ADHS und Maladaptives Tagträumen – die Suche nach Stimulation (11)

ADHS und Maladaptives Tagträumen – die Suche nach Stimulation (11)

ADHS und Maladaptives Tagträumen

Published on:

Sep 28, 2025

Illustration: ein Gehirn mit Blitzlichtern (Symbol für ADHS) – Sinnbild für die Verbindung von ADHS und Tagträumen.
Illustration: ein Gehirn mit Blitzlichtern (Symbol für ADHS) – Sinnbild für die Verbindung von ADHS und Tagträumen.

Description: Warum Menschen mit ADHS besonders anfällig für Maladaptives Tagträumen sind und wie Unterstimulation, Hyperfokus und Fantasie zusammenwirken.

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Teaser (Lead)

Viele Menschen mit ADHS berichten von intensiven, schwer kontrollierbaren Fantasien. Für manche entwickelt sich daraus Maladaptives Tagträumen – eine Art „innere Ersatzwelt“, wenn die reale Umwelt zu wenig Stimulation bietet. Dieser Artikel zeigt die Zusammenhänge und erklärt, warum ADHS und MD häufig gemeinsam auftreten.


ADHS und Maladaptives Tagträumen – die Suche nach Stimulation

Lesen Sie zuerst den ausführlichen Hauptartikel Maladaptives Tagträumen – verstehen, behandeln und überwinden – ein umfassender Leitfaden

oder

den Überblick „Maladaptives Tagträumen – Ursachen, Symptome und Hilfe“. Dieser Themenartikel beleuchtet die Verbindungen zwischen ADHS und Maladaptivem Tagträumen.

1. Warum ADHS ein Risikofaktor ist

ADHS ist durch Aufmerksamkeitsprobleme, Impulsivität und eine ständige Suche nach Stimulation geprägt. Vielen Betroffenen fällt es schwer, Langeweile auszuhalten oder gleichförmige Aufgaben durchzustehen. Dieses Gefühl der „Unterstimulation“ äußert sich in innerer Unruhe, Gereiztheit oder der ständigen Jagd nach neuen Reizen.

Fantasiewelten bieten hier eine scheinbar perfekte Lösung: Sie sind unbegrenzt, jederzeit verfügbar und passen sich den Bedürfnissen des Träumenden an. Während eine reale Umgebung nur begrenzt Anregung bietet, liefert die innere Welt endlose Abenteuer, Anerkennung und emotionale Intensität. Damit ist das Maladaptive Tagträumen für viele Menschen mit ADHS besonders attraktiv – aber auch riskant, da es die Tendenz zur Reizsuche verstärkt und Alltagsaufgaben noch schwerer in den Fokus rücken lässt.

2. Hyperfokus und innere Serien

Ein paradoxes Symptom von ADHS ist der Hyperfokus: die Fähigkeit, sich vollkommen in Tätigkeiten zu vertiefen, die als spannend erlebt werden. Dieser Fokus kann produktiv sein – etwa beim Arbeiten an einem kreativen Projekt –, aber auch problematisch, wenn er sich auf Fantasien richtet.

Beim Maladaptiven Tagträumen führt der Hyperfokus dazu, dass Betroffene stundenlang in ihren Geschichten „versinken“. Die inneren Filme laufen wie mehrteilige Serien, oft mit wiederkehrenden Figuren, Handlungssträngen und Dramaturgie. Für den Betroffenen fühlt es sich an wie ein intensives, spannendes Erleben; für die Außenwelt wirkt es wie eine „Abwesenheit“. Das Problem: Während in der Fantasie komplexe Handlungen stattfinden, bleiben in der Realität Termine, Arbeit oder soziale Verpflichtungen auf der Strecke.

3. Typische Auslöser im ADHS-Kontext

·         Langeweile im Unterricht oder Beruf: Wenn Aufgaben eintönig sind, liefert die Fantasie die dringend benötigte Abwechslung.

·         Frustration und Misserfolge: Viele Menschen mit ADHS kennen Ablehnung oder Kritik. In der Fantasie erschaffen sie Welten, in denen sie erfolgreich, beliebt und kompetent sind.

·         Sensorische Trigger: Musik, Serien, Games oder Filme können sofort als „Sprungbrett“ in die innere Welt wirken. Besonders wiederkehrende Soundtracks oder visuelle Reize aktivieren MD-Episoden.

