verständnis der zugrunde liegenden neurophysiologischen Mechanismen entwickelt sich die VNS zu einem verbindenden Element zwischen Psychiatrie, Neurologie, Schmerzmedizin, Immunologie und Psychosomatik – nicht als Ersatz, sondern als Brücke zwischen Fachdisziplinen.
Insbesondere bei chronisch belasteten, multimorbiden oder therapieresistenten Patienten, deren Symptome sich herkömmlichen Behandlungspfaden entziehen, eröffnet die taVNS eine strukturierte, körperbasierte und nebenwirkungsarme Möglichkeit, autonome Rhythmen neu zu kalibrieren – etwa in Kombination mit:
· psychotherapeutischen Verfahren (z. B. Schema-, Trauma-, ACT- oder Emotionsfokussierte Therapie),
· medikamentösen Ansätzen, bei denen eine Dosisreduktion oder Kombinationsoptimierung angestrebt wird,
· Bewegungstherapie, Musiktherapie oder Ergotherapie, die durch vagale Koaktivierung an Tiefe gewinnen,
· Neurofeedback, Biofeedback oder HRV-Monitoring, die Rückmeldung und Selbstwirksamkeit fördern,
· und somatisch-achtsamkeitsbasierten Methoden, wenn diese auf konkrete vegetative Prozesse abgestimmt sind.
Die zentrale Herausforderung liegt heute weniger in der technischen Machbarkeit, sondern in der verantwortungsvollen Integration in den klinischen Alltag. Dazu gehört:
· die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Neurolog:innen, Psychiater:innen, Schmerz- und Traumatherapeut:innen,
· die Differenzierung der Indikation (Was ist modulativ erreichbar, was nicht?),
· die individuelle Dosierung und Alltagseinbettung,
· die Patientenaufklärung ohne Heilsversprechen, aber mit realistischer Perspektive.
Besonders in der Versorgung von Menschen mit polyvagalen Belastungsprofilen – also solchen, die sich durch Reizüberforderung, Erschöpfung, vegetative Instabilität oder postvirale Zustände auszeichnen – wird die VNS künftig ein wichtiges Additiv zur Funktionsstabilisierung darstellen: nonverbal, niedrigschwellig, tagesbegleitend.
Die Vagusnervstimulation (VNS) ist kein technisches Allheilmittel – aber sie ist ein präzises Werkzeug der vegetativen Unterstützung. Ihr Potenzial liegt nicht darin, Symptome zu „beheben“, sondern in der Wiederherstellung innerer Verfügbarkeit: in der Fähigkeit, auf Reize nicht automatisch zu reagieren, sondern eingebettet zu bleiben. Ob bei Epilepsie, Depression, Schmerz, Trauma, kognitivem Abbau oder postinfektiöser Reizentgleisung – die VNS eröffnet eine neue Qualität des medizinischen Dialogs: nicht durch Verstärkung, sondern durch Wiederholung; nicht durch Intervention, sondern durch Rhythmisierung.
Die nächsten Jahre werden zeigen, in welchen Konstellationen die VNS als eigenständige oder kombinierte Maßnahme die Lebensqualität Betroffener dauerhaft verbessern kann. Entscheidend wird sein, sie nicht nur als neurotechnisches Verfahren, sondern als verkörperte Behandlungsform im Dialog mit individuellen Lebensrealitäten zu begreifen.
Die Zukunft der Neuromodulation liegt nicht in der Maximierung, sondern in der Regulierbarkeit. Und genau darin liegt die Stärke der VNS.
FAQ – Häufige Fragen zur therapeutischen Vagusnervstimulation (VNS) bei chronischen Erkrankungen, Reizdysregulation und neuropsychiatrischen Mustern
Wie wirkt Vagusnervstimulation (VNS) bei Autismus und ADHS im Erwachsenenalter (AuDHS)?
Bei AuDHS – einer Doppelkonstellation aus Autismus-Spektrum und ADHS – adressiert die taVNS sowohl die sensorische Überempfindlichkeit als auch den impulsiven Reizüberschuss. Sie stabilisiert vegetative Übergänge, erleichtert Handlungsbeginn, dämpft Overload-Reaktionen und erhöht die Verfügbarkeit in sozialen und kognitiven Situationen – ohne Anpassungsdruck.
Welche konkreten Tagesanwendungen der taVNS sind bei postviraler Erschöpfung (z. B. ME/CFS, Long COVID) sinnvoll?
Empfohlen wird eine 1–2× tägliche Anwendung à 15 Minuten, gekoppelt mit ruhiger Lektüre, Atemarbeit oder Teeritual. Sie wirkt stabilisierend vor Bewegungseinheiten (z. B. Dehnen, 3-minütiges Gehen), nach Reizkontakt oder zur Rhythmisierung bei Dysautonomie. Fortschritt bedeutet hier nicht Leistungszuwachs, sondern geringere vegetative Reaktivität.
Wie hilft VNS bei chronischen Schmerzen wie Fibromyalgie oder neuropathischen Beschwerden?
Die taVNS moduliert zentrale Schmerzverarbeitung, senkt Entzündungssignale und beruhigt das vegetative Alarmsystem. In Kombination mit isometrischer Bewegung, Atem-Dehnungseinheiten und gezielter Stimmungsaktivierung (z. B. Musik, Humor) verbessert sich die Schmerzvorhersagbarkeit und Bewegung wird wieder als sicher erlebt.
Was bringt die Vagusnervstimulation bei komplexer PTBS und Kindheitstrauma?
Sie wirkt nicht durch Aufarbeitung, sondern durch Wiederholung: 15 Minuten tägliche taVNS, kombiniert mit sanfter Bewegung (z. B. Gehen mit Rhythmus), selbstgewählten Handlungen (z. B. Sortieren, ruhen) und stimmlicher Verankerung (Summen, leises Sprechen) helfen, das System aus Schutzreaktionen in rhythmische Selbstverfügbarkeit zurückzuführen.
Wie kann VNS kognitive Fähigkeiten bei beginnendem Abbau unterstützen?
Die taVNS fördert die Durchblutung, neuroplastische Aktivität und das Arbeitsgedächtnis. Tägliche Anwendung während Lektüre, kombiniert mit kleinen Bewegungs- und Denkintervallen (z. B. Gehen + Benennen, Rätsel + Pause), unterstützt die Aufmerksamkeitslenkung und reduziert mentale Fragmentierung – besonders bei Brain Fog und MCI.
Hilft VNS auch bei Hochsensibilität?
Ja. Hochsensible Personen profitieren von der Reizpufferung durch taVNS – idealerweise in Kombination mit Reizschutz (Lichtfilter, Geräuschentlastung), festen Ankerzeiten (z. B. morgens + nach Overload) und ruhigen Ritualen. Ziel ist nicht Abhärtung, sondern die Wiederverfügbarkeit nach intensiver sensorischer Erfahrung.
Wie wird die Anwendung der taVNS strukturiert – z. B. in den ersten vier Wochen?
In Woche 1–2: tägliche Anwendung (1× 15 Min.), gekoppelt mit Reizreduktion, Mikrobewegung, Atemarbeit, optional Stimme. Ab Woche 3–4: sanfte Erweiterung – z. B. Anwendung vor Übergängen, nach Sozialkontakt oder in Kombi mit Dual-Tasks (z. B. Gehen + Farben benennen). Ziel ist kein Fortschritt, sondern vegetative Wiederverfügbarkeit.
Ist die taVNS für die selbstständige Anwendung geeignet?
Ja – vorausgesetzt, sie wird traumasensibel eingesetzt, dosiert begonnen und mit alltagstauglichen Routinen verknüpft. Die Stärke der Methode liegt nicht in Intensität, sondern in Wiederholung, Rhythmus und individueller Anbindung.
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DESCRIPTION:
Die Vagusnervstimulation (VNS) hilft bei Erkrankungen wie Depression, ADHS, Autismus, chronischen Schmerzen, kognitivem Abbau und postviraler Erschöpfung. Nicht-invasiv, nebenwirkungsarm und wissenschaftlich fundiert: Alles über Wirksamkeit, klinische Anwendung und Vorteile der nicht-invasiven taVNS – für mehr innere Ruhe, Fokus und Lebensqualität von Patienten im Alltag.
Einführung in die Serie
Die Regulation unseres autonomen Nervensystems steht im Mittelpunkt vieler moderner Gesundheitsdebatten – doch zwischen viralen Biohacks und fundierter Wissenschaft liegt oft eine große Lücke. Diese neue Blogserie widmet sich der Aufgabe, diese Lücke zu schließen. Schritt für Schritt, Kapitel für Kapitel, zeigen wir Ihnen, wie Nervensystem, Selbstregulation und Neuromodulation wirklich zusammenspielen – basierend auf evidenzgestützter Forschung, nicht auf Marketing-Versprechen.
Diese Beiträge bereiten den Weg für ein größeres Projekt, das Ende des Jahres veröffentlicht wird: ein praxisorientierter Leitfaden für Menschen mit postviralen Syndromen, chronischer Erschöpfung, Aufmerksamkeitsproblemen oder psychosomatischen Beschwerden – und für alle, die ihrem Nervensystem vertrauen lernen möchten.
Was Sie erwartet:
Jeder Beitrag dieser Serie nimmt ein Kapitel des kommenden Buches in den Fokus. Wir beleuchten die Grundlagen des autonomen Nervensystems, entkräften verbreitete Mythen, stellen wissenschaftlich belegte Methoden zur Neuromodulation vor und zeigen, wie man praktikable Strategien im Alltag umsetzt. Egal, ob Sie neu im Thema sind oder bereits Erfahrung mit Themen wie Vagusnervstimulation, HRV-Messung oder Polyvagal-Theorie haben – diese Serie bietet Orientierung, Klärung und konkrete Handlungsschritte.
