Diagnostik: Die Maladaptive Daydreaming Scale (MDS), andere Tests und weitere Forschung (6)

Diagnostik: Die Maladaptive Daydreaming Scale (MDS), andere Tests und weitere Forschung (6)

Diagnostik

Veröffentlicht am:

28.09.2025

Fragebogen und Stift, daneben eine kleine bauchige Glaskaraffe und ein rundliches Saftglas mit einem pastellfarbigen Getränk – Symbol für die Erfassung von Maladaptivem Tagträumen
Fragebogen und Stift, daneben eine kleine bauchige Glaskaraffe und ein rundliches Saftglas mit einem pastellfarbigen Getränk – Symbol für die Erfassung von Maladaptivem Tagträumen

Description:

Die MDS ist das wichtigste Instrument zur Erfassung von Maladaptivem Tagträumen. Aufbau, Anwendung und Bedeutung und weitere Testinstrumente für Forschung und Praxis im Überblick.

Verwandte Artikel:

Teaser (Lead):

Wie misst man ein Phänomen, das bislang nicht offiziell anerkannt ist? Die Maladaptive Daydreaming Scale (MDS) ist das zentrale Forschungsinstrument, um Ausmaß, Intensität und Folgen von Maladaptivem Tagträumen greifbar zu machen. Dieser Artikel stellt die Skala vor, erklärt ihren Aufbau, ihre Anwendung und zeigt, warum sie für Forschung und Praxis unverzichtbar ist – trotz ihrer Grenzen.

Diagnostik des Maladaptiven Tagträumens – die Maladaptive Daydreaming Scale (MDS) und mehr Forschung

Lesen Sie zuerst den ausführlichen Hauptartikel [Maladaptives Tagträumen – verstehen, behandeln und überwinden – ein umfassender Leitfaden]

oder

den Überblick „Maladaptives Tagträumen – Ursachen, Symptome und Hilfe". Dieser Themenartikel erklärt, wie die MDS funktioniert und warum sie für Forschung und Praxis unverzichtbar ist.

1. Warum es keine offizielle Diagnose gibt – und die MDS dennoch essenziell ist

Maladaptives Tagträumen wird derzeit in keinem gängigen Diagnosesystem wie dem DSM–5 oder der ICD–11 als eigenständige Störung geführt. Der Begriff stammt aus der Forschung, und eine breite Anerkennung steht noch aus. Das liegt unter anderem daran, dass die Symptome mit anderen Störungsbildern (ADHS, Zwangsstörungen, Dissoziative Störungen) überlappen und weil es bisher vergleichsweise wenige systematische Untersuchungen gibt.

Genau hier setzt der Maladaptive Daydreaming Scale (MDS) an: Er wurde entwickelt, um das Phänomen trotz fehlender offizieller Anerkennung standardisiert erfassbar und wissenschaftlich untersuchbar zu machen.

2. Entstehung und Entwicklung der MDS

Die MDS wurde Anfang der 2010er Jahre von Eli Somer und seinem Team entwickelt. Zuvor gab es lediglich qualitative Beschreibungen und Einzelfallberichte von Betroffenen. Mit der Skala wurde es erstmals möglich, Maladaptives Tagträumen standardisiert zu erfassen und in größeren Stichproben zu vergleichen. Dadurch konnte gezeigt werden, dass MD ein eigenständiges Muster ist – und nicht nur eine Randerscheinung von ADHS, Depression oder Trauma.

3. Aufbau und Struktur: MDS–16 und MD–SF5

Die MDS–16 besteht aus 16 Items, die das Tagträumen in mehreren Dimensionen erfassen. Bewertet wird auf einer Skala von 0 ("nie") bis 100 ("extrem stark"). Die Fragen beziehen sich auf:

– Häufigkeit: Wie oft treten Tagträume am Tag oder in der Woche auf?

– Dauer: Wie viele Minuten oder Stunden nehmen sie ein?

– Kontrollverlust: Wie schwer fällt es, die Fantasie zu stoppen oder zu unterbrechen?

– Emotionale Intensität: Wie lebendig, realistisch und gefühlsstark sind die Szenen?

– Funktionale Beeinträchtigung: Welche Auswirkungen haben sie auf Arbeit, Schule, Beziehungen oder Schlaf?

Neben der Vollversion gibt es die MDS–SF5 (Maladaptive Daydreaming Scale Short Form), eine Kurzform mit fünf Kernfragen. Sie eignet sich hauptsächlich für Screenings in größeren Studien oder als erste Orientierung im klinischen Alltag.