·         Emotionale Belastung: Stress, Überforderung oder Konflikte lösen das Bedürfnis nach Rückzug aus – die Fantasie wird zum Schutzraum.

4. Überschneidungen und Unterschiede

·         Gemeinsamkeiten: ADHS und Maladaptives Tagträumen gehen beide mit Konzentrationsschwierigkeiten, Impulsivität und Problemen bei der Selbstregulation einher.

·         Unterschiede: Bei ADHS steht die Zerstreutheit im Vordergrund – die Gedanken springen ständig. Bei MD ist es genau umgekehrt: die extreme Fixierung auf eine Fantasiewelt.

·         Besonderheit: Studien zeigen, dass etwa 20 % der Erwachsenen mit ADHS auch Kriterien für Maladaptives Tagträumen erfüllen. Diese Überschneidung macht deutlich, dass MD mehr ist als „nur“ ein Nebensymptom, sondern ein eigener Risikofaktor für diese Gruppe.

5. Therapeutische Folgerungen

·         ADHS-Behandlung: Medikamente (z. B. Stimulanzien) und Verhaltenstherapie stabilisieren Aufmerksamkeit und Impulskontrolle. Oft reduziert sich dadurch auch die Tendenz zum Tagträumen.

·         Fokus-Training: Methoden wie Achtsamkeitstraining, Atemübungen oder Neurofeedback helfen, die Aufmerksamkeit im Hier und Jetzt zu verankern und die Fantasie gezielt zu unterbrechen.

·         Struktur & Reizmanagement: Klare Tagespläne, Routinen und ein bewusster Umgang mit Medien können verhindern, dass Trigger (z. B. Musik, Serien) unkontrolliert MD-Episoden auslösen.

·         Kombinierte Ansätze: Besonders effektiv ist die Verbindung aus ADHS-spezifischen Interventionen und MD-Strategien wie Triggerkontrolle, Grounding und Psychoedukation.

6. Fallbeispiel: Ben – Zwischen Gedankenrasen, Depersonalisation und kreativem Flow

Ausgangssituation:

·         Ben (25) hat seit seiner Kindheit eine ADHS-Diagnose. Sein Alltag ist ein Wechselbad der Extreme: Phasen quälender Langeweile und Unterstimulation im Studium wechseln sich ab mit Momenten, in denen seine Gedanken so schnell rasen, dass er sich nicht mehr sortieren kann. In diesen Überforderungsmomenten tritt manchmal ein Gefühl der Depersonalisation auf – er fühlt sich von sich selbst und seiner Umgebung losgelöst, als ob er sein eigenes Leben aus der Ferne beobachten würde.

·         Seine komplexen, actionreichen Tagträume gehen häufig in Gedankenrasen über und verlassen die narrative Struktur, in der die sprunghaften Ideen zu einer epischen Handlung verwoben werden. (Auch das Gegenteil passiert häufig). Leider sind sie die einzige Aktivität, die intensiv genug ist, um das Gefühl der Leere und Dissoziation (Depersonalisation) zu durchbrechen und ihn wieder etwas „spüren“ zu lassen. In seiner Fantasie ist er ein berühmter Regisseur, der die volle Kontrolle hat – ein starker Kontrast zu seinem oft chaotischen Innenleben.

·         Auslöser sind Langeweile, Überforderung und sensorische Reize wie Musik. Seine Tagträume können stundenlang am Stück laufen und gehen oft mit repetitiven Bewegungen (z.B. Schaukeln) einher. Seine Leistungen im Studium leiden erheblich, und die Scham über seine „Abwesenheit“ und die dissoziativen Episoden treiben ihn weiter in den Rückzug.

Therapieansatz:

1.      Differentialdiagnostik und Psychoedukation: Zuerst wurde gemeinsam erarbeitet, dass das Tagträumen, das Gedankenrasen und die Depersonalisation keine isolierten Probleme, sondern eng verwobene Bewältigungsversuche seines ADHS-Gehirns sind. Dies entlastete Ben enorm, da er seine Symptome nicht mehr als persönliches Versagen, sondern als verständliche Reaktionen sah.

2.      ADHS-Medikation: Eine Einstellung mit Stimulanzien (Methylphenidat) reduzierte die Grundimpulsivität und die Heftigkeit des Gedankenrasens. Die „Lautstärke“ im Kopf wurde leiser, was den Drang, durch Tagträumen Ordnung zu schaffen, deutlich verringerte.