1. Das Nervensystem verändern? Ein kritischer Einstieg in das Thema Selbstregulation.
2. Wie Ihr Nervensystem wirklich funktioniert.
3. Warum viele Theorien mehr Hypothese als Hilfe sind.
4. Was wissenschaftlich validierte Neuromodulation heute leisten kann.
5. Irrtümer über HRV, Vagus und Biohacking aufgedeckt.
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Bleiben Sie dabei – denn Wissen ist die beste Grundlage für Vertrauen in den eigenen Körper. Und Vertrauen ist der erste Schritt in Richtung Heilung.
Vagusnervstimulation (VNS): Neuromodulation, invasive und nicht-invasive Stimulation des Vagusnervs bei bestimmten Erkrankungen und Störungen
Die Vagusnervstimulation (VNS) ist eine Form der Neuromodulation, die zunehmend an Bedeutung gewinnt. Durch die Stimulation des Vagusnervs können verschiedene neurologische und psychische Erkrankungen und Störungen behandelt werden, was zu einer deutlichen Verbesserung der Symptome führen kann.
Vagus-Stimulation mit implantierbaren Geräten findet bereits längere Zeit Anwendung bei spezifischen Diagnosen wie:
· Epilepsie: Die Vagus-Stimulation kann Anfälle reduzieren und die Lebensqualität der Patienten verbessern.
· Depressionen: Bei therapieresistenten Depressionen kann diese Methode helfen, Symptome zu lindern.
· Chronische Schmerzen: Die Stimulation des Vagusnervs kann dazu beitragen, Schmerzempfindungen zu modulieren.
· Entzündliche Erkrankungen: Einige Studien zeigen, dass die Vagus-Stimulation entzündungshemmende Effekte haben kann.
Worum es geht:
· Anwendungsbereiche der Vagusnervstimulation bei bestimmten Störungen und Erkrankungen
· positive Auswirkungen auf die Verbesserung der Lebensqualität von Betroffenen
Vagusnervstimulation (VNS) – Eine spezifische Form der Neuromodulation
Die Vagusnervstimulation (VNS) ist eine gezielte neuroelektrische Intervention, die auf die funktionelle Beeinflussung des autonomen Nervensystems abzielt. Im Mittelpunkt steht der Nervus vagus, der zehnte und längste Hirnnerv des Körpers. Er durchzieht Hals, Brust- und Bauchraum, innerviert lebenswichtige Organe wie Herz, Lunge, Magen-Darm-Trakt und Leber – und vermittelt dabei bidirektionale Signale zwischen Körper und Gehirn. Etwa 80 % der vagalen Fasern sind afferent, also aufsteigend: Sie transportieren Informationen aus dem Körper zum Gehirn, nicht umgekehrt.
Die therapeutische Vagusnervstimulation wurde zunächst in der Behandlung von therapieresistenter Epilepsie etabliert. In diesem Kontext wird seit den 1990er Jahren ein implantiertes Gerät unterhalb des Schlüsselbeins eingesetzt, das über einen isolierten Draht gezielte Impulse an den linken Vagusnerv im Halsbereich sendet. Im Lauf der vergangenen zwei Jahrzehnte hat sich jedoch ein deutlich breiteres Wirkprofil der Methode abgezeichnet, das weit über Epilepsie hinausgeht – insbesondere bei chronischen Schmerzzuständen, Depressionen, Angststörungen, kognitiven Einschränkungen und postinfektiösen Syndromen.
Parallel zur invasiven Technik wurde die transkutane aurikuläre Vagusnervstimulation (taVNS) entwickelt: ein nicht-invasives Verfahren, bei dem über die Ohrmuschel – genauer gesagt über die cymba conchae oder angrenzende Areale – milde elektrische Impulse gesetzt werden. Diese aurikuläre Region weist eine dichte vagale Innervation auf, sodass die Stimulation über die Haut einen ähnlichen Effekt auf zentrale vagusvermittelte Hirnareale erzielt wie das implantierte Pendant – ohne chirurgischen Eingriff, ohne Anästhesie, mit alltagstauglicher Handhabung.
Zielsetzung der VNS
Das zentrale Ziel der VNS besteht darin, das autonome Nervensystem zu modulieren – mit besonderem Fokus auf die parasympathische Aktivierung. Der Vagusnerv ist ein Hauptakteur des parasympathischen Systems, also jenes Zweigs des vegetativen Nervensystems, der für Erholung, Regeneration und Homöostase verantwortlich ist. Über die elektrische Stimulation werden Signale erzeugt, die tiefgreifende regulatorische Prozesse anstoßen:
· Reduktion sympathischer Übererregung (z. B. bei chronischem Stress, Panik oder Hyperarousal),
· Stabilisierung der Herzfrequenzvariabilität (HRV) als Marker für vagale Flexibilität,
· Förderung entzündungshemmender Prozesse durch Aktivierung des cholinergen anti-inflammatorischen Reflexes,
· Dämpfung zentraler Schmerzverarbeitung über die Modulation thalamischer und limbischer Bahnen,
· Verbesserung von Gedächtnis, Aufmerksamkeit und exekutiven Funktionen durch Reorganisation präfrontaler Netzwerke.
Im Unterschied zu pharmakologischen Verfahren erfolgt diese Modulation nicht pharmakodynamisch, sondern elektrisch – über gezielte Impulse, deren Frequenz, Intensität und Dauer individuell justierbar sind. Die elektrische Stimulation des Vagusnervs wirkt dabei nicht lokalisierend, sondern systemisch: Sie adressiert nicht nur isolierte Symptome, sondern verändert die Funktionsweise ganzer neuronaler Schaltkreise – über Hirnstamm, limbisches System und kortikale Integrationszentren hinweg.
Wirkungsebene: Selbstregulation statt Symptomunterdrückung
Die VNS zielt nicht auf kurzfristige Kontrolle, sondern auf langfristige Rückgewinnung von innerer Rhythmisierung. Sie schafft ein physiologisches Milieu, in dem der Körper aus dem Zustand chronischer Alarmbereitschaft, funktioneller Fragmentierung oder Erschöpfung zurück in eine regulierbare Dynamik gelangen kann. Entscheidend ist dabei: Die Stimulation wirkt nicht als externe Steuerung, sondern als somatisches Signal, das dem Nervensystem eine Alternative zum dysregulierten Muster anbietet.
Besonders in Zuständen, in denen Sprache, Einsicht oder kognitive Strategien blockiert sind – etwa bei Trauma, Brain Fog, vegetativer Dysregulation oder postviraler Erschöpfung – bietet die VNS einen nonverbalen Zugang zu Sicherheit, Wiederholbarkeit und sanfter Aktivierung. Sie wirkt nicht durch kognitive Kontrolle, sondern durch bottom-up-Modulation – über den Körper zum Gehirn, über Rhythmus zur Integration.
Die VNS als Zugang zur neurophysiologischen Dialogfähigkeit
Ob invasiv oder transkutan – die Vagusnervstimulation ist kein Ersatz für therapeutische Beziehung, Reflexion oder Medikamentation. Sie ist auch kein neurologisches Allheilmittel. Ihr Wert liegt woanders: in der Einladung zur Rückverbindung mit jenen biologischen Rhythmen, die durch Trauma, Dauerstress oder chronische Dysregulation unterbrochen wurden. Als wiederholbares, steuerbares, körperlich verankertes Signal fördert sie nicht das Funktionieren, sondern die Verfügbarkeit des Körpers für Regulation – und genau darin liegt ihr therapeutisches Potenzial.
Vagusnervstimulation und Neuromodulation - Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Die Vagusnervstimulation (VNS) ist eine spezifische Form der Neuromodulation, bei der der Vagusnerv, der längste Hirnnerv, elektrisch stimuliert wird. Neuromodulation umfasst ein breiteres Spektrum an medizinischen Verfahren, die darauf abzielen, die Aktivität des Nervensystems zu beeinflussen. Während andere Neuromodulationsverfahren wie die tiefe Hirnstimulation direkter in das Gehirn eingreifen, wirkt die VNS indirekt, indem sie die Aktivierung des Vagusnervs nutzt, um die neuronale Modulation im Gehirn zu beeinflussen. Beide zielen darauf ab, die neuronale Funktion zu stimulieren und positiv zu beeinflussen.
Erkrankungen und Störungen, bei denen VNS/Neuromodulation hilft
Die Vagusnervstimulation hat sich als vielversprechende therapeutische Option für eine Reihe von Erkrankungen und Störungen erwiesen. Ursprünglich wurde die VNS zur Behandlung von Epilepsie entwickelt, insbesondere bei Patienten, bei denen Medikamente nicht ausreichend wirksam sind. Inzwischen wird die Wirksamkeit der VNS auch bei Depressionen, Angststörungen, chronischen Schmerzen und sogar bei der Behandlung von Long COVID untersucht. Die Fähigkeit der Stimulation des Vagusnervs, das autonome Nervensystem zu beeinflussen, macht sie zu einem wertvollen Werkzeug bei der Behandlung von komplexen, oft chronischen Gesundheitsproblemen, die durch ein Ungleichgewicht im Nervensystem gekennzeichnet sind.
Infektionskrankheiten, Post-Vac-Syndrom, ME/CFS
Die Vagusnervstimulation zeigt besonderes Potenzial bei postinfektiösen, postimmunologischen und neuroinflammatorischen Krankheitsbildern wie dem Post-Vac-Syndrom, dem Myalgischen Enzephalomyelitis/Chronischen Fatigue-Syndrom (ME/CFS) sowie dem Long COVID-Spektrum. Diese Zustände sind häufig gekennzeichnet durch eine anhaltende Dysregulation des autonomen Nervensystems, eine chronisch niedriggradige Entzündungsreaktion und eine gestörte zelluläre Energiebereitstellung.