4. Strukturierte Interviews: Das SCIMD

Für klinische Studien steht außerdem das Structured Clinical Interview for Maladaptive Daydreaming (SCIMD) zur Verfügung. Es handelt sich um ein halbstrukturiertes Interview, das von geschulten Fachleuten durchgeführt wird. Das SCIMD basiert auf den von Forschern vorgeschlagenen diagnostischen Kriterien – etwa Intensität und Dauer der Tagträume, Kontrollverlust und Leidensdruck. Das Verfahren soll sicherstellen, dass die Befragung umfassend und einheitlich erfolgt.

5. Anwendung in Forschung und Praxis

Forschung:

Der MDS wird international eingesetzt, um Prävalenzraten zu ermitteln, Ursachen zu erforschen und Zusammenhänge mit Komorbiditäten wie ADHS, Zwangsstörungen oder posttraumatischen Belastungen zu analysieren. Ohne die Skala wären heutige Zahlen zur Häufigkeit von MD nicht denkbar.

Klinische Praxis:

Obwohl MD keine offizielle Diagnose ist, nutzen manche Psychotherapeuten die MDS, um die Schwere des Leidensdrucks zu erfassen, den Therapieverlauf zu dokumentieren oder Fortschritte messbar zu machen.

Selbsttests:

Onlineversionen der MDS geben Betroffenen erste Anhaltspunkte. Sie können das Bewusstsein für das eigene Verhalten schärfen, ersetzen aber keinesfalls eine professionelle Diagnose.

6. Stärken und Grenzen der MDS

Stärken:

– Erste zuverlässige Möglichkeit, MD systematisch zu erfassen

– Internationale Übersetzungen, dadurch kulturübergreifende Vergleichbarkeit

– Hohe Reliabilität und Validität in Studien

– Hilfreich für Selbstreflexion und klinische Einschätzung

Grenzen:

– Kein offizielles Diagnoseinstrument, da MD nicht im DSM–5 oder ICD–11 enthalten ist

– Abhängigkeit von subjektiver Selbsteinschätzung (Verzerrungen möglich)

– Alleinstehend nicht ausreichend: Ergebnisse sollten immer durch klinische Interviews ergänzt werden

– Gefahr von Missbrauch durch reine Selbstdiagnose ohne professionelle Einordnung

7. Selbstbeobachtung vs. professionelle Diagnostik

Selbsttests können eine hilfreiche Orientierung bieten, aber sie ersetzen keine ärztliche oder psychotherapeutische Abklärung. Hohe Werte in der MDS–16 oder MD–SF5 bedeuten nicht automatisch, dass eine krankhafte Störung vorliegt; niedrige Werte schließen sie nicht zwingend aus. Wichtig ist, das subjektive Leiden und die Beeinträchtigung im Alltag zu berücksichtigen.

8. Ausblick und Zukunft der MDS

Der MDS hat das Feld der MD–Forschung revolutioniert. Er ermöglichte es erstmals, das Phänomen sichtbar zu machen und wissenschaftlich greifbar zu untersuchen. In Zukunft könnte die Skala:

– weiterentwickelt werden (z. B. MDS–20 oder erweiterte klinische Versionen),

– in Kombination mit Interviews wie dem SCIMD genutzt werden, um die diagnostische Sicherheit zu erhöhen,

– und als Grundlage für eine mögliche offizielle Diagnose in DSM oder ICD dienen.

Sollte MD eines Tages formell anerkannt werden, dürfte die MDS ein zentraler Baustein der Diagnostik bleiben.

Fazit

Die Maladaptive Daydreaming Scale ist mehr als nur ein Fragebogen, sie ist ein Meilenstein in der Erforschung eines schwer greifbaren Phänomens. Für Betroffene bietet sie Orientierung, für Forschende liefert sie verlässliche Daten, und für Therapeuten ist sie ein wertvolles Werkzeug, um die Schwere von MD sichtbar zu machen.

Dennoch gilt: Wer das Gefühl hat, dass Tagträumen das eigene Leben dominiert, sollte professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Psychiater und Psychotherapeuten können einschätzen, ob andere Störungen vorliegen, welche Rolle das Tagträumen spielt und welche Behandlungsansätze geeignet sind. Ohne die MDS wäre Maladaptives Tagträumen heute wohl kaum so klar umrissen.

Description:

Die MDS ist das wichtigste Instrument zur Erfassung von Maladaptivem Tagträumen. Aufbau, Anwendung und Bedeutung und weitere Testinstrumente für Forschung und Praxis im Überblick.