3.      Achtsamkeitsbasierte Strategien gegen Depersonalisation: Ben lernte Grounding-Techniken kennen (Igelbälle und die 5-4-3-2-1-Methode), um sich bei ersten Anzeichen von Dissoziation wieder mit der Gegenwart zu verbinden. Sport und Atemübungen halfen, das physiologische Erregungsniveau zu regulieren und der Überflutung entgegenzuwirken.

4.      Struktur und kanalisierte Kreativität: Ein fester Tagesplan mit klaren Pausen unterbrach die Phasen der Unterstimulation. Sein kreatives Potenzial wurde umgelenkt: Stündliche „Kreativ-Notiz-Blöcke“ von 5 Minuten erlaubten ihm, Ideen für sein Drehbuch zu sammeln, ohne in stundenlange Tagträume abzudriften.

Ergebnis nach 9 Monaten:

·         Die Häufigkeit und Intensität der Depersonalisations-Episoden haben stark nachgelassen. Ben fühlt sich präsenter und „wohnender“ in seinem Körper und Leben.

·         Sein Gedankenrasen hat sich von einem unkontrollierbaren Strom in einen besser steuerbaren Fluss verwandelt. Die Tagtraum-Zeit konnte von oft 4–5 Stunden auf etwa 30–60 Minuten pro Tag reduziert werden, die er jetzt bewusst zur Entspannung oder Ideenfindung nutzt.

·         Sein kreatives Potenzial lebt er nicht mehr nur passiv in seiner Fantasie aus, sondern aktiv durch das Schreiben. Er hat gelernt, seine neurologische Veranlagung nicht als Feind, sondern als Quelle seiner Kreativität zu akzeptieren – und sie gleichzeitig so zu steuern, dass sie sein reales Leben bereichert, statt es zu ersetzen.

Fazit

ADHS und Maladaptives Tagträumen haben ein gemeinsames Grundmotiv: die Suche nach intensiver Stimulation. Fantasie kann kurzfristig entlasten und sogar kreativ bereichern – doch wenn sie zur Ersatzrealität wird, drohen Rückzug, Leistungsabfall und soziale Probleme. Ein doppelter Ansatz ist entscheidend: ADHS-Symptome stabilisieren und gleichzeitig bewusstere, konstruktive Wege mit Fantasie entwickeln. So wird die Vorstellungskraft von einer Flucht zu einer Ressource.

Description: Warum Menschen mit ADHS besonders anfällig für Maladaptives Tagträumen sind und wie Unterstimulation, Hyperfokus und Fantasie zusammenwirken.

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Teaser (Lead)

Viele Menschen mit ADHS berichten von intensiven, schwer kontrollierbaren Fantasien. Für manche entwickelt sich daraus Maladaptives Tagträumen – eine Art „innere Ersatzwelt“, wenn die reale Umwelt zu wenig Stimulation bietet. Dieser Artikel zeigt die Zusammenhänge und erklärt, warum ADHS und MD häufig gemeinsam auftreten.


ADHS und Maladaptives Tagträumen – die Suche nach Stimulation

Lesen Sie zuerst den ausführlichen Hauptartikel Maladaptives Tagträumen – verstehen, behandeln und überwinden – ein umfassender Leitfaden

oder

den Überblick „Maladaptives Tagträumen – Ursachen, Symptome und Hilfe“. Dieser Themenartikel beleuchtet die Verbindungen zwischen ADHS und Maladaptivem Tagträumen.

1. Warum ADHS ein Risikofaktor ist

ADHS ist durch Aufmerksamkeitsprobleme, Impulsivität und eine ständige Suche nach Stimulation geprägt. Vielen Betroffenen fällt es schwer, Langeweile auszuhalten oder gleichförmige Aufgaben durchzustehen. Dieses Gefühl der „Unterstimulation“ äußert sich in innerer Unruhe, Gereiztheit oder der ständigen Jagd nach neuen Reizen.

Fantasiewelten bieten hier eine scheinbar perfekte Lösung: Sie sind unbegrenzt, jederzeit verfügbar und passen sich den Bedürfnissen des Träumenden an. Während eine reale Umgebung nur begrenzt Anregung bietet, liefert die innere Welt endlose Abenteuer, Anerkennung und emotionale Intensität. Damit ist das Maladaptive Tagträumen für viele Menschen mit ADHS besonders attraktiv – aber auch riskant, da es die Tendenz zur Reizsuche verstärkt und Alltagsaufgaben noch schwerer in den Fokus rücken lässt.