Typische Symptome umfassen:
· Fatigue / Erschöpfung – unabhängig von Ruhe oder Schlaf
· Postexertionales Malaise (PEM) – massive Verschlechterung nach geringer Anstrengung
· Brain Fog – verlangsamtes Denken, Wortfindungsstörungen, kognitive Fluktuationen
· Dysautonomie – Kreislauflabilität, orthostatische Intoleranz, Tachykardien
· Reizempfindlichkeit – gegenüber Licht, Geräuschen, Bewegung, sozialen Kontakten
· Reaktive Schlafstörungen – Einschlafprobleme, fragmentierter Tiefschlaf, nicht erholsamer Schlaf
In dieser Symptomkonstellation zielt die VNS nicht auf Leistungssteigerung, sondern auf die Wiederherstellung regulatorischer Grundfähigkeiten. Sie wirkt als sanfter Reizgeber auf ein übererregtes, gleichzeitig erschöpftes Nervensystem, das sich nicht mehr flexibel zwischen Aktivität und Ruhe bewegen kann. Dabei ist nicht die Dosis entscheidend, sondern die Regelmäßigkeit, das Timing und die Rhythmisierung.
Zielsetzung der VNS bei postinfektiöser Systemdysregulation
Die VNS dient in diesem Kontext als niederschwelliger Zugang zur Reorganisation vegetativer Signale und wirkt in folgenden drei Kernbereichen:
1. Sanfte parasympathische Inputs
Die tägliche Anwendung der taVNS – vorzugsweise 1–2× täglich à 15 Minuten – erfolgt in ruhiger Umgebung, möglichst gekoppelt mit beruhigenden Routinen: Tee zubereiten, Journaling, achtsames Atmen (z. B. 4:6-Atemmuster). Die VNS setzt dabei keine Erholung voraus, sondern ermöglicht sie – als wiederholbares Signal von Sicherheit.
2. Rhythmisierung körperlicher Aktivität
Da postinfektiöse Zustände häufig mit einem verlorenen Belastungs-Gleichgewicht einhergehen, wird Bewegung in kleinste, planbare Einheiten unterteilt (z. B. 3–5 Minuten Sitzen-Dehnen oder 2 Minuten Gehen mit Musik). Die VNS stabilisiert das System dabei vor und nach diesen Mikroeinheiten. Ziel ist nicht körperliche Leistung, sondern der Aufbau eines belastbaren Rahmens ohne Crash.
3. Kognitive Entlastung durch Reizmanagement
Betroffene mit ME/CFS oder Long COVID zeigen oft eine ausgeprägte Reizintoleranz und kognitive Erschöpfung. Statt Symptomprotokolle oder Tracking-Apps zu führen, wird zur „wohlwollenden Beobachtung“ geraten. Die VNS unterstützt die Fähigkeit, Reize nicht als Bedrohung zu codieren, sondern zu entkoppeln – insbesondere bei gleichzeitiger Reduktion visueller, auditiver und kognitiver Überlastung.
Strukturierte Anwendung in den ersten 2 Wochen
Tagesbegleitend wird empfohlen:
Zeitraum | Maßnahme |
Morgen | taVNS + Teeritual oder 5-minütiges Journaling |
| Leichte Dehnung im Sitzen (z. B. Schulterkreisen) |
Mittag | Kurzer Reizschutz: Lichtfilter, Ohrstöpsel, kein Multitasking |
| Mini-Spaziergang oder Musik mit geschlossenen Augen |
Abend | Keine Bildschirme 30 Minuten vor dem Schlaf |
| taVNS + Gedicht hören oder Stimmübung (Summen) |
Die tägliche Anwendung erfolgt dabei nicht als Trainingsplan, sondern als Regenerationsrahmen. Reize werden absichtlich reduziert, Übergänge vorhersehbar gestaltet und nicht messbar optimiert, sondern sensibel angepasst.
Fortschrittsindikatoren
In dieser Phase sind keine quantifizierbaren Fortschritte zu erwarten – vielmehr zeigt sich Wirkung in Form von:
· verringertem vegetativen Rebound nach kurzer Aktivität (weniger Crashs)
· verlängerten stabilen Wachphasen ohne Reizüberflutung
· weniger Angst vor Routineaufgaben, auch wenn die objektive Leistungsfähigkeit unverändert bleibt
· leichterem Zugang zu Ruhe, ohne dass Erschöpfung dominierend bleibt
Entscheidend ist, dass Fortschritt nicht mit Rückkehr zur Ausgangsleistung verwechselt wird. Die VNS dient nicht der Wiederherstellung eines alten Zustands, sondern dem Aufbau einer neuen, tragfähigen physiologischen Basis – einer, die Heilung ermöglicht, anstatt Überforderung zu fordern.
Autismus bei Erwachsenen
Autistische Erwachsene berichten häufig nicht vorrangig von „sozialen Defiziten“, sondern von einer permanenten vegetativen Überforderung: durch unvorhersehbare Reize, instabile Rhythmen, soziale Interaktionen, sensorische Unstimmigkeit und das Fehlen von sicheren Übergängen. Die Symptome reichen von Shutdowns, sozialem Rückzug und körperlicher Erschöpfung bis zu exekutiven Blockaden, Reizfilterschwächen und emotionaler Überreizung.
Hier bietet die transkutane aurikuläre Vagusnervstimulation (taVNS) ein neuartiges, nicht-kognitiv überfrachtetes Instrument zur Selbstregulation. Die VNS wirkt nicht auf Verhalten, sondern auf den vegetativen Grundtonus – und schafft dadurch Spielraum für Präsenz, Klarheit und Rückbindung an den Körper. Besonders relevant ist der Einsatz in Kombination mit Mikroroutinen, Reizschutz und rhythmischer Tagesstruktur.
Zielsetzung der VNS bei Autismus im Erwachsenenalter
Die Anwendung zielt auf drei Kernbereiche:
1. Reizstabilisierung – das System so weit herunterregulieren, dass Reize wieder integriert werden, ohne Overload.
2. Übergangsfähigkeit – Wechsel zwischen Zuständen (z. B. Arbeit – Pause, Kontakt – Rückzug) erleichtern, ohne Dissoziation.
3. Koordination von Rhythmus – Rituale, Wiederholbarkeit, körpergebundene Rhythmen nutzen, um Vorhersagbarkeit aufzubauen.
Die VNS ersetzt dabei keine Therapie und kein soziales Training – sie macht das System verfügbar, auf dem andere Fähigkeiten aufbauen können.
Konkrete Anwendung (Woche 1–2): Startphase für mehr vegetative Stabilität
Die Anfangsphase dient dem Aufbau einer physiologischen Basis für Reizverarbeitung, Selbstberuhigung und Interaktionspufferung.
Was | Wie | Ziel |
taVNS | 15 Minuten pro Tag, gekoppelt mit Atemrhythmus (z. B. 4–6 Atemzüge/Min.). Zeitpunkt: vor/nach sozialen Kontakten, Therapie oder mentaler Belastung. | Crash-and-Burn-Zyklen vermeiden, Übergänge regulieren. |
Bewegung | 5–10 Minuten rhythmisch (z. B. Gehen mit Musik, sanftes Schaukeln, Metronom), täglich zur gleichen Zeit. | sensorische Integration, Senkung von Reizvigilanz |
Selbstfürsorge | „Tägliches Fenster“ mit selbstgesteuerter Aktivität ohne Produktivitätsanspruch (z. B. skizzieren, zusammenlegen, Decke richten, ruhen). | Autonomie stärken, ohne Entscheidungsdruck. |
Emotionale Verankerung | Stimme nutzen: Summen, Lesen, leises Sprechen mit sich selbst, Tierkontakt. | Aktivierung ohne soziale Überforderung, affektive Re-Regulierung. |
Tagesstruktur (Woche 1–2): Reizreduktion, Rhythmus, Reaktion ermöglichen
Tageszeit | Was | Beobachtungshinweis |
Morgen | taVNS + 5 Minuten Atem, Tagebuch oder leichte Hausarbeit | Start ohne Reizflutung möglich? |
Mittag | 5 Min rhythmische Bewegung oder Schaukeln, kurzer SMS-Kontakt oder Audionachricht | Kontakt möglich ohne Erschöpfung? |
Nachmittag | Tägliches Fenster: ruhige Aktivität ohne Leistung. Drei-Wort-Zustandsbeschreibung üben | Reaktivität vs. Regulationsfähigkeit erkennen |
Abend | Summen, Vorlesen, Musik (Tonverankerung), Stretching oder ruhen mit Gewichtsdecke | Einschlaf erleichtert? Körperspannung geringer? |
Woche 3–4: Sanfte Erweiterung – ohne Übersteuerung
Nach einer zweiwöchigen Grundstabilisierung kann schrittweise getestet werden, was das System verträgt, ohne es zu überfordern.
Was | Wie |
taVNS | Anwendung nach sozialen Interaktionen oder kognitiven Belastungen (z. B. E-Mail, Einkauf). |
Bewegung | Rhythmisches Gehen um 2–3 Minuten verlängern, kombiniert mit Rhythmus (z. B. Farben benennen). |
Selbstfürsorge | Drei „Wahlmöglichkeiten“ fürs Tagesfenster vorbereiten, z. B. Text hören, zeichnen, ausruhen. |
Verankerung | Sprachaufnahme anhören (z. B. beruhigender Text mit eigener Stimme), Audionachricht an sich selbst senden. |
Fortschritt nicht an Leistung messen
· Weniger Reizabstürze nach Sozialkontakten oder Reizflutung
· Bessere Benennbarkeit eigener Zustände (auch ohne Lösung)
· Erhöhte Verfügbarkeit für Übergänge ohne Reizvermeidung
· Wohlwollender Umgang mit Grenzen, auch wenn keine Verbesserung spürbar ist
Die VNS macht keine Reizoffenheit „weg“. Sie schafft die Möglichkeit, mit dem, was da ist, nicht zusammenzubrechen – und vielleicht sogar Spielraum zurückzugewinnen.
ADHS bei Erwachsenen
Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) manifestiert sich im Erwachsenenalter anders als bei Kindern – subtiler, aber nicht weniger beeinträchtigend. Charakteristisch sind chronische Ablenkbarkeit, innere Unruhe, Impulsdurchbrüche, Desorganisation, aber auch Motivationsblockaden, Ermüdung nach kurzer geistiger Aktivität und eine ausgeprägte Tagesrhythmusinstabilität. Immer deutlicher wird: ADHS ist nicht allein eine Störung der Aufmerksamkeit, sondern eine Regulationsstörung des autonomen Nervensystems.