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Teaser (Lead):

Wie misst man ein Phänomen, das bislang nicht offiziell anerkannt ist? Die Maladaptive Daydreaming Scale (MDS) ist das zentrale Forschungsinstrument, um Ausmaß, Intensität und Folgen von Maladaptivem Tagträumen greifbar zu machen. Dieser Artikel stellt die Skala vor, erklärt ihren Aufbau, ihre Anwendung und zeigt, warum sie für Forschung und Praxis unverzichtbar ist – trotz ihrer Grenzen.

Diagnostik des Maladaptiven Tagträumens – die Maladaptive Daydreaming Scale (MDS) und mehr Forschung

Lesen Sie zuerst den ausführlichen Hauptartikel [Maladaptives Tagträumen – verstehen, behandeln und überwinden – ein umfassender Leitfaden]

oder

den Überblick „Maladaptives Tagträumen – Ursachen, Symptome und Hilfe". Dieser Themenartikel erklärt, wie die MDS funktioniert und warum sie für Forschung und Praxis unverzichtbar ist.

1. Warum es keine offizielle Diagnose gibt – und die MDS dennoch essenziell ist

Maladaptives Tagträumen wird derzeit in keinem gängigen Diagnosesystem wie dem DSM–5 oder der ICD–11 als eigenständige Störung geführt. Der Begriff stammt aus der Forschung, und eine breite Anerkennung steht noch aus. Das liegt unter anderem daran, dass die Symptome mit anderen Störungsbildern (ADHS, Zwangsstörungen, Dissoziative Störungen) überlappen und weil es bisher vergleichsweise wenige systematische Untersuchungen gibt.

Genau hier setzt der Maladaptive Daydreaming Scale (MDS) an: Er wurde entwickelt, um das Phänomen trotz fehlender offizieller Anerkennung standardisiert erfassbar und wissenschaftlich untersuchbar zu machen.

2. Entstehung und Entwicklung der MDS

Die MDS wurde Anfang der 2010er Jahre von Eli Somer und seinem Team entwickelt. Zuvor gab es lediglich qualitative Beschreibungen und Einzelfallberichte von Betroffenen. Mit der Skala wurde es erstmals möglich, Maladaptives Tagträumen standardisiert zu erfassen und in größeren Stichproben zu vergleichen. Dadurch konnte gezeigt werden, dass MD ein eigenständiges Muster ist – und nicht nur eine Randerscheinung von ADHS, Depression oder Trauma.

3. Aufbau und Struktur: MDS–16 und MD–SF5

Die MDS–16 besteht aus 16 Items, die das Tagträumen in mehreren Dimensionen erfassen. Bewertet wird auf einer Skala von 0 ("nie") bis 100 ("extrem stark"). Die Fragen beziehen sich auf:

– Häufigkeit: Wie oft treten Tagträume am Tag oder in der Woche auf?

– Dauer: Wie viele Minuten oder Stunden nehmen sie ein?

– Kontrollverlust: Wie schwer fällt es, die Fantasie zu stoppen oder zu unterbrechen?

– Emotionale Intensität: Wie lebendig, realistisch und gefühlsstark sind die Szenen?

– Funktionale Beeinträchtigung: Welche Auswirkungen haben sie auf Arbeit, Schule, Beziehungen oder Schlaf?

Neben der Vollversion gibt es die MDS–SF5 (Maladaptive Daydreaming Scale Short Form), eine Kurzform mit fünf Kernfragen. Sie eignet sich hauptsächlich für Screenings in größeren Studien oder als erste Orientierung im klinischen Alltag.

4. Strukturierte Interviews: Das SCIMD

Für klinische Studien steht außerdem das Structured Clinical Interview for Maladaptive Daydreaming (SCIMD) zur Verfügung. Es handelt sich um ein halbstrukturiertes Interview, das von geschulten Fachleuten durchgeführt wird. Das SCIMD basiert auf den von Forschern vorgeschlagenen diagnostischen Kriterien – etwa Intensität und Dauer der Tagträume, Kontrollverlust und Leidensdruck. Das Verfahren soll sicherstellen, dass die Befragung umfassend und einheitlich erfolgt.

5. Anwendung in Forschung und Praxis

Forschung:

Der MDS wird international eingesetzt, um Prävalenzraten zu ermitteln, Ursachen zu erforschen und Zusammenhänge mit Komorbiditäten wie ADHS, Zwangsstörungen oder posttraumatischen Belastungen zu analysieren. Ohne die Skala wären heutige Zahlen zur Häufigkeit von MD nicht denkbar.