2. Hyperfokus und innere Serien

Ein paradoxes Symptom von ADHS ist der Hyperfokus: die Fähigkeit, sich vollkommen in Tätigkeiten zu vertiefen, die als spannend erlebt werden. Dieser Fokus kann produktiv sein – etwa beim Arbeiten an einem kreativen Projekt –, aber auch problematisch, wenn er sich auf Fantasien richtet.

Beim Maladaptiven Tagträumen führt der Hyperfokus dazu, dass Betroffene stundenlang in ihren Geschichten „versinken“. Die inneren Filme laufen wie mehrteilige Serien, oft mit wiederkehrenden Figuren, Handlungssträngen und Dramaturgie. Für den Betroffenen fühlt es sich an wie ein intensives, spannendes Erleben; für die Außenwelt wirkt es wie eine „Abwesenheit“. Das Problem: Während in der Fantasie komplexe Handlungen stattfinden, bleiben in der Realität Termine, Arbeit oder soziale Verpflichtungen auf der Strecke.

3. Typische Auslöser im ADHS-Kontext

·         Langeweile im Unterricht oder Beruf: Wenn Aufgaben eintönig sind, liefert die Fantasie die dringend benötigte Abwechslung.

·         Frustration und Misserfolge: Viele Menschen mit ADHS kennen Ablehnung oder Kritik. In der Fantasie erschaffen sie Welten, in denen sie erfolgreich, beliebt und kompetent sind.

·         Sensorische Trigger: Musik, Serien, Games oder Filme können sofort als „Sprungbrett“ in die innere Welt wirken. Besonders wiederkehrende Soundtracks oder visuelle Reize aktivieren MD-Episoden.

·         Emotionale Belastung: Stress, Überforderung oder Konflikte lösen das Bedürfnis nach Rückzug aus – die Fantasie wird zum Schutzraum.

4. Überschneidungen und Unterschiede

·         Gemeinsamkeiten: ADHS und Maladaptives Tagträumen gehen beide mit Konzentrationsschwierigkeiten, Impulsivität und Problemen bei der Selbstregulation einher.

·         Unterschiede: Bei ADHS steht die Zerstreutheit im Vordergrund – die Gedanken springen ständig. Bei MD ist es genau umgekehrt: die extreme Fixierung auf eine Fantasiewelt.

·         Besonderheit: Studien zeigen, dass etwa 20 % der Erwachsenen mit ADHS auch Kriterien für Maladaptives Tagträumen erfüllen. Diese Überschneidung macht deutlich, dass MD mehr ist als „nur“ ein Nebensymptom, sondern ein eigener Risikofaktor für diese Gruppe.

5. Therapeutische Folgerungen

·         ADHS-Behandlung: Medikamente (z. B. Stimulanzien) und Verhaltenstherapie stabilisieren Aufmerksamkeit und Impulskontrolle. Oft reduziert sich dadurch auch die Tendenz zum Tagträumen.

·         Fokus-Training: Methoden wie Achtsamkeitstraining, Atemübungen oder Neurofeedback helfen, die Aufmerksamkeit im Hier und Jetzt zu verankern und die Fantasie gezielt zu unterbrechen.

·         Struktur & Reizmanagement: Klare Tagespläne, Routinen und ein bewusster Umgang mit Medien können verhindern, dass Trigger (z. B. Musik, Serien) unkontrolliert MD-Episoden auslösen.

·         Kombinierte Ansätze: Besonders effektiv ist die Verbindung aus ADHS-spezifischen Interventionen und MD-Strategien wie Triggerkontrolle, Grounding und Psychoedukation.

6. Fallbeispiel: Ben – Zwischen Gedankenrasen, Depersonalisation und kreativem Flow

Ausgangssituation:

·         Ben (25) hat seit seiner Kindheit eine ADHS-Diagnose. Sein Alltag ist ein Wechselbad der Extreme: Phasen quälender Langeweile und Unterstimulation im Studium wechseln sich ab mit Momenten, in denen seine Gedanken so schnell rasen, dass er sich nicht mehr sortieren kann. In diesen Überforderungsmomenten tritt manchmal ein Gefühl der Depersonalisation auf – er fühlt sich von sich selbst und seiner Umgebung losgelöst, als ob er sein eigenes Leben aus der Ferne beobachten würde.