Hier setzt die Vagusnervstimulation (VNS) als vielversprechender neuromodulatorischer Ansatz an – nicht medikamentös, nicht invasiv, sondern auf die vegetative Rhythmisierung gerichtet. Besonders die transkutane aurikuläre Vagusnervstimulation (taVNS) rückt bei Erwachsenen mit ADHS zunehmend in den Fokus der Forschung.
Neurophysiologischer Hintergrund
Erwachsene mit ADHS zeigen häufig:
· verminderte vagale Flexibilität (z. B. niedrige Herzfrequenzvariabilität, gestörte Reizverarbeitung),
· erhöhte sympathische Grundaktivierung mit chronischem innerem Stressgefühl,
· verzögerte Handlungseinleitung (executive inertia) trotz guter Ideen oder Absichten,
· emotionale Reaktivität mit Neigung zu Frustration, Scham oder Rückzug.
Die Vagusnervstimulation wirkt über eine Stärkung des parasympathischen Nervenzweigs stabilisierend auf genau diese Muster. Über die Projektionen des Vagusnervs in den Der Locus coeruleus ist ein wichtiger Nerv, der durch die Vagusnervstimulation moduliert werden kann. (Noradrenalin), das Das limbische System spielt eine entscheidende Rolle bei der Verarbeitung von Emotionen und wird durch die Vagusnervstimulation beeinflusst. (Affektregulation) und den präfrontalen Cortex (Handlungsplanung) lassen sich die funktionellen Grundlagen der ADHS-Problematik direkt ansprechen – ohne Übersteuerung und ohne Kognition vorauszusetzen.
Wirkhypothesen und Studienlage
Frühe Studien zur Anwendung der taVNS bei Erwachsenen mit ADHS zeigen:
· verbesserte Aufgabeninitiierung, insbesondere bei Tätigkeiten ohne äußeren Druck,
· bessere Affektsteuerung nach Unterbrechungen oder Frustration,
· Verlängerung kognitiver Aufmerksamkeitsspannen ohne Erschöpfung,
· weniger Crash-Zyklen nach intensiver Konzentration oder sozialer Aktivität.
Bildgebende Untersuchungen und EEG-Daten deuten auf eine Normalisierung frontaler Oszillationen und eine erhöhte Konnektivität zwischen präfrontalen, insulären und sensomotorischen Arealen hin. Auch die kortikale Verarbeitung externer Reize wird effizienter – was der sensorischen Überladung vieler ADHS-Betroffener entgegenwirkt.
Anwendung im Alltag – tagesrhythmische Einbettung
Für Erwachsene mit ADHS eignet sich die taVNS besonders als Begleitinstrument zur Strukturierung des Tagesverlaufs. Empfohlene Einsatzpunkte sind:
Zeitfenster | Wirkung & Begründung |
Morgens | 15–20 Minuten taVNS beim Kaffee, Duschen oder Planen. Fördert ruhigen Einstieg statt hektischem Aktivismus. |
Vor Aufgaben | Anwendung vor konzentrativer Tätigkeit (z. B. E-Mails, Buchhaltung, Gespräche). Stärkt Handlungseintritt und Frustrationstoleranz. |
Nachmittags | tVNS + Mini-Pause bei Reizüberladung, Müdigkeit oder sozialer Erschöpfung. |
Abends | Optional zur Runterregulation: kombiniert mit Atem, Stretching, Journaling. |
Die Kopplung an sinnvolle Handlungsanker (z. B. Körper – Aufgabe – Pause) erhöht die Wirksamkeit. Die Wirkung ist nicht spektakulär, sondern kumulativ: Mehr Tage beginnen mit Rhythmus und enden ohne Reizabsturz. Entscheidend ist nicht die Leistung, sondern die Reduktion von Übergangsfriktion.
AuDHS: Autismus und ADHS im Erwachsenenalter
Bei Erwachsenen mit gleichzeitig ausgeprägten Merkmalen aus dem Autismus-Spektrum (ASS) und einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) zeigt sich kein additives, sondern ein dynamisch verschränktes Funktionsprofil, das zunehmend unter dem Begriff AuDHS beschrieben wird. Diese Konstellation ist weder selten noch randständig – sie wurde historisch jedoch häufig übersehen, weil sich die Symptome teils kompensieren, teils gegenseitig verstärken.
Die neurophysiologische Grundproblematik liegt in einer gleichzeitigen Übererregung und Instabilität des autonomen Nervensystems, kombiniert mit einer fragmentierten sensorischen Integration. Zwei scheinbar gegensätzliche Reaktionsmuster koexistieren im selben System:
Auf der einen Seite: sensorische Empfindlichkeit, soziale Rückzugsbedürfnisse, Reizabschottung (autistisch).
Auf der anderen Seite: Reizsuchendes Verhalten, impulsive Handlungsdurchbrüche, chronisches Rhythmusdefizit (ADHS-typisch).
Diese Kombination führt zu einem paradoxen Alltagsprofil mit schnellen Wechseln zwischen:
· Hyperfokus und kognitiver Erschöpfung,
· emotionaler Selbstüberwachung und plötzlichem Impulsdurchbruch,
· sozialem Rückzug und Kontaktübersättigung,
· detaillierter Reizwahrnehmung und exekutiver Desintegration.
Betroffene erleben sich oft als gleichzeitig „zu viel“ und „zu wenig“, reagieren auf soziale Anforderungen mit ambivalentem Überschwingen oder Abschalten, und kämpfen mit chronischer Frustration, weil ihr Nervensystem in keiner Umgebung vollständig reguliert erscheint.
Funktion der taVNS bei AuDHS: eine vegetative Brücke zwischen zwei Spannungsfeldern
Die transkutane aurikuläre Vagusnervstimulation (taVNS) wirkt auf beide Anteile dieses Spannungsfelds:
1. Sie adressiert das überaktivierte, reizsuchende Nervensystem (ADHS-Anteil) durch Förderung parasympathischer Aktivität, Verlängerung der Reizverarbeitungsspanne und Stabilisierung der Impulskontrolle.
2. Gleichzeitig unterstützt sie das überlastete, reizvermeidende System (ASS-Anteil) durch Absenkung der sensorischen Hyperreaktivität, Förderung rhythmischer Körperwahrnehmung und Verbesserung der Übergangsfähigkeit (z. B. von Denken zu Handeln, von Kontakt zu Rückzug).
Diese doppelte Wirkung macht die taVNS zu einem seltenen nicht-kognitiven Instrument, das gleichzeitig entlastend und aktivierend wirken kann – ohne innere Überforderung, ohne therapeutischen Erwartungsdruck.
Empfohlene Anwendung: strukturierte Ko-Regulation ohne Anstrengung
In der praktischen Anwendung bei AuDHS bewährt sich ein tagesrhythmischer Einsatz, der gezielt auf kritische Zonen im Tagesverlauf reagiert:
Zeitpunkt | Anwendung | Ziel |
Morgens | taVNS + ruhiger Start (z. B. mit Musik, Tee, Licht) | Vermeidung von hyperaktivem Kaltstart oder kognitivem „Einfrieren“ |
Vor Reizphasen | 10–15 Min taVNS + körperliche Routine | Stabilisierung vor sozialen, auditiven oder administrativen Reizen |
Nach Overload | taVNS + passives Ritual (z. B. mit Gewicht, Decke, Tonaufnahme) | Rückführung aus Shutdown oder Dissoziation ohne Sprache |
Abends | taVNS + Körperkontakt, Atem oder Summen | Übergang in den Ruhemodus erleichtern, Abschaltblockaden mindern |
In Woche 1–2 empfiehlt sich die konsequente Kopplung mit Reizschutz (Licht, Ton, Multitasking), sowie eine bewusste Entlastung der exekutiven Steuerung (keine To-do-Listen, kein Tracking, keine Kontrolle).
Ab Woche 3–4 kann die Anwendung gezielt vor Handlungsübergängen oder bei beginnender Reizüberlastung eingesetzt werden. Fortschrittsindikatoren sind nicht mehr Produktivität, sondern verringerte Systemabstürze, verbesserte Reaktionsflexibilität und eine zunehmend wohlwollende Innenwahrnehmung, auch bei Spannungszuständen.
Grenzen und besondere Aspekte bei AuDHS
Die Kombination aus Reizoffenheit und Impulsdruck erfordert eine präzise Dosierung der Stimulation. Zuviel oder zu intensive Anwendung kann Unruhe verstärken.
Die Wirkung entfaltet sich nicht linear, sondern über die Regelmäßigkeit, nicht über die Intensität.
In Umgebungen mit hohen sozialen Erwartungen (z. B. Arbeitskontext) kann die taVNS helfen, nicht funktional zu kompensieren, sondern funktionell zu pausieren – ohne Zusammenbruch.
Hochsensibilität
Hochsensibilität (HSP) zeigt eine besonders intensive Reaktion auf sensorische, emotionale und soziale Reize. Ihre Wahrnehmung ist nicht gestört, sondern verfeinert – allerdings oft ohne ausreichende neuronale Filter- und Puffermechanismen. Die Folge: selbst alltägliche Situationen (laute Umgebungen, soziale Dynamiken, Zeitdruck, emotionale Spannungen) überschreiten schnell das Erträgliche, was sich in chronischer Anspannung, Rückzug, Überwältigung oder Reizvermeidung äußern kann. Viele Betroffene erleben sich dabei nicht als „zartbesaitet“, sondern als ständig übersteuert, innerlich hyperaktiv, äußerlich erschöpft.