Klinische Praxis:

Obwohl MD keine offizielle Diagnose ist, nutzen manche Psychotherapeuten die MDS, um die Schwere des Leidensdrucks zu erfassen, den Therapieverlauf zu dokumentieren oder Fortschritte messbar zu machen.

Selbsttests:

Onlineversionen der MDS geben Betroffenen erste Anhaltspunkte. Sie können das Bewusstsein für das eigene Verhalten schärfen, ersetzen aber keinesfalls eine professionelle Diagnose.

6. Stärken und Grenzen der MDS

Stärken:

– Erste zuverlässige Möglichkeit, MD systematisch zu erfassen

– Internationale Übersetzungen, dadurch kulturübergreifende Vergleichbarkeit

– Hohe Reliabilität und Validität in Studien

– Hilfreich für Selbstreflexion und klinische Einschätzung

Grenzen:

– Kein offizielles Diagnoseinstrument, da MD nicht im DSM–5 oder ICD–11 enthalten ist

– Abhängigkeit von subjektiver Selbsteinschätzung (Verzerrungen möglich)

– Alleinstehend nicht ausreichend: Ergebnisse sollten immer durch klinische Interviews ergänzt werden

– Gefahr von Missbrauch durch reine Selbstdiagnose ohne professionelle Einordnung

7. Selbstbeobachtung vs. professionelle Diagnostik

Selbsttests können eine hilfreiche Orientierung bieten, aber sie ersetzen keine ärztliche oder psychotherapeutische Abklärung. Hohe Werte in der MDS–16 oder MD–SF5 bedeuten nicht automatisch, dass eine krankhafte Störung vorliegt; niedrige Werte schließen sie nicht zwingend aus. Wichtig ist, das subjektive Leiden und die Beeinträchtigung im Alltag zu berücksichtigen.

8. Ausblick und Zukunft der MDS

Der MDS hat das Feld der MD–Forschung revolutioniert. Er ermöglichte es erstmals, das Phänomen sichtbar zu machen und wissenschaftlich greifbar zu untersuchen. In Zukunft könnte die Skala:

– weiterentwickelt werden (z. B. MDS–20 oder erweiterte klinische Versionen),

– in Kombination mit Interviews wie dem SCIMD genutzt werden, um die diagnostische Sicherheit zu erhöhen,

– und als Grundlage für eine mögliche offizielle Diagnose in DSM oder ICD dienen.

Sollte MD eines Tages formell anerkannt werden, dürfte die MDS ein zentraler Baustein der Diagnostik bleiben.

Fazit

Die Maladaptive Daydreaming Scale ist mehr als nur ein Fragebogen, sie ist ein Meilenstein in der Erforschung eines schwer greifbaren Phänomens. Für Betroffene bietet sie Orientierung, für Forschende liefert sie verlässliche Daten, und für Therapeuten ist sie ein wertvolles Werkzeug, um die Schwere von MD sichtbar zu machen.

Dennoch gilt: Wer das Gefühl hat, dass Tagträumen das eigene Leben dominiert, sollte professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Psychiater und Psychotherapeuten können einschätzen, ob andere Störungen vorliegen, welche Rolle das Tagträumen spielt und welche Behandlungsansätze geeignet sind. Ohne die MDS wäre Maladaptives Tagträumen heute wohl kaum so klar umrissen.

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Die MDS ist das wichtigste Instrument zur Erfassung von Maladaptivem Tagträumen. Aufbau, Anwendung und Bedeutung und weitere Testinstrumente für Forschung und Praxis im Überblick.

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Wie misst man ein Phänomen, das bislang nicht offiziell anerkannt ist? Die Maladaptive Daydreaming Scale (MDS) ist das zentrale Forschungsinstrument, um Ausmaß, Intensität und Folgen von Maladaptivem Tagträumen greifbar zu machen. Dieser Artikel stellt die Skala vor, erklärt ihren Aufbau, ihre Anwendung und zeigt, warum sie für Forschung und Praxis unverzichtbar ist – trotz ihrer Grenzen.

Diagnostik des Maladaptiven Tagträumens – die Maladaptive Daydreaming Scale (MDS) und mehr Forschung

Lesen Sie zuerst den ausführlichen Hauptartikel [Maladaptives Tagträumen – verstehen, behandeln und überwinden – ein umfassender Leitfaden]

oder

den Überblick „Maladaptives Tagträumen – Ursachen, Symptome und Hilfe". Dieser Themenartikel erklärt, wie die MDS funktioniert und warum sie für Forschung und Praxis unverzichtbar ist.