·         Seine komplexen, actionreichen Tagträume gehen häufig in Gedankenrasen über und verlassen die narrative Struktur, in der die sprunghaften Ideen zu einer epischen Handlung verwoben werden. (Auch das Gegenteil passiert häufig). Leider sind sie die einzige Aktivität, die intensiv genug ist, um das Gefühl der Leere und Dissoziation (Depersonalisation) zu durchbrechen und ihn wieder etwas „spüren“ zu lassen. In seiner Fantasie ist er ein berühmter Regisseur, der die volle Kontrolle hat – ein starker Kontrast zu seinem oft chaotischen Innenleben.

·         Auslöser sind Langeweile, Überforderung und sensorische Reize wie Musik. Seine Tagträume können stundenlang am Stück laufen und gehen oft mit repetitiven Bewegungen (z.B. Schaukeln) einher. Seine Leistungen im Studium leiden erheblich, und die Scham über seine „Abwesenheit“ und die dissoziativen Episoden treiben ihn weiter in den Rückzug.

Therapieansatz:

1.      Differentialdiagnostik und Psychoedukation: Zuerst wurde gemeinsam erarbeitet, dass das Tagträumen, das Gedankenrasen und die Depersonalisation keine isolierten Probleme, sondern eng verwobene Bewältigungsversuche seines ADHS-Gehirns sind. Dies entlastete Ben enorm, da er seine Symptome nicht mehr als persönliches Versagen, sondern als verständliche Reaktionen sah.

2.      ADHS-Medikation: Eine Einstellung mit Stimulanzien (Methylphenidat) reduzierte die Grundimpulsivität und die Heftigkeit des Gedankenrasens. Die „Lautstärke“ im Kopf wurde leiser, was den Drang, durch Tagträumen Ordnung zu schaffen, deutlich verringerte.

3.      Achtsamkeitsbasierte Strategien gegen Depersonalisation: Ben lernte Grounding-Techniken kennen (Igelbälle und die 5-4-3-2-1-Methode), um sich bei ersten Anzeichen von Dissoziation wieder mit der Gegenwart zu verbinden. Sport und Atemübungen halfen, das physiologische Erregungsniveau zu regulieren und der Überflutung entgegenzuwirken.

4.      Struktur und kanalisierte Kreativität: Ein fester Tagesplan mit klaren Pausen unterbrach die Phasen der Unterstimulation. Sein kreatives Potenzial wurde umgelenkt: Stündliche „Kreativ-Notiz-Blöcke“ von 5 Minuten erlaubten ihm, Ideen für sein Drehbuch zu sammeln, ohne in stundenlange Tagträume abzudriften.

Ergebnis nach 9 Monaten:

·         Die Häufigkeit und Intensität der Depersonalisations-Episoden haben stark nachgelassen. Ben fühlt sich präsenter und „wohnender“ in seinem Körper und Leben.

·         Sein Gedankenrasen hat sich von einem unkontrollierbaren Strom in einen besser steuerbaren Fluss verwandelt. Die Tagtraum-Zeit konnte von oft 4–5 Stunden auf etwa 30–60 Minuten pro Tag reduziert werden, die er jetzt bewusst zur Entspannung oder Ideenfindung nutzt.

·         Sein kreatives Potenzial lebt er nicht mehr nur passiv in seiner Fantasie aus, sondern aktiv durch das Schreiben. Er hat gelernt, seine neurologische Veranlagung nicht als Feind, sondern als Quelle seiner Kreativität zu akzeptieren – und sie gleichzeitig so zu steuern, dass sie sein reales Leben bereichert, statt es zu ersetzen.

Fazit

ADHS und Maladaptives Tagträumen haben ein gemeinsames Grundmotiv: die Suche nach intensiver Stimulation. Fantasie kann kurzfristig entlasten und sogar kreativ bereichern – doch wenn sie zur Ersatzrealität wird, drohen Rückzug, Leistungsabfall und soziale Probleme. Ein doppelter Ansatz ist entscheidend: ADHS-Symptome stabilisieren und gleichzeitig bewusstere, konstruktive Wege mit Fantasie entwickeln. So wird die Vorstellungskraft von einer Flucht zu einer Ressource.

Description: Warum Menschen mit ADHS besonders anfällig für Maladaptives Tagträumen sind und wie Unterstimulation, Hyperfokus und Fantasie zusammenwirken.