Aus neurowissenschaftlicher Sicht zeigt sich bei hochsensiblen Menschen häufig eine erhöhte kortikale Reizoffenheit bei gleichzeitig eingeschränkter zentraler Hemmung – insbesondere in der Thalamo-Kortex-Schleife, die für die Reizfilterung verantwortlich ist. Das autonome Nervensystem reagiert auf diese Reizfülle oft mit sympathischer Aktivierung – also einer physiologischen Stresslage, die selbst bei geringen Anforderungen ausgelöst wird.
Wirkpotenzial der VNS bei Hochsensibilität
Die transkutane aurikuläre Vagusnervstimulation (taVNS) bietet in diesem Zusammenhang keine Dämpfung, sondern eine physiologische Ordnungsstruktur: ein wiederholbares, vorhersagbares vegetatives Signal, das das System daran erinnert, nicht ständig auf Bedrohung eingestellt zu sein. Sie wirkt nicht kognitiv, sondern auf der Ebene der Reizbewertung und Reizweiterleitung.
· Zentrale Effekte der taVNS bei Hochsensibilität könnten sein:
· Verbesserung der Reizfilterung durch Modulation thalamo-kortikaler Netzwerke
· Reduktion von Reiz-Reaktion-Kopplung – d. h. mehr Reaktionszeit zwischen Wahrnehmung und Handlung
· Stabilisierung des parasympathischen Gegengewichts – besonders in sozialen oder sensorisch dichten Umgebungen
· Entlastung der interozeptiven Überidentifikation (z. B. bei starker Reaktion auf andere Stimmungen, Spannungen oder Atmosphäre)
Praktische Anwendung (Woche 1–2)
Hochsensible Erwachsene profitieren besonders von einer ritualisierten, reizarmen Anwendung der taVNS – nicht zur „Beruhigung“, sondern zur Begrenzung diffuser Anspannung:
Zeitpunkt | Anwendung | Ziel |
Morgens | taVNS + Tee, Tageslicht, leises Summen | Start ohne sensorisches Durchdrehen |
Vor Reizphasen | taVNS + sanfte Vorbereitung (z. B. Kleidung richten, Pause vorher einbauen) | Puffer vor Arbeit, Gesprächen, sozialen Interaktionen |
Nach Overload | taVNS + Geräuschentzug, beschwerte Decke, Rückzugsort | Reizbindung nach Ereignis, Vermeidung von Absturz |
Abends | taVNS + ruhige Musik oder Text mit Fokus auf Rhythmus | Übergang zum Schlaf ohne Restimulation |
Wichtig: Hochsensibilität bedeutet oft, dass auch therapeutische Interventionen zu stark wirken können. Deshalb sollte die Anfangsfrequenz niedrig (1× täglich, max. 10–15 Min) gewählt und nicht mit Leistungsabsicht verbunden werden.
Woche 3–4: Erlaubnis zur Erweiterung
Nach etwa zwei Wochen kann behutsam geprüft werden, ob und wann das System stabil genug ist, um neue Anwendungspunkte zu integrieren:
Vor sozialen Kontakten mit emotionalem Gehalt (z. B. Familienbesuche, Meetings)
Nach Medienkonsum oder Nachrichtenüberlastung
In Kombination mit körperlicher Selbstwahrnehmung (Stretching, Atem, Musik)
Zur Entkopplung von Reiz und Verhalten – z. B. bevor man auf etwas antwortet, das einen getriggert hat
Fortschrittsindikatoren
Bei hochsensiblen Menschen zeigt sich „Erfolg“ nicht in Widerstandskraft, sondern in:
· Erhöhter Erholungsfähigkeit nach Reizexposition
· Geringerer innerer Flutreaktion bei neuen, komplexen oder mehrdeutigen Situationen
· Schnellerer Rückkehr in den eigenen Rhythmus nach Unterbrechungen
· Weniger Reizvermeidung, ohne dass man sich überwinden muss
Die VNS ersetzt kein Coaching und keine Psychoedukation – aber sie schafft eine vegetative Grundlage, auf der feinfühlige, vorausschauende Selbststeuerung möglich wird, ohne konstanten Energieverlust.
CPTSD und Kindheitstrauma
Die komplexe posttraumatische Belastungsstörung (CPTSD) entsteht nicht durch ein singuläres Ereignis, sondern durch wiederholte, oft subtile oder chronifizierte Gewalterfahrungen – häufig beginnend in der Kindheit. Dazu gehören emotionale Vernachlässigung, inkonsistente Bindung, psychische oder körperliche Gewalt, sexualisierte Grenzverletzungen oder fortgesetzte Entwertung. Die daraus resultierenden Symptome reichen weit über klassische Traumareaktionen hinaus und betreffen grundlegende Dimensionen des Selbst: Affektregulation, Selbstwahrnehmung, Beziehungsgestaltung, Handlungskohärenz und die Fähigkeit zur inneren Verankerung im eigenen Körper.
Im Zentrum der CPTSD steht eine antrainierte Trennung zwischen physiologischer Alarmbereitschaft und psychischer Handlungsfähigkeit. Viele Betroffene erleben sich entweder als funktional „abgetrennt“ oder als überwältigt – ohne Zwischenzustand. Hier setzt die transkutane Vagusnervstimulation (taVNS) als nichtsprachliche, körperbasierte Regulierungsmethode an: Sie wirkt dort, wo Sprache versagt – auf die vegetative Koordination, auf die affektive Schwelle und auf die fragmentierte Wahrnehmung von inneren Zuständen.
Wirkansatz der taVNS bei CPTSD
Die taVNS adressiert zentrale Symptomcluster, die mit herkömmlichen Interventionen oft nur begrenzt erreichbar sind:
· Hypervigilanz (ständige Alarmbereitschaft, Schlafstörungen, Reizüberflutung):
VNS kann über parasympathische Aktivierung das sympathische Übersteuerungssystem abpuffern.
· Emotionaler Shutdown und Dissoziation (emotionale Taubheit, Depersonalisation, Erstarrung):
Regelmäßige vagale Inputs bieten ein physiologisches Gegengewicht zur Erstarrungslogik.
· Schamspiralen und Selbstabwertung:
VNS wirkt stabilisierend auf limbisch-vagale Netzwerke, die mit Angst, Scham und Selbstbild gekoppelt sind.
· Beziehungstrauma und Affektentkopplung:
Der Vagusnerv spielt eine zentrale Rolle im sozialen Engagement-System (Porges). Eine rhythmische Stimulation kann helfen, Kontakt- und Rückzugsimpulse besser zu koordinieren.
Woche 1–2: Rückbindung ohne Überforderung
Der Fokus der Anfangsphase liegt auf Sicherheit, Wiederholung, Vorhersagbarkeit – nicht auf Auseinandersetzung mit Trauma-Inhalten.
Was | Wie | Ziel |
taVNS | 15 Min/Tag, gekoppelt mit Atemrhythmus (z. B. 4–6 Atemzüge/Min.). Anwendung vor/nach Kontakten, Therapie oder emotionaler Arbeit. | Verhinderung von Kollaps- oder Panikreaktionen |
Rhythmische Bewegung | 5–10 Minuten: sanftes Gehen, Schaukeln, Körperwiegen, optional mit Musik/Metronom. | sensorische Integration, Schwelle für Reizflutung senken |
Selbstfürsorge | „Tägliches Zeitfenster“ für absichtslose Aktivitäten (z. B. falten, ausruhen, zeichnen) | Eigensteuerung ohne Zielkonflikt |
Emotionale Verankerung | Stimmnutzung (z. B. Summen, leises Vorlesen, monotones Sprechen mit sich selbst oder Tierkontakt) | Re-Aktivierung von Präsenz ohne Dialogbelastung |
Wichtig: Die taVNS ersetzt kein „Coping“. Sie hilft, überhaupt Zugang zu innerem Zustand und Regulation wiederzufinden – nicht durch Kontrolle, sondern durch Wiederholung.
Tagesstruktur (Woche 1–2)
Tageszeit | Was | Beobachtung |
Morgen | taVNS + 5 Minuten Atem oder Journaling; leichte, körpernahe Aktivität ohne Ziel | Erträglicher Start? Anbindung an Tagesbeginn spürbar? |
Mittag | Rhythmische Bewegung (Gehen, Schaukeln), optionaler Kontakt (z. B. Text, Sprachnachricht) | Kontakt ohne Reizüberflutung möglich? |
Nachmittag | „Stiller Zeitraum“ für freie Tätigkeit; Wahrnehmung benennen (z. B. drei Worte für Zustand) | Reflexionsmöglichkeit ohne Eskalation? |
Abend | Summen, Vorlesen oder ruhige Musik; Dehnen oder Gewichtsreiz (Decke) | Besserer Einschlaf? Weniger Nachhall von Reizen? |
Woche 3–4: Kapazitätsaufbau ohne Leistungsdruck
Nach initialer Stabilisierung kann die Anwendung gezielt auf systemisch herausfordernde Zonen erweitert werden:
Was | Wie |
taVNS | Nach sozialen Kontakten oder Reizinteraktionen zur Re-Regulation. Alternativ während stiller Therapieformen. |
Bewegung | Kombination mit sprachlichem Rhythmus: Farben benennen, Zählen beim Gehen, bewusstes „Schritt hören“. |
Selbstfürsorge | Drei „Wahlmöglichkeiten“ vorbereiten – nicht entscheiden, sondern spüren, was heute passt. |
Verankerung | Audiodateien mit eigener Stimme aufnehmen, passiv anhören. Selbstanbindung ohne direkte Sprachleistung. |
Fortschrittsindikatoren
· CPTSD-Fortschritte zeigen sich nicht in „Stabilität“, sondern in:
· Reduzierte Absturzreaktion nach sozialem oder innerem Kontakt
· Verbesserter Fähigkeit, sich aus dem Schutzzustand wieder zu „verlassen“
· Geringerer Zwang zur Selbstüberwachung
· Wohlwollenderer Beziehung zum eigenen Zustand, auch wenn er instabil bleibt
Chronische Schmerzen
Chronische Schmerzen sind nicht bloß eine verlängerte Form akuter Schmerzempfindung – sie sind ein eigenes neurobiologisches Phänomen. Über Wochen, Monate oder Jahre verändert sich das Schmerzsystem selbst: Nervenzellen feuern dauerhaft, das zentrale Nervensystem überinterpretiert Reize, Entzündungssignale persistieren, obwohl die ursprüngliche Ursache längst abgeklungen ist. Diese sogenannte zentrale Sensibilisierung führt dazu, dass selbst geringe Reize als schmerzhaft wahrgenommen werden – oft ohne sichtbare Gewebeschädigung.