1. Warum es keine offizielle Diagnose gibt – und die MDS dennoch essenziell ist

Maladaptives Tagträumen wird derzeit in keinem gängigen Diagnosesystem wie dem DSM–5 oder der ICD–11 als eigenständige Störung geführt. Der Begriff stammt aus der Forschung, und eine breite Anerkennung steht noch aus. Das liegt unter anderem daran, dass die Symptome mit anderen Störungsbildern (ADHS, Zwangsstörungen, Dissoziative Störungen) überlappen und weil es bisher vergleichsweise wenige systematische Untersuchungen gibt.

Genau hier setzt der Maladaptive Daydreaming Scale (MDS) an: Er wurde entwickelt, um das Phänomen trotz fehlender offizieller Anerkennung standardisiert erfassbar und wissenschaftlich untersuchbar zu machen.

2. Entstehung und Entwicklung der MDS

Die MDS wurde Anfang der 2010er Jahre von Eli Somer und seinem Team entwickelt. Zuvor gab es lediglich qualitative Beschreibungen und Einzelfallberichte von Betroffenen. Mit der Skala wurde es erstmals möglich, Maladaptives Tagträumen standardisiert zu erfassen und in größeren Stichproben zu vergleichen. Dadurch konnte gezeigt werden, dass MD ein eigenständiges Muster ist – und nicht nur eine Randerscheinung von ADHS, Depression oder Trauma.

3. Aufbau und Struktur: MDS–16 und MD–SF5

Die MDS–16 besteht aus 16 Items, die das Tagträumen in mehreren Dimensionen erfassen. Bewertet wird auf einer Skala von 0 ("nie") bis 100 ("extrem stark"). Die Fragen beziehen sich auf:

– Häufigkeit: Wie oft treten Tagträume am Tag oder in der Woche auf?

– Dauer: Wie viele Minuten oder Stunden nehmen sie ein?

– Kontrollverlust: Wie schwer fällt es, die Fantasie zu stoppen oder zu unterbrechen?

– Emotionale Intensität: Wie lebendig, realistisch und gefühlsstark sind die Szenen?

– Funktionale Beeinträchtigung: Welche Auswirkungen haben sie auf Arbeit, Schule, Beziehungen oder Schlaf?

Neben der Vollversion gibt es die MDS–SF5 (Maladaptive Daydreaming Scale Short Form), eine Kurzform mit fünf Kernfragen. Sie eignet sich hauptsächlich für Screenings in größeren Studien oder als erste Orientierung im klinischen Alltag.

4. Strukturierte Interviews: Das SCIMD

Für klinische Studien steht außerdem das Structured Clinical Interview for Maladaptive Daydreaming (SCIMD) zur Verfügung. Es handelt sich um ein halbstrukturiertes Interview, das von geschulten Fachleuten durchgeführt wird. Das SCIMD basiert auf den von Forschern vorgeschlagenen diagnostischen Kriterien – etwa Intensität und Dauer der Tagträume, Kontrollverlust und Leidensdruck. Das Verfahren soll sicherstellen, dass die Befragung umfassend und einheitlich erfolgt.

5. Anwendung in Forschung und Praxis

Forschung:

Der MDS wird international eingesetzt, um Prävalenzraten zu ermitteln, Ursachen zu erforschen und Zusammenhänge mit Komorbiditäten wie ADHS, Zwangsstörungen oder posttraumatischen Belastungen zu analysieren. Ohne die Skala wären heutige Zahlen zur Häufigkeit von MD nicht denkbar.

Klinische Praxis:

Obwohl MD keine offizielle Diagnose ist, nutzen manche Psychotherapeuten die MDS, um die Schwere des Leidensdrucks zu erfassen, den Therapieverlauf zu dokumentieren oder Fortschritte messbar zu machen.

Selbsttests:

Onlineversionen der MDS geben Betroffenen erste Anhaltspunkte. Sie können das Bewusstsein für das eigene Verhalten schärfen, ersetzen aber keinesfalls eine professionelle Diagnose.

6. Stärken und Grenzen der MDS

Stärken:

– Erste zuverlässige Möglichkeit, MD systematisch zu erfassen

– Internationale Übersetzungen, dadurch kulturübergreifende Vergleichbarkeit

– Hohe Reliabilität und Validität in Studien

– Hilfreich für Selbstreflexion und klinische Einschätzung

Grenzen:

– Kein offizielles Diagnoseinstrument, da MD nicht im DSM–5 oder ICD–11 enthalten ist

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7. Selbstbeobachtung vs. professionelle Diagnostik

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