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Viele Menschen mit ADHS berichten von intensiven, schwer kontrollierbaren Fantasien. Für manche entwickelt sich daraus Maladaptives Tagträumen – eine Art „innere Ersatzwelt“, wenn die reale Umwelt zu wenig Stimulation bietet. Dieser Artikel zeigt die Zusammenhänge und erklärt, warum ADHS und MD häufig gemeinsam auftreten.


ADHS und Maladaptives Tagträumen – die Suche nach Stimulation

Lesen Sie zuerst den ausführlichen Hauptartikel Maladaptives Tagträumen – verstehen, behandeln und überwinden – ein umfassender Leitfaden

oder

den Überblick „Maladaptives Tagträumen – Ursachen, Symptome und Hilfe“. Dieser Themenartikel beleuchtet die Verbindungen zwischen ADHS und Maladaptivem Tagträumen.

1. Warum ADHS ein Risikofaktor ist

ADHS ist durch Aufmerksamkeitsprobleme, Impulsivität und eine ständige Suche nach Stimulation geprägt. Vielen Betroffenen fällt es schwer, Langeweile auszuhalten oder gleichförmige Aufgaben durchzustehen. Dieses Gefühl der „Unterstimulation“ äußert sich in innerer Unruhe, Gereiztheit oder der ständigen Jagd nach neuen Reizen.

Fantasiewelten bieten hier eine scheinbar perfekte Lösung: Sie sind unbegrenzt, jederzeit verfügbar und passen sich den Bedürfnissen des Träumenden an. Während eine reale Umgebung nur begrenzt Anregung bietet, liefert die innere Welt endlose Abenteuer, Anerkennung und emotionale Intensität. Damit ist das Maladaptive Tagträumen für viele Menschen mit ADHS besonders attraktiv – aber auch riskant, da es die Tendenz zur Reizsuche verstärkt und Alltagsaufgaben noch schwerer in den Fokus rücken lässt.

2. Hyperfokus und innere Serien

Ein paradoxes Symptom von ADHS ist der Hyperfokus: die Fähigkeit, sich vollkommen in Tätigkeiten zu vertiefen, die als spannend erlebt werden. Dieser Fokus kann produktiv sein – etwa beim Arbeiten an einem kreativen Projekt –, aber auch problematisch, wenn er sich auf Fantasien richtet.

Beim Maladaptiven Tagträumen führt der Hyperfokus dazu, dass Betroffene stundenlang in ihren Geschichten „versinken“. Die inneren Filme laufen wie mehrteilige Serien, oft mit wiederkehrenden Figuren, Handlungssträngen und Dramaturgie. Für den Betroffenen fühlt es sich an wie ein intensives, spannendes Erleben; für die Außenwelt wirkt es wie eine „Abwesenheit“. Das Problem: Während in der Fantasie komplexe Handlungen stattfinden, bleiben in der Realität Termine, Arbeit oder soziale Verpflichtungen auf der Strecke.

3. Typische Auslöser im ADHS-Kontext

·         Langeweile im Unterricht oder Beruf: Wenn Aufgaben eintönig sind, liefert die Fantasie die dringend benötigte Abwechslung.

·         Frustration und Misserfolge: Viele Menschen mit ADHS kennen Ablehnung oder Kritik. In der Fantasie erschaffen sie Welten, in denen sie erfolgreich, beliebt und kompetent sind.

·         Sensorische Trigger: Musik, Serien, Games oder Filme können sofort als „Sprungbrett“ in die innere Welt wirken. Besonders wiederkehrende Soundtracks oder visuelle Reize aktivieren MD-Episoden.

·         Emotionale Belastung: Stress, Überforderung oder Konflikte lösen das Bedürfnis nach Rückzug aus – die Fantasie wird zum Schutzraum.

4. Überschneidungen und Unterschiede

·         Gemeinsamkeiten: ADHS und Maladaptives Tagträumen gehen beide mit Konzentrationsschwierigkeiten, Impulsivität und Problemen bei der Selbstregulation einher.

·         Unterschiede: Bei ADHS steht die Zerstreutheit im Vordergrund – die Gedanken springen ständig. Bei MD ist es genau umgekehrt: die extreme Fixierung auf eine Fantasiewelt.

·         Besonderheit: Studien zeigen, dass etwa 20 % der Erwachsenen mit ADHS auch Kriterien für Maladaptives Tagträumen erfüllen. Diese Überschneidung macht deutlich, dass MD mehr ist als „nur“ ein Nebensymptom, sondern ein eigener Risikofaktor für diese Gruppe.