Die Vagusnervstimulation (VNS) greift nicht auf der Ebene der Schmerzursache, sondern auf der Ebene der Schmerzverarbeitung und -modulation an. Über elektrische Impulse – entweder invasiv über ein implantiertes Gerät oder nicht-invasiv über die transkutane aurikuläre VNS (taVNS) – beeinflusst sie die vegetative Regulation, die Schmerzhemmung auf Rückenmarksebene und die Verarbeitung in Hirnarealen wie Thalamus, Insula und anteriorer cingulärer Cortex.
Wirkung der VNS bei chronischen Schmerzzuständen
Wirkprinzip | Therapeutischer Effekt |
Modulation nozizeptiver Bahnen | Reduktion der Schmerzintensität und -häufigkeit |
Hemmung proinflammatorischer Zytokine | Senkung chronisch-entzündlicher Aktivität im peripheren Gewebe |
Aktivierung des cholinergen Entzündungsreflexes | Beruhigung systemischer Immunüberreaktionen |
Parasympathische Reaktivierung | Verbesserung von Schlaf, Verdauung, Erholungsfähigkeit |
Reorganisation zentraler Schmerzverarbeitung | Unterbrechung dysfunktionaler neuronaler Schmerzschleifen |
Indikationen (klinisch und experimentell)
· Fibromyalgie: weit verbreiteter Muskel- und Weichteilschmerz bei vegetativer Instabilität
· Migräne: insbesondere mit Aura oder Reiztriggersensitivität
· Neuropathische Schmerzen: z. B. nach Operationen, bei Polyneuropathie, Trigeminusneuralgie
· Muskuloskelettale Schmerzen: chronischer Rückenschmerz, Schulterschmerzen, Spannungskopfschmerz
· Rheumatisch-entzündliche Erkrankungen: als Zusatzintervention zur Entzündungsmodulation
Woche 1–2: Anwendung zur Stabilisierung von Schmerz- und Reizmustern
Ziel: nicht maximale Schmerzfreiheit, sondern Wiederherstellung einer verlässlichen Schmerzvorhersagbarkeit und vegetativen Erholungsfähigkeit.
Was | Wie | Ziel |
taVNS | 15 Minuten vor und nach Bewegungseinheiten; optional abends zur Förderung von Tiefschlaf | Reduktion der Schmerzempfindlichkeit, Verbesserung der Schlafqualität |
Bewegung | Wasserbasierte Bewegung (Pool walk), isometrische Übungen (z. B. Wandliegestütz, Halteübungen für große Muskelgruppen) | Aktivierung ohne Belastung der Gelenke, Wiederaufbau funktionaler Bewegungsfähigkeit |
Atmung + Dehnung | 2× täglich: Atem 4:6 (Ein-/Ausatmung), sanfte Mobilisation von Hüften, Schultern, Wirbelsäule | Wiederanbindung an Körpersignale, Entspannung gezielter Schmerzfelder |
Stimmungsaufhellung | 1× täglich: Tanzen, Singen, Lachen, Spaziergang mit Musik | Aktivierung dopaminerger und endorphiner Systeme, Schmerzablenkung |
Tagesstruktur (Woche 1–2)
Tageszeit | Anwendung | Ziel |
Morgen | 5 Min Atmung + Dehnung, taVNS vor Frühstück | Reizschwelle anheben, Tagesstart erleichtern |
Mittag | 5–10 Min isometrische Bewegung, evtl. Poolbewegung | Funktion erhalten, Kreislauf aktivieren |
Nachmittag | Spaziergang oder Musikbewegung, keine Multitaskingaktivitäten | Reizüberlastung vermeiden, Energie erhalten |
Abend | taVNS + Dehnung, ggf. Dankbarkeits-/Trostliste (3 einfache Punkte) | Schmerztonus senken, Fokus verlagern |
Woche 3–4: Erweiterung und Vertrauen in Bewegung
Ziel: mehr Bewegungsfreiheit bei weniger Schmerzangst, ohne Rückfall in Überforderung.
taVNS | Weiterhin 1–2× täglich, besonders nach Bewegung und vor dem Schlaf. Fokus: Veränderung der Schlafqualität und Schmerzrückkopplung beobachten. |
Bewegung | Isometrie um Haltezeit verlängern, leichte Kniebeugen an der Wand oder Theraband-Übungen einbauen. Wenn möglich, erste Bewegungsübungen im Wasser mit Koordinationselementen. |
Atmung/Dehnung | Kombination von Atem mit Klopftechniken oder Selbstmassage (Body scan mit Berührung) – zur Integration des Körperbilds |
Stimmungsaufhellung | Bewegung mit sanftem sozialen Kontakt koppeln (z. B. gemeinsamer Spaziergang, geteilte Playlist, Tierkontakt). Ziel: Körperliche Aktivität wieder positiv verknüpfen. |
Fortschrittsindikatoren
· Vorhersagbarkeit von Schmerzreaktionen (weniger plötzliche Schmerzschübe)
· Reduktion von „Flares“ (kürzere Dauer, geringere Intensität)
· Zunahme an angenehmer Bewegung (auch wenn Schmerzen bestehen)
· Weniger Vermeidungsverhalten, ohne überhöhten Aktivismu
Chronische Schmerzen sitzen nicht nur im Gewebe, sondern auch im überreizten Nervensystem. Die Vagusnervstimulation bietet keine Narkose – sondern eine tägliche Einladung zur Selbstanbindung ohne Bedrohung. Sie ersetzt keine Schmerztherapie, aber sie verändert das Innenleben der Schmerzverarbeitung – leise, rhythmisch, verlässlich. Und genau das fehlt vielen chronisch Schmerzgeplagten: Verlässlichkeit im eigenen Körper.
Geistiger Abbau
Kognitiver Abbau umfasst eine Reihe von funktionellen Veränderungen in Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Sprache, Orientierung und Problemlösefähigkeit, die über das normale Altern hinausgehen – jedoch nicht immer sofort in eine manifeste Demenz übergehen. Viele Betroffene erleben zunächst episodische Wortfindungsstörungen, reduzierte geistige Ausdauer, verlangsamtes Denken, Verwirrtheit bei Reizflut oder eine erschwerte Umstellung zwischen Aufgaben. Der Übergang vom subjektiven kognitiven Leistungsabfall zu einer milden kognitiven Beeinträchtigung (MCI) bis hin zu neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer ist dabei gleitend.
Die Vagusnervstimulation (VNS) wird in diesem Kontext als potenziell schützende und aktivierende Maßnahme untersucht. Insbesondere die transkutane Variante (taVNS) wirkt dabei nicht pharmakologisch, sondern über rhythmische Aktivierung zentraler Hirnregionen, die für Aufmerksamkeit, Lernen und Gedächtniskonsolidierung entscheidend sind – z. B. präfrontaler Cortex, Hippocampus, Nucleus basalis und Thalamus.
Wirkmechanismen der VNS bei kognitivem Abbau
Wirkprinzip | Funktioneller Effekt |
Aktivierung cholinerger Bahnen | Förderung der Gedächtnisbildung und der selektiven Aufmerksamkeit |
Förderung der Neuroplastizität | Stabilisierung kognitiver Netzwerke, insbesondere im medialen Temporallappen |
Verbesserung der zerebralen Durchblutung | Erhöhung des Sauerstoff- und Nährstoffangebots für sensible Hirnareale |
Vegetative Rhythmisierung | Förderung stabiler Schlaf-Wach-Zyklen und Tagesstruktur |
Entzündungsmodulation | Reduktion neuroinflammatorischer Prozesse, die kognitive Funktionen beeinträchtigen |
Zielgruppen
Die VNS kommt insbesondere für folgende Personengruppen infrage:
· Erwachsene mit subjektiver kognitiver Leistungsminderung
· Menschen im Frühstadium einer leichten kognitiven Beeinträchtigung (MCI)
· Angehörige mit genetischem Risiko (z. B. ApoE4) zur Prävention und Aktivierung
· Betroffene mit Long COVID oder postviralen Zuständen mit „Brain Fog“
· Menschen mit neurodegenerativen Erkrankungen in frühen bis mittleren Stadien – in Kombination mit kognitivem Training, Bewegung oder sozialer Aktivierung
Woche 1–2: Kognitive Rhythmisierung und vegetative Entlastung
Ziel ist es, geistige Aktivität wieder verlässlich zu verankern, ohne Überforderung, durch Wiederholung und Reizreduktion.
Was | Wie | Ziel |
taVNS | 20 Minuten täglich während morgendlicher Lektüre (z. B. leichte Sachtexte, Gedichte), möglichst bei Tageslicht | Synchronisierung mit Tagesrhythmus, Aktivierung frontaler Netzwerke |
Bewegung | Spaziergang + Benennungsspiel (z. B. Farben, Buchstaben), 5 Minuten Tanz oder Taktbewegung | Förderung motorisch-kognitiver Kopplung, BDNF-Anstieg |
Neuro-Tasks | Kognitive Aufgaben im Wechsel: Sudoku, Geschichte erzählen, kreatives Schreiben + Ruhephase | Reizdosis modulieren, kognitive Ermüdung vermeiden |
Geistige Hygiene | „Gerätefreie“ Stunden (z. B. 9–11 Uhr); Mini-Rituale vor Schlafen und Mahlzeiten (z. B. Atem + Wort) | Förderung intentionaler Zustandswechsel |
Tagesstruktur (Woche 1–2)
Tageszeit | Verankerung | Beobachtungshinweis |
Morgen | 20 Min taVNS + Lesen; sanftes Stretching, Spaziergang mit Musik | Gedankenstart klarer? Weniger Suchbewegungen? |
Mittag | Rätsel oder leichte Verwaltungsaufgabe; Ruhepause (nicht Bildschirm) | Erschöpfung danach geringer? Worte verfügbarer? |
Nachmittag | Erzählen (z. B. was gelesen/erlebt), kein Multitasking-Fenster (1–2 Std) | Konzentration stabiler? Weniger mentale Fragmentierung? |
Abend | Übergangsritual (3 Atemzüge + Wort); optionale taVNS-Anwendung vor Schlaf | Einschlafen leichter? Reizhall geringer? |
Woche 3–4: Aufbau neuronaler Ausdauer ohne Reizüberladung
taVNS | Anwendung 1× täglich beibehalten, neue Testung: abends nach geistiger Belastung (z. B. viel Bildschirmarbeit) zur Erleichterung des System-Resets |
Bewegung | Hinzufügen koordinativer Muster (z. B. Step+Klang, Gleichgewichtsübungen); Integration in Alltag (z. B. Treppe, Rhythmus) |
Neuro-Aufgaben | Erinnerungstraining nach Zuhören (z. B. Inhalte rekapitulieren); kooperative Aufgaben (z. B. Kreuzworträtsel mit Partner:in) |
Kognitive Ordnung | Visuelle Marker für Übergänge (z. B. Symbol für Pausen); Bildschirmstruktur entlasten, Erinnerungshilfen physisch verfügbar halten |
Fortschrittsindikatoren
Die Wirkung der taVNS zeigt sich bei kognitivem Abbau nicht in Sprüngen, sondern in Wiederverfügbarkeit:
· besserer Zugriff auf bekannte Inhalte, weniger Wortfindungsfrustration
· längere Abschnitte klarer Aufmerksamkeit, auch bei Routineaufgaben
· besseres Umschalten zwischen Aufgaben, geringere mentale Desorientierung
· mehr Vertrauen in die eigene Orientierung, selbst wenn Gesamtleistung gleich bleibt
Kognitiver Abbau braucht keine intellektuelle Überforderung und kein Leistungstraining. Was fehlt, ist nicht Anstrengung, sondern Regelmäßigkeit, Rhythmus und Wiederholung – ohne Erwartungsdruck. Die Vagusnervstimulation kann ein vegetativer Anker sein für Menschen, die sich verlieren, bevor sie überhaupt richtig anfangen. Sie trainiert kein Gedächtnis – sie erinnert das System an seine Taktfähigkeit.
Wirksamkeit und klinische Studien
Aktuelle Forschungsergebnisse zur Wirksamkeit von VNS/Neuromodulation
Die aktuelle Forschung zur Vagusnervstimulation (VNS) und Neuromodulation liefert zunehmend überzeugende Beweise für ihre Wirksamkeit bei verschiedenen Erkrankungen und Störungen. Klinische Studien untersuchen die Auswirkungen der Stimulation des Vagusnervs auf neurologische Erkrankungen wie Epilepsie und chronische Schmerzen, sowie auf psychische Gesundheitsprobleme wie Depressionen und Angststörungen. Die Ergebnisse zeigen oft eine signifikante Verbesserung der Symptome und eine gesteigerte Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen. Forscher arbeiten kontinuierlich daran, die Stimulationsparameter zu optimieren und die spezifischen Mechanismen der VNS besser zu verstehen, um ihre therapeutische Anwendung weiter zu verfeinern. Diese Studien legen nahe, dass VNS eine vielversprechende Option für Patienten sein könnte, bei denen andere Behandlungen keine ausreichende Linderung bringen, et al. Ich unterstütze Sie mit Empathie und Klarheit dabei, diese Optionen zu verstehen und zu bewerten.
Biomarker für den Therapieerfolg
Die Identifizierung von Biomarkern für den Therapieerfolg der Vagusnervstimulation ist ein wichtiger Schritt, um die Behandlung zu personalisieren und ihre Wirksamkeit zu maximieren. Biomarker könnten helfen, diejenigen Patienten zu identifizieren, die am wahrscheinlichsten auf die Stimulation des Vagusnervs ansprechen, und die Stimulationsparameter entsprechend anzupassen.
Aspekt | Details |
Mögliche Biomarker | Veränderungen in der Herzfrequenzvariabilität, der Hirnaktivität (gemessen durch EEG) und der Konzentration bestimmter Neurotransmitter im Gehirn. |
Ziel der Biomarker-Überwachung während der VNS-Behandlung | Die Aktivierung des Vagusnervs besser verstehen und die Therapie an die individuellen Bedürfnisse des Patienten anpassen. |
Die Entwicklung von Biomarkern ist ein aktives Forschungsgebiet, das das Potenzial für eine präzisere und effektivere Anwendung der VNS eröffnet. Ich biete Ihnen einen Raum, in dem Sie sich ohne Druck öffnen können – im Zentrum stehen Sie: mit Ihrer Geschichte, Ihren Zielen, Ihrer Veränderung.
Vergleich von invasiven und nicht-invasiven Methoden
Die Vagusnervstimulation kann sowohl invasiv als auch nicht-invasiv durchgeführt werden.
Methode | Beschreibung |
Invasive VNS | Chirurgische Implantation einer Elektrode am Vagusnerv im Halsbereich zur Abgabe von elektrischen Impulsen. |
Nicht-invasive VNS | Nutzung von Elektroden, z.B. bei der transcutanen aurikulären Vagusnervstimulation (tVNS), die am Ohr platziert werden, um den Vagusnerv indirekt zu stimulieren. |
Die Wahl zwischen invasiven und nicht-invasiven Methoden hängt von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich der Art und Schwere der Erkrankung oder Störung, den individuellen Bedürfnissen des Patienten und den möglichen Risiken und Vorteilen jeder Methode. Aktuelle klinische Studien vergleichen die Wirksamkeit und Sicherheit beider Ansätze, um die optimale Behandlungsstrategie für verschiedene Patientengruppen zu ermitteln. Ich unterstütze Sie mit Empathie und Klarheit dabei, die für Sie passende Behandlung zu finden.
Risiken und Nebenwirkungen der Vagusnervstimulation
Wie bei jeder medizinischen Behandlung können auch bei der Vagusnervstimulation (VNS) Nebenwirkungen auftreten, obwohl diese in der Regel mild und vorübergehend sind. Häufige Nebenwirkungen der Stimulation des Vagusnervs sind Heiserkeit, Husten, Halsschmerzen, Atembeschwerden oder Kribbeln im Halsbereich während der Stimulation. Diese Symptome treten meist nur während der Aktivierung des Geräts auf und verschwinden kurz danach wieder. In seltenen Fällen können auch Schluckbeschwerden oder eine Veränderung der Stimme auftreten. Es ist wichtig, dass Patienten alle potenziellen Nebenwirkungen mit ihrem Arzt besprechen, bevor sie sich für eine VNS-Behandlung entscheiden. Ich unterstütze Sie mit Empathie und Klarheit dabei, persönliche oder berufliche Herausforderungen zu meistern.
Langzeitrisiken und Sicherheitsaspekte zur Stimulation des Vagusnervs
Die langfristigen Risiken und Sicherheitsaspekte der Vagusnervstimulation werden weiterhin in klinischen Studien untersucht, um vielversprechende Ergebnisse zu erzielen. Bisherige Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die VNS im Allgemeinen eine sichere und gut verträgliche Behandlungsmethode ist. Es gibt jedoch einige Aspekte, die bei der langfristigen Anwendung berücksichtigt werden müssen. Dazu gehören mögliche Veränderungen der Herzfrequenz, insbesondere bei Patienten mit vorbestehenden Herzerkrankungen, sowie das potenzielle Risiko von Infektionen oder Komplikationen im Zusammenhang mit dem implantierten Gerät bei der invasiven VNS. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen und eine sorgfältige Überwachung sind wichtig, um mögliche Probleme frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Die Wirksamkeit und Sicherheit der VNS wird auch weiterhin in groß angelegten Studien untersucht, um ein umfassendes Verständnis der langfristigen Auswirkungen zu gewährleisten. Ich biete Ihnen einen Raum, in dem Sie sich ohne Druck öffnen können – im Zentrum stehen Sie: mit Ihrer Geschichte, Ihren Zielen, Ihrer Veränderung.
Patientenberichte und Erfahrungen über die Stimulierung des Vagusnervs
Erfahrungsberichte von Patienten und Betroffenen, die eine Vagusnervstimulation anwenden, liefern wertvolle Einblicke in die Wirksamkeit und die Auswirkungen der Behandlung auf die Verbesserung der Lebensqualität. Viele Patienten berichten von einer signifikanten Verbesserung der Symptome ihrer Erkrankung oder Störung, wie z.B. einer Reduktion der Anfallshäufigkeit bei Epilepsie, einer Linderung von Depressionen oder einer Schmerzlinderung bei chronischen Schmerzen. Einige Patienten berichten auch von positiven Auswirkungen auf ihre kognitiven Funktionen und ihre emotionale Stabilität. Es ist wichtig zu beachten, dass die Erfahrungen mit der VNS individuell unterschiedlich sein können und dass nicht jeder Patient die gleichen Vorteile erfährt. Die Berichte von Patienten können jedoch dazu beitragen, ein realistisches Bild von den potenziellen Vorteilen und Herausforderungen der Vagusnervstimulation zu vermitteln. Die Stimulation des Vagusnervs zeigt eine vielversprechende Zukunft für verschiedene neurologische und psychische Beschwerden.