5. Therapeutische Folgerungen

·         ADHS-Behandlung: Medikamente (z. B. Stimulanzien) und Verhaltenstherapie stabilisieren Aufmerksamkeit und Impulskontrolle. Oft reduziert sich dadurch auch die Tendenz zum Tagträumen.

·         Fokus-Training: Methoden wie Achtsamkeitstraining, Atemübungen oder Neurofeedback helfen, die Aufmerksamkeit im Hier und Jetzt zu verankern und die Fantasie gezielt zu unterbrechen.

·         Struktur & Reizmanagement: Klare Tagespläne, Routinen und ein bewusster Umgang mit Medien können verhindern, dass Trigger (z. B. Musik, Serien) unkontrolliert MD-Episoden auslösen.

·         Kombinierte Ansätze: Besonders effektiv ist die Verbindung aus ADHS-spezifischen Interventionen und MD-Strategien wie Triggerkontrolle, Grounding und Psychoedukation.

6. Fallbeispiel: Ben – Zwischen Gedankenrasen, Depersonalisation und kreativem Flow

Ausgangssituation:

·         Ben (25) hat seit seiner Kindheit eine ADHS-Diagnose. Sein Alltag ist ein Wechselbad der Extreme: Phasen quälender Langeweile und Unterstimulation im Studium wechseln sich ab mit Momenten, in denen seine Gedanken so schnell rasen, dass er sich nicht mehr sortieren kann. In diesen Überforderungsmomenten tritt manchmal ein Gefühl der Depersonalisation auf – er fühlt sich von sich selbst und seiner Umgebung losgelöst, als ob er sein eigenes Leben aus der Ferne beobachten würde.

·         Seine komplexen, actionreichen Tagträume gehen häufig in Gedankenrasen über und verlassen die narrative Struktur, in der die sprunghaften Ideen zu einer epischen Handlung verwoben werden. (Auch das Gegenteil passiert häufig). Leider sind sie die einzige Aktivität, die intensiv genug ist, um das Gefühl der Leere und Dissoziation (Depersonalisation) zu durchbrechen und ihn wieder etwas „spüren“ zu lassen. In seiner Fantasie ist er ein berühmter Regisseur, der die volle Kontrolle hat – ein starker Kontrast zu seinem oft chaotischen Innenleben.

·         Auslöser sind Langeweile, Überforderung und sensorische Reize wie Musik. Seine Tagträume können stundenlang am Stück laufen und gehen oft mit repetitiven Bewegungen (z.B. Schaukeln) einher. Seine Leistungen im Studium leiden erheblich, und die Scham über seine „Abwesenheit“ und die dissoziativen Episoden treiben ihn weiter in den Rückzug.

Therapieansatz:

1.      Differentialdiagnostik und Psychoedukation: Zuerst wurde gemeinsam erarbeitet, dass das Tagträumen, das Gedankenrasen und die Depersonalisation keine isolierten Probleme, sondern eng verwobene Bewältigungsversuche seines ADHS-Gehirns sind. Dies entlastete Ben enorm, da er seine Symptome nicht mehr als persönliches Versagen, sondern als verständliche Reaktionen sah.

2.      ADHS-Medikation: Eine Einstellung mit Stimulanzien (Methylphenidat) reduzierte die Grundimpulsivität und die Heftigkeit des Gedankenrasens. Die „Lautstärke“ im Kopf wurde leiser, was den Drang, durch Tagträumen Ordnung zu schaffen, deutlich verringerte.

3.      Achtsamkeitsbasierte Strategien gegen Depersonalisation: Ben lernte Grounding-Techniken kennen (Igelbälle und die 5-4-3-2-1-Methode), um sich bei ersten Anzeichen von Dissoziation wieder mit der Gegenwart zu verbinden. Sport und Atemübungen halfen, das physiologische Erregungsniveau zu regulieren und der Überflutung entgegenzuwirken.

4.      Struktur und kanalisierte Kreativität: Ein fester Tagesplan mit klaren Pausen unterbrach die Phasen der Unterstimulation. Sein kreatives Potenzial wurde umgelenkt: Stündliche „Kreativ-Notiz-Blöcke“ von 5 Minuten erlaubten ihm, Ideen für sein Drehbuch zu sammeln, ohne in stundenlange Tagträume abzudriften.

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