Zukünftige Perspektiven der Vagusnervstimulation
Innovationen in der VNS-Technologie
Die Zukunft der Vagusnervstimulation (VNS) ist geprägt von kontinuierlichen Innovationen in der Technologie und den Stimulationsparametern. Neue Elektrodendesigns und Stimulationsprotokolle werden entwickelt, um die Aktivierung des Vagusnervs zu optimieren und die Wirksamkeit der Behandlung zu steigern. Fortschritte in der tragbaren Technologie ermöglichen die Entwicklung von kleineren und komfortableren VNS-Geräten, die eine kontinuierliche oder bedarfsgerechte Stimulation im Alltag ermöglichen. Die Integration von künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen in die VNS-Technologie könnte es ermöglichen, die Stimulation in Echtzeit an die individuellen Bedürfnisse des Patienten anzupassen und die therapeutischen Ergebnisse weiter zu verbessern. Diese Innovationen versprechen eine noch präzisere und effektivere Anwendung der Vagusnervstimulation bei verschiedenen Erkrankungen und Störungen. Ich unterstütze Sie mit Empathie und Klarheit dabei, die für Sie passende Behandlung zu finden.
Erweiterte medizinische Anwendungen der Stimulation des Vagusnervs
Die Anwendungsmöglichkeiten der Stimulation des Vagusnervs (VNS) erweitern sich stetig, da die Forschung neue Anwendungsbereiche und potenzielle Vorteile entdeckt. Neben den etablierten Indikationen wie Epilepsie, Depressionen und chronischen Schmerzen wird die VNS zunehmend bei anderen neurologischen und psychischen Erkrankungen und Störungen untersucht. Dazu gehören beispielsweise die Behandlung von entzündlichen Darmerkrankungen, die Verbesserung der Herzfunktion bei Herzinsuffizienz und die Förderung der Rehabilitation nach Schlaganfällen. Die Fähigkeit der Stimulation des Vagusnervs, das autonome Nervensystem und das Immunsystem zu beeinflussen, macht sie zu einem vielversprechenden Ansatz für die Behandlung einer Vielzahl von komplexen Gesundheitsproblemen. Zukünftige klinische Studien werden dazu beitragen, die spezifischen Anwendungen und die Wirksamkeit und Sicherheit der VNS in diesen erweiterten Bereichen zu bestätigen. Ich biete Ihnen einen Raum, in dem Sie sich ohne Druck öffnen können – im Zentrum stehen Sie: mit Ihrer Geschichte, Ihren Zielen, Ihrer Veränderung.
Fazit
Die Vagusnervstimulation (VNS) und verwandte Verfahren der nicht-invasiven Neuromodulation rücken zunehmend in den Fokus integrativer Behandlungsansätze. Mit wachsendem Verständnis der zugrunde liegenden neurophysiologischen Mechanismen entwickelt sich die VNS zu einem verbindenden Element zwischen Psychiatrie, Neurologie, Schmerzmedizin, Immunologie und Psychosomatik – nicht als Ersatz, sondern als Brücke zwischen Fachdisziplinen.
Insbesondere bei chronisch belasteten, multimorbiden oder therapieresistenten Patienten, deren Symptome sich herkömmlichen Behandlungspfaden entziehen, eröffnet die taVNS eine strukturierte, körperbasierte und nebenwirkungsarme Möglichkeit, autonome Rhythmen neu zu kalibrieren – etwa in Kombination mit:
· psychotherapeutischen Verfahren (z. B. Schema-, Trauma-, ACT- oder Emotionsfokussierte Therapie),
· medikamentösen Ansätzen, bei denen eine Dosisreduktion oder Kombinationsoptimierung angestrebt wird,
· Bewegungstherapie, Musiktherapie oder Ergotherapie, die durch vagale Koaktivierung an Tiefe gewinnen,
· Neurofeedback, Biofeedback oder HRV-Monitoring, die Rückmeldung und Selbstwirksamkeit fördern,
· und somatisch-achtsamkeitsbasierten Methoden, wenn diese auf konkrete vegetative Prozesse abgestimmt sind.
Die zentrale Herausforderung liegt heute weniger in der technischen Machbarkeit, sondern in der verantwortungsvollen Integration in den klinischen Alltag. Dazu gehört:
· die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Neurolog:innen, Psychiater:innen, Schmerz- und Traumatherapeut:innen,
· die Differenzierung der Indikation (Was ist modulativ erreichbar, was nicht?),
· die individuelle Dosierung und Alltagseinbettung,
· die Patientenaufklärung ohne Heilsversprechen, aber mit realistischer Perspektive.
Besonders in der Versorgung von Menschen mit polyvagalen Belastungsprofilen – also solchen, die sich durch Reizüberforderung, Erschöpfung, vegetative Instabilität oder postvirale Zustände auszeichnen – wird die VNS künftig ein wichtiges Additiv zur Funktionsstabilisierung darstellen: nonverbal, niedrigschwellig, tagesbegleitend.
Die Vagusnervstimulation (VNS) ist kein technisches Allheilmittel – aber sie ist ein präzises Werkzeug der vegetativen Unterstützung. Ihr Potenzial liegt nicht darin, Symptome zu „beheben“, sondern in der Wiederherstellung innerer Verfügbarkeit: in der Fähigkeit, auf Reize nicht automatisch zu reagieren, sondern eingebettet zu bleiben. Ob bei Epilepsie, Depression, Schmerz, Trauma, kognitivem Abbau oder postinfektiöser Reizentgleisung – die VNS eröffnet eine neue Qualität des medizinischen Dialogs: nicht durch Verstärkung, sondern durch Wiederholung; nicht durch Intervention, sondern durch Rhythmisierung.
Die nächsten Jahre werden zeigen, in welchen Konstellationen die VNS als eigenständige oder kombinierte Maßnahme die Lebensqualität Betroffener dauerhaft verbessern kann. Entscheidend wird sein, sie nicht nur als neurotechnisches Verfahren, sondern als verkörperte Behandlungsform im Dialog mit individuellen Lebensrealitäten zu begreifen.
Die Zukunft der Neuromodulation liegt nicht in der Maximierung, sondern in der Regulierbarkeit. Und genau darin liegt die Stärke der VNS.
FAQ – Häufige Fragen zur therapeutischen Vagusnervstimulation (VNS) bei chronischen Erkrankungen, Reizdysregulation und neuropsychiatrischen Mustern
Wie wirkt Vagusnervstimulation (VNS) bei Autismus und ADHS im Erwachsenenalter (AuDHS)?
Bei AuDHS – einer Doppelkonstellation aus Autismus-Spektrum und ADHS – adressiert die taVNS sowohl die sensorische Überempfindlichkeit als auch den impulsiven Reizüberschuss. Sie stabilisiert vegetative Übergänge, erleichtert Handlungsbeginn, dämpft Overload-Reaktionen und erhöht die Verfügbarkeit in sozialen und kognitiven Situationen – ohne Anpassungsdruck.
Welche konkreten Tagesanwendungen der taVNS sind bei postviraler Erschöpfung (z. B. ME/CFS, Long COVID) sinnvoll?
Empfohlen wird eine 1–2× tägliche Anwendung à 15 Minuten, gekoppelt mit ruhiger Lektüre, Atemarbeit oder Teeritual. Sie wirkt stabilisierend vor Bewegungseinheiten (z. B. Dehnen, 3-minütiges Gehen), nach Reizkontakt oder zur Rhythmisierung bei Dysautonomie. Fortschritt bedeutet hier nicht Leistungszuwachs, sondern geringere vegetative Reaktivität.
Wie hilft VNS bei chronischen Schmerzen wie Fibromyalgie oder neuropathischen Beschwerden?
Die taVNS moduliert zentrale Schmerzverarbeitung, senkt Entzündungssignale und beruhigt das vegetative Alarmsystem. In Kombination mit isometrischer Bewegung, Atem-Dehnungseinheiten und gezielter Stimmungsaktivierung (z. B. Musik, Humor) verbessert sich die Schmerzvorhersagbarkeit und Bewegung wird wieder als sicher erlebt.
Was bringt die Vagusnervstimulation bei komplexer PTBS und Kindheitstrauma?
Sie wirkt nicht durch Aufarbeitung, sondern durch Wiederholung: 15 Minuten tägliche taVNS, kombiniert mit sanfter Bewegung (z. B. Gehen mit Rhythmus), selbstgewählten Handlungen (z. B. Sortieren, ruhen) und stimmlicher Verankerung (Summen, leises Sprechen) helfen, das System aus Schutzreaktionen in rhythmische Selbstverfügbarkeit zurückzuführen.
Wie kann VNS kognitive Fähigkeiten bei beginnendem Abbau unterstützen?
Die taVNS fördert die Durchblutung, neuroplastische Aktivität und das Arbeitsgedächtnis. Tägliche Anwendung während Lektüre, kombiniert mit kleinen Bewegungs- und Denkintervallen (z. B. Gehen + Benennen, Rätsel + Pause), unterstützt die Aufmerksamkeitslenkung und reduziert mentale Fragmentierung – besonders bei Brain Fog und MCI.
Hilft VNS auch bei Hochsensibilität?
Ja. Hochsensible Personen profitieren von der Reizpufferung durch taVNS – idealerweise in Kombination mit Reizschutz (Lichtfilter, Geräuschentlastung), festen Ankerzeiten (z. B. morgens + nach Overload) und ruhigen Ritualen. Ziel ist nicht Abhärtung, sondern die Wiederverfügbarkeit nach intensiver sensorischer Erfahrung.
Wie wird die Anwendung der taVNS strukturiert – z. B. in den ersten vier Wochen?
In Woche 1–2: tägliche Anwendung (1× 15 Min.), gekoppelt mit Reizreduktion, Mikrobewegung, Atemarbeit, optional Stimme. Ab Woche 3–4: sanfte Erweiterung – z. B. Anwendung vor Übergängen, nach Sozialkontakt oder in Kombi mit Dual-Tasks (z. B. Gehen + Farben benennen). Ziel ist kein Fortschritt, sondern vegetative Wiederverfügbarkeit.
Ist die taVNS für die selbstständige Anwendung geeignet?
Ja – vorausgesetzt, sie wird traumasensibel eingesetzt, dosiert begonnen und mit alltagstauglichen Routinen verknüpft. Die Stärke der Methode liegt nicht in Intensität, sondern in Wiederholung, Rhythmus und individueller Anbindung.